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Eröffnung am Freitag, den 12.06.2009, um 19 Uhr

Mit dem Antarktisvertrag (1959), der territoriale Ansprüche bis auf weiteres auf Eis gelegt hat, wurde auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges ein mustergültiges Abkommen geschaffen, das bis heute eine Schlüsselstellung in der globalen Umwelt- und Friedenspolitik innehat. Als einziger Erdteil kennt die Antarktis keine militärischen Waffen, keine wirtschaftliche Nutzung und kein Eigentum an Grund und Boden; ja nicht einmal die reichlich vorhandenen Bodenschätze dürfen ausgebeutet werden: utopische Zustände also.

Die natürlichen Zyklen der Antarktis sind mit den unsrigen aufs engste verwoben und ihr fragiles Ökosystem reagiert empfindlich selbst auf Störungen, die in anderen Weltgegenden verursacht wurden. Sie fungiert als »Messgerät« der Erde. Der Eispanzer dieses mythischen Raums gleicht einem riesigen Archiv, in dem die Klimageschichte der Erde gespeichert ist. Die Antarktis ist gefrorene Zeit.

Obschon von den Umweltsünden der restlichen Welt betroffen, befindet sich der Südkontinent aber weitgehend noch im Zustand der Unschuld und Erhabenheit. Es ist das Land vor dem Sündenfall und vielleicht das letzte große Versprechen an die Menschheit, nachdem die Tropen ein Stück ihrer paradiesischen Anmut eingebüßt haben. Die wenigen Reisenden, die das Privileg hatten, dieses Wunder zu schauen, stimmen darin überein, dass die Antarktis mit Kategorien der diesseitigen Welt nicht zu fassen ist. Zu überwältigend ist die Naturerfahrung, zu groß der Abstand zu unserem gewohnten Maßstab von Temperatur und Wetter, zu rein und unberührt die Umwelt und zu sublim die Ahnung des Anderen. Man fühlt sich dort zu recht auf einen fremden Planeten versetzt.

Dieser Nullpunkt der Kultur, der die gewohnten Bezüge zur Welt und zur Erde verwandelt, eignet sich bestens für ein intellektuelles und künstlerisches Nachdenken über die Welt. Leere, Stille, Abgeschiedenheit, aber auch Reinheit, Klarheit, Frieden, Spiritualität und Uneigennützigkeit sind einige der existenziellen Kategorien, die in der transzendentalen Antarktis zu thematisieren wären. So wie der »white cube« der modernen Kunstgalerien in seiner völligen Neutralität die Schwächen eines Kunstwerks gnadenlos offenlegt, entblößt der nackte, weiße Raum der Antarktis die Unzulänglichkeiten menschlichen Tuns.

Die Künstler der Ausstellung setzen dort an, wo die Wissenschaftler mit ihren Messungen nicht hinreichen und erlauben somit eine neue, frische Lesart dieses neuralgischen Punktes der Erde.

Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut in Rio de Janeiro und wurde kuratiert von Alfons Hug (Direktor des Goethe-Instituts, Rio de Janeiro) und Alberto Saraiva (Kurator am Centro Cultural Oi Futuro, Rio de Janeiro). Sie ist Bestandteil des Programms zur »2. Bienal del Fin Del Mundo«. Die Stadtgalerie Kiel ist die einzige Station außerhalb des südamerikanischen Kontinents.

Die an der Ausstellung beteiligten Künstlerinnen und Künstler zeigen ausschließlich Videos und Filme, die in der Antarktis entstanden sind.

Künstlerinnen und Künstler: Erika Blumenfeld (USA), Phil Dadson (Neuseeland), Simon Faithfull (Großbritannien), Lutz Fritsch (Deutschland), Frank Halbig (Deutschland), Andrea Juan (Argentinien), Mireya und Mercedes Masó (Spanien), Thomas Mulcaire (Brasilien), Nunatak (Großbritannien), Jorge und Lucy Orta (Argentinien), Tina Velho (Brasilien) sowie Adriana Groisman / Stefan Oliva (Argentinien / USA), Peter Hertling (Deutschland), Frank Hurley (Großbritannien)

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Gefrorene Zeit
Kunst aus der Antarktis
Kuratoren: Alfons Hug, Alberto Saraiva

Künstler: Erika Blumenfeld, Phil Dadson, Simon Faithfull, Lutz Fritsch, Frank Halbig, Andrea Juan, Mireya Maso / Mercedes Maso, Thomas Mulcaire, Nunatak , Jorge Orta / Lucy Orta, Tina Velho, Adriana Groisman / Stefan Oliva, Peter Hertling, Frank Hurley