press release only in german

Geierwally und der Berg in der zeitgenössischen Kunst
10.05.2019 - 23.06.2019

Eröffnung am Freitag, den 10. Mai um 19.00 Uhr
Es sprechen: Dagmar Becker, Kulturdezernentin der Stadt Solingen Gisela Elbracht-Iglhaut, Stellvertretende Direktorin, Kunstmuseum Solingen

Anna Stainer-Knittel
Sven Drühl
Rainer Eisch
Birgit Jensen
Hiroyuki Masuyama
Heike Weber

Kuratiert von Gisela Elbracht-Iglhaut (Solingen) und Dr. Nina Stainer (Wien) Kuratorische Assistenz: Karolina Littwin, Joshua Ben Pesch

Erstmalig in Deutschland präsentiert das Kunstmuseum Solingen Werke von Anna Stainer-Knittel, die sich hinter der fiktiven Figur der Geierwally verbirgt. Sie studierte als eine der ersten Frauen an der Münchner Kunstakademie.
Ihr Werk stellen wir in einen Dialog mit zeitgenössischer Kunst, die sich mit dem Motiv der Bergs auseinandersetzt.

Die „Geierwally“ ist als fiktive Figur weltbekannt und Mittelpunkt zahl- reicher Bücher, Verfilmungen, Opern und einprägsames Motiv unzähliger Darstellungen. Hinter dieser populären Erfindung verbirgt sich eine beein- druckende Frau, die tatsächlich gelebt hat und bisher eher wenig in den Fokus gestellt wurde: Die aus Elbigenalp im Tiroler Lechtal stammende Anna Stainer-Knittel (1841-1915) besuchte als eine der ersten Studentinnen die Vorschule der Kunstakademie in München. Nach der Studienzeit in der bayerischen Großstadt kehrte Anna Stainer-Knittel nach Tirol zurück, verdiente ihren Lebensunterhalt ausschließlich mit Malerei und avancierte zu einer angesehenen Innsbrucker Bürgerin.

Die Schau in Solingen zeigt erstmalig in Deutschland Werke von Anna Stainer-Knittel aus Privatbesitz. Die Landschaften, Portraits und Blumen- stillleben, ergänzt durch autobiografische Aufzeichnungen und Briefe der Künstlerin, werden in einen Dialog gestellt mit Positionen der Gegenwarts- kunst, die sich mit der Darstellung des Mythos Berg im 21. Jahrhundert auseinandersetzen.

Spätestens seit Petrarca 1336 seine Besteigung des Mont Ventoux dokumen- tierte, wird das Gebirge vom Menschen als ästhetische Größe wahrgenommen. Bis heute faszinieren die Bergwelt und die Erhabenheit der Natur zeitgenössi- sche Künstler*innen. Die Ausstellung stellt prägnante Beispiele vor und blickt ausgehend vom 19. Jahrhundert in die Zukunft. Anna Stainer-Knittel war eine kluge Frau und Wegbereiterin, die als Tirolerin ihre Heimat eindrucksvoll portraitierte.

Die Kunst der Gegenwart behandelt das Sujet in zeitgemäßen Bildsprachen. Das Motiv aber ist dasselbe und hat nichts von seiner Faszination eingebüßt. Sven Drühl, Rainer Eisch, Birgit Jensen, Hiroyuki Masuyama und Heike Weber verbindet mit dem Kunstmuseum Solingen die Teilnahme an der Bergischen Kunstausstellung vor vielen Jahren. Heute sind alle international in den Museen vertreten. Die Gegenüberstellung mit den Gemälden des 19. Jahrhunderts schafft eine spannende Auseinandersetzung mit Natur und Idylle im Verhältnis zu Abbild, Ideal und Konzept.

*

Sven Drühl (*1968) in Nassau/Lahn. Studium Kunst und Mathematik an der Universität Gesamthochschule Essen. 2005 Promotion als Kunst- wissenschaftler, Herausgeber zahlreicher Publikationen. Zahlreiche Lehrauf- träge und Ausstellungen im In- und Ausland. Der Künstler lebt und arbeitet in Berlin.
Sven Drühl arbeitet im Bereich konzeptueller Malerei, er remixt und transformiert Gemälde der Kunstgeschichte und der zeitgenössischen Kunst. Die Arbeiten stehen in der Tradition der seriellen Kunst und der Appro- priation Art. Als Erweiterung des Konzeptes entstehen großformatige Diptychen und Triptychen sowie Neon-Lichtwerke. Das Motiv des Bergs zitiert der Künstler aus bekannten Vorbildern von Ferdinand Hodler bis Caspar David Friedrich.

Rainer Eisch (*1967) in Thun/Schweiz. Studium an der Kunstakade- mie in Düsseldorf und an der Kunsthochschule für Medien in Köln. Zahlreiche Lehraufträge, Preise, Stipendien, Publikationen und Ausstellungen im In- und Ausland. Der Künstler lebt und arbeitet in Düsseldorf.
Rainer Eisch konstruiert und simuliert Landschaften als bewegte Bilder. Mittels 16 mm-Filmprojektor projiziert er einen virtuellen Flug über erfundene Landschaften. Die synthetischen Panoramen entstehen mit Hilfe von 3-D-Grafikprogrammen und einer Trickkamera. Die Scheingebirgswelten faszinieren durch ihre Ästhetik. Die Erinnerung an Natur, die damit verbundene Ruhe und Erhabenheit steht im Spannungsverhältnis zur Präsen- tationsform und deren medialen Brechung.

Birgit Jensen (*1957) in Würzburg. Studium an der Hochschule der Künste in Berlin. Ausstellungen im In- und Ausland. Lehrtätigkeit an ver- schiedenen Hochschulen und Akademien. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Düsseldorf.
Birgit Jensens Bergansichten bilden einerseits geografische Orte ab, die meist über die Medien bekannt und verbreitet werden, andererseits zeigen sie Parallelwelten, in denen die Realität eine ganz eigene Bedeutung erfährt. Die visuelle Komplexität der Motive unterliegt einem malerischen Konzept, das auf den Erkenntnissen der Op Art basiert. Eine Vermischung von fotografischen und malerisch-grafischen Informationen resultiert aus einem Spiel mit den optischen Effekten von Textur und Rasterpunkten. Die Bild- sprache bewegt sich zwischen Abbild und Abstraktion und stellt die Malerei als Motiv in den Mittelpunkt.

Hiroyuki Masuyama (*1968) in Tsukuba (Japan). Studium an der Kunstakademie in Düsseldorf. Ausstellungen im In- und Ausland. Hiroyuki Masuyama lebt und arbeitet in Düsseldorf.
Der Künstler bildet Landschaften nicht einfach fotografisch ab. Er montiert Hunderte von Fotografien digital zu eindrucksvollen monumentalen Wand- bildern, die er als Leuchtkästen präsentiert. Aus einem Helikopter nahm Masuyama 300 bis 400 Aufnahmen von Jungfrau, Matterhorn und Mont- blanc auf und schuf daraus einen idealen Berg.
Die Auseinandersetzung mit der Natur, dem Reisen und das Verhältnis von Raum und Zeit stehen im Mittelpunkt seiner Arbeit.

Heike Weber (*1962) studierte Visuelle Kommunikation in Aachen und erhielt nach einer Gastdozentur an der Glasgow School of Art (Dept. Environ- mental Art) zahlreiche Stipendien im In- und Ausland. Sie wird von inter- nationalen Galerien vertreten und in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstel- lungen gezeigt. Heike Weber lebt und arbeitet in Köln.
Für diese Ausstellung entwickelt Heike Weber ein ortsbezogenes Wandrelief, welches in situ entsteht. Die Künstlerin spannt rote Wäscheleine über Nadeln, die sie in die Wand einschlägt, was quasi den Akt des Hakensetzens beim Bergklettern nachempfindet. So entsteht die schwebende Zeichnung einer fiktiven Bergkulisse. Material, Liniengewirr und dessen Schatten ergänzen sich zu einer beeindruckenden Gebirgskette mit skulpturalem Charakter. Der imaginäre Horizont erzeugt ein Gefühl von Weite und überwindet die Realität der vor- gefundenen Architektur.