press release only in german

Crawl & Sédiments - Jérémie Gindre

Pappkartonwerbung, Plakatwände, Theaterkulissen, Buchumschläge, Plattencover, ausgestopfte Tiere im Naturkundemuseum — all dies sind Versatzstücke in unserer Alltagswelt, denen ein hohes narratives Potential innewohnt. Auch der Titel „Crawl & Sédiments“ evoziert zahlreiche Konnotationen, die durch die Verbindung der Schwimmart Kraueln mit der Wissenschaft über Sedimente aus dem Bereich der Meeresarchäologie hervorgerufen werden. Der Schwimmstil der Sportler trifft dabei beispielsweise auf die Schatzsucher, die in den Meeresablagerungen sowohl nach maritimen als auch nach fremden, versunkenenen Kostbarkeiten suchen. Für Jérémie Gindre (* 1978, lebt in Genf) sind jene Bruchstücke Bestandteile grösserer, narrativer Zusammenhänge, die als Motive Eingang in seine Erzählräume, Installationen, Objekte oder Fotografien finden. In seiner Einzelausstellung geht Gindre von der hypothetischen Vorstellung eines nach einer Überschwemmung langsam wieder trocknenden Raumes aus. Seine bühnenhafte Inszenierung setzt sich aus neu produzierten und in situ entstandenen Arbeiten, ebenso wie aus bereits existierenden und für die Ausstellungskonzeption adaptierten Werken zusammen. Künstliche Pfützen, reale Fischernetze, vermeintlich ins Meer geworfene Abfälle, Muscheln, Sand und Algen formen eine Bodenlandschaft, in der sich romantisch Verklärtes - wie z.B. eine Flaschenpost - und theatralisch Illusionistisches - wie z.B. eine Bootsform, auf die wiederum eine Seelandschaft mit Booten appliziert ist - aufeinandertreffen. Die Rückansicht des bühnenbildartigen Bootes bricht mit der vordergründigen Illusion und gibt sie als solche preis: Unbehandelte Holzteile, Verstrebungen, abgestellte Bierflaschen und eine Bierkiste entlarven die Form als Requisit, als Attribut einer zu erzählenden Geschichte. Die Werke Gindres agieren auf zwei Ebenen: Ihre Evokationskraft rührt an persönliche Erinnerungsmomente und individuelle Assoziationen; gleichzeitig durchdringen Distanz schaffende Elemente, wie jene kulissenartige Rückansicht des Bootes, das Werk und stellen das Simulierte selbst als Simulation dar.

Happy Hours - Pierre Vadi

Pierre Vadi (*1966, lebt in Genf) inszeniert in seinen Installationen, Objekten und Kartographien Momente, in denen die Realität vor sich selbst zu fliehen scheint und der Alltag sich in einen oft ironisch und süffisant anmutenden Schauplatz verwandelt. Das neueste Werk Vadis „Happy Hours“ präsentiert sich auf den ersten Blick wie eine poetische, kristalline Landschaft, bestehend aus unzähligen Scherbenstücken, deren scharfe Kanten im Lichtschein aufblitzen. Die Scherbenimitate aus Kunstharz erhalten ihre verschiedenen Formen von Flaschenvorlagen verschiedener Biersorten unterschiedlicher Ländern. Auch wenn der Titel an die „Happy Hour“ erinnert, an jene Zeitspanne also, die nach einem Arbeitstag einsetzt und vor der Abendessenszeit endet, wo Drinks und Snacks zu Spezialpreisen angeboten werden, geht es Vadi nicht etwa um die Darstellung jenes Phänomens. Vielmehr werden die durch den Farbentzug ihrer ursprünglichen Emblem- und Erkenntnishaftigkeit beraubten Scherbenimitate zu allgemein gültigen Formen, zu Zeichen von Konsumation, von ökonomischen Beziehungen, Produktion und Konkurrenz in einer Wohlstandsgesellschaft. Der Künstler bezeichnet Arbeiten wie diese als „geopolitische Fiktion“. Vom Alltag ausgehend und gleichzeitig darüber hinausweisend, bringen die Werke das Unspektakuläre auf eine künstliche, stilisierte und verallgemeinernde Kurzform, die eine interpretative Öffnung bewirkt. Eine neue Arbeit des Künstlers besteht aus transparenten Abgüssen vermeintlich überfahrener Tiere. Sie funktionieren als entmaterialisierte Zeichen für Vergänglichkeit und als zeitgenössische Vanitas-Symbole. Neue Fahnenobjekte, die inhaltlich mit Vadis Kartographien in Verbindung stehen, markieren die Existenz des Inexistenten, des Fiktiven.

What's up? - Heinrich Lüber

Heinrich Lüber (*1961, lebt in Basel) wird von der Kunstwelt als Performer bezeichnet. In speziellen Kleidungen und mit Hilfe diverser, oft speziell gefertigter Requisiten führt der Künstler physisch-räumliche Eingriffe durch, die als Bilder im Raum dem Rezipienten konfrontierend gegenübertreten. In den Performances ragen beispielsweise überdimensionale Hände aus Lübers Performance-Körper, der Künstler scheint Wände hochzugehen oder physisch in einen grosse Kreisel zu mutieren. Oftmals wird Sprache in die Performances einbezogen, die jedoch nicht das Kommunizieren, sondern lediglich den Akt des Sprechens als „Sprachbild“ aufzeigt. Meist werden in der Rezeption von Lübers Performances deren komplexe Entstehungsgeschichte und konzeptuellen Rahmenbedingungen ausgeblendet – ein Umstand dem die Ausstellung im Kunsthaus Baselland Rechnung trägt. Lübers Einzelausstellung rekon-textualisiert sein künstlerisches Schaffen, indem Vorbereitungsarbeiten wie Zeichnungen, vereinzelte Requisiten in ihrer materiellen Rohheit und ein dokumentarisches Video die Frage der Werkdefinition neu aufgreifen. Lübers Performances gehen zahlreiche zeichnerische und physisch-räumlich ausge-führte und fotografierte Skizzen voran. Die Unmittelbarkeit der Zeichnungen lässt aufschlussreiche Einblicke zu ins konzeptuelle Experimentieren am Bild, welches die Performance erzeugen soll. Die konkret ausgeführten Skizzen dienen nebst der Überprüfung des Bildcharakters auch dem Ausloten der technischen Voraussetzungen, die, gekoppelt mit der Auswahl der Kleidung, letztlich die Bildwahl bestimmen. Anlässlich der Basler Museumsnacht wird der Künstler im Aussenraum auch eine Performance durchführen.

Pressetext

only in german

Crawl & Sédiments - Jeremie Gindre

Happy Hours - Pierre Vadi

What’s up? - Heinrich Lüber