Ars Futura

Bleicherweg 45
CH-8002 Zurich

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artist / participant

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Gianni Motti (*1958, lebt in Genf) überrascht in der Galerie Ars Futura mit Erscheinungen der ausserordentlichen Art. Ganz in der gewohnten Manier Gianni Mottis wird der Kunst eine gehörige Portion Realität zugemutet.   Der „Hacker der Realität“, wie er auch schon genannt wurde, setzt gern Gerüchte in Umlauf und manipuliert durch seine multiplen Erscheinungen in den Medien das Bild der Realität. Er taucht immer am falschen Ort im richtigen Moment auf und greift aktiv oder scheinbar zufällig ins Weltgeschehen ein. Sein omnipräsenter Aktivismus setzt sich meist für eine bessere Welt ein und übt Kritik an bestehenden Ungereimtheiten aus. So erscheinen seine Assistenten im gelben T-Shirt mit dem Aufdruck Gianni Motti Assistant auf Pressebildern des G8-Gipfels und der Anti-WEF-Demonstration in Davos als Friedensaktivisten. Er stellt sich ebenso selbst vor das Regierungsgebäude in Kolumbien und versucht den Präsidenten Samper mit seinen parapsychologischen Fähigkeiten der Telepathie zu überzeugen, seine Präsidentschaft abzulegen, worauf er prompt des Landes verwiesen wird. Auf dem Parkett der Weltöffentlichkeit erscheint er ein weiteres Mal auf der Tagung für Menschenrechte der UNO in Genf auf dem Sitz des abwesenden indonesischen Delegierten, wo Motti mit seinem Engagement für ethnische Minoritäten für einigen Aufruhr sorgte. Der Vorfall wurde durch ein Foto dokumentiert, das ein anderer Abgesandter „zur Erinnerung für meine Frau“ schoss.   Mottis Aktionen rufen Irritation und Verwirrung hervor. Gerüchte und Missverständnisse sind die Folge der meist mündlichen aber auch fotografischen Überlieferung der Ereignisse. Gianni Motti unterläuft die Regeln der bestehenden Kommunikationssysteme und infiltriert die mediale Tagesaktualität mittels ironischem Kommentar. Seine Eingriffe wirken absurd. Seine Taktik erfolgt in „terroristischer“ Manier, zum Beispiel mittels Bekennungsschreiben an die Nachrichtenagentur Keystone, in denen er die Verantwortung für die millionenfachen Schäden des grossen Erdbebens 1992 in Kalifornien oder für die Explosion der Challenger-Raumfähre 1986 übernimmt. Er schafft im Spiel mit den Grenzen der Möglichkeiten immer wieder die Brücke zwischen dem Rationalen und Irrationalen zu schlagen und in beiden Sphären Unruhe zu stiften. Motti heisst, Kunst als Organ des sozialen und politischen Protests zu sehen. Das System Kunst hat sekundäre Bedeutung und erfährt meist erst nachträglich von den ominösen Aktivitäten.

Während der Prager Biennale im Juni diesen Jahres überzeugte er vier US-Soldaten als Sicherheitskräfte die Prager Nationalgalerie zu bewachen. Die illegale Aktion erinnerte an die Geiselnahme durch die tschetschenische Guerilla im Moskauer Theater. Gleichzeitig irritierte die militärische Präsenz die Betrachter und stellte den gegenwärtigen Sicherheitswahn zur Diskussion. Mottis Verbleib nach diesem letzten Coup bleibt bis zur Eröffnung der Ausstellung ein Mysterium. Nur soviel sei verraten: Auch die Gesandten der Ausserirdischen sind gegen das Motti-Virus nicht immun. Text: Sabine Rusterholz, September 2003

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Gianni Motti