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Eröffnung am 1. November 2008, 18 Uhr

Reden wir heute von der Klassischen Moderne, reden wir von einer gemessen an der Gesamtzahl der produktiven Künstler schmalen Schicht junger Avantgardisten zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die gegen den traditionellen, akademischen Lehrbetrieb an den Kunsthochschulen und den vor- herrschenden Kunstgeschmack des wilhelminischen Bürgertums aufbegehrte. Innerhalb dieser vorwärts drängenden jungen Generation sind es wiederum vorrangig ihre männlichen Vertreter, die heute einem breiten Publikum Inbegriff expressionistischer, kubistischer oder futuristischer Kunst sind.

Dabei gab es zu Beginn des Jahrhunderts zahlreiche junge Frauen, die sich an privaten Mal- und Zeichenschulen von den Akademieprofessoren künstlerisch ausbilden ließen. Nur wenige von ihnen haben sich dauerhaft im Gedächtnis der Kunstgeschichte und des Publikums etablieren können. Zu ihnen gehören Paula Modersohn-Becker (1876-1907) und Gabriele Münter (1877-1962). Beide Künstlerinnen sind mit einer ansehnlichen Zahl und repräsentativen Werken in der Sammlung des Museums Gunzenhauser in Chemnitz vertreten.

Nach einer mehrjährigen Reise durch die Amerika (New York, Missouri, Arkansas, Texas), wo ein Teil ihrer Familie seit dem 19. Jahrhundert beheimatet ist, geht Gabriele Münter 1901 nach München, um dort an privaten Malschulen zu studieren. An der im gleichen Jahr gegründeten „Phalanx“-Schule lernt sie Wassily Kandinsky kennen, mit dem sie bis 1916 eine private wie künstlerische Gemeinschaft verbindet. Mit dem durch ihre fotografischen Arbeiten in Amerika und Deutschland sensibilisierten Sehen ent- stehen nach spätimpressionistischen Anfängen ab 1907/08 erste Werke in einem vereinfachenden Malstil. Form- und Farbbehandlung beginnen, sich von ihrer Bindung an die natürliche Erscheinung der Dinge zu lösen. In engem künstlerischen Austausch arbeiten Münter, Kandinsky und Alexej von Jawlensky ab 1908 in Murnau am Staffelsee, wo die Künstlerin 1909 ein Haus erwirbt, in dem sie bis zu ihrem Tod 1962 lebt.

In den Jahren bis zum Ersten Weltkrieg gelingt es ihr, sich in der bis dahin männlich besetzten Künstler- schaft zu etablieren, und erlangt sie international Erfolg und Anerkennung auf Ausstellungen.

Mit 55 Arbeiten, darunter Gemälde, Hinterglasmalereien, Aquarelle und Druckgrafiken, stellt die groß- zügige Stiftung Dr. Alfred Gunzenhausers einen der umfangreichen Sammlungsbestände des Münterschen Werks in Deutschland dar. Der Bestand des Museums Gunzenhauser erlaubt es, die Zeit von den Anfängen Münters in Frankreich und München bis in die Jahre in Skandinavien zwischen 1915 und 1920 nachzuzeichnen, womit die innere Entwicklung ihres Werks wie auch die besondere Biografie einer Künstlerin nachvollziehbar werden.

Im Rahmen der ersten Sonderausstellung des Museums wird dieser eindrucksvolle Bestand voll- ständig der Öffentlichkeit präsentiert, womit das Werk Gabriele Münters auf dem Gebiet der Neuen Bundesländer zum ersten Mal seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder ausgestellt wird.

Neben einem umfangreichen Katalog mit fabrigen Abbildungen aller Werke wird ein facettenreiches Begleitprogramm Leben und Werk Gabriele Münters zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlebbar machen.

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Gabriele Münter