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Günter Beiers Malerei ist Verlaufsdokumentation, Resultat und Überbleibsel zugleich.

Doch immer langsam mit den jungen Pferden. Erstmal von hinten aufgezäumt sehen wir Bilder in feiner Öltechnik, klassisch auf Leinengrund. Die hängen ganz gut so - Schmuck für Räume.

Die Motive an sich verlangen vom Betrachter nicht viel: Es sind Alltäglichkeiten des Konsumkosmos. Meist allbekannte Gegenstände, die durch beliebig erscheinende Quantifizierung eine Bedeutungsschwangerschaft des Einzelnen verweigern. Radieschensamentütchen, Tischtuchbeschwerer, Kerzen, Süßigkeiten verschiedener Formen und Artikel der Spielwarenwelt. Die Suche nach inhaltlicher Aussage durch das Motiv verläuft hier emotional ähnlich dem Gewinn eines Kleinpreises der Festtombola im kommunalen Kinderheim - irgendwo zwischen Beglückungsblitz und leiser Enttäuschung - ja, schön soweit, doch war das alles und warum zum Henker steht auf der Tüte "Wunder"?

Um dieser Frage auf die Spur zu kommen, ist der Versuch anzustellen, Beiers Werk auf seine Ursächlichkeit und den Motivationshintergrund zu überprüfen. Der 1959 in Wuppertal geborene Künstler versagt seiner Malerei jegliche inhaltliche Aussage. Der Prozess der Bildentstehung spielt wohl sehr viel mehr eine Rolle denn das Produkt. Bei der Motivwahl lässt sich der Künstler durch subjektive ästhetische Prinzipien leiten. Es sind Ordnungsgefüge welche beim Zusammentreffen von Gegenständen meist gleicher Art entstehen können, die ihn zum Handeln auffordern. In der durch industriellen Zufall entstandene Zusammensetzung einer Luftballonpackung oder Chaos im Innern eines Popcorneimers findet Beier eine Gestaltung, die Kenntlichmachung verdient oder zumindest geeignet für das Experiment der Suche nach Ordnungsprinzipien erscheint und damit zu seinem Bildinhalt wird. Günter Beier macht sichtbar, was unserem Beobachtungskreis durch Belanglosigkeit entweicht. Vergrößerung, Isolation durch klare Figur-Grund-Differenzierung und Ausschnittsdarstellung charakterisieren sein Werk und befördern die Konzentration auf die formale Beziehungen der Bildgegenstände zueinander.

Ihn jedoch auf die Attitüde zu reduzieren, seine Malerei einzig als Mittel zum Zweck der Sichtbarmachung von Beliebigkeiten in mehr oder minder diffus beschreibbarer Ordnungskontexte anzusehen, greift zu kurz. Spätestens beim zweiten Blick auf die sorgfältigst ausgeführten Arbeiten ist man dem Künstler im Atelier auf der Spur. Ob der Qualität der dünnschichtigen Öltechnik, die bewusste Negation einen Pinselduktus und somit ‚Handschrift' zu zeigen und die Formatfülle lassen vermuten, dass diese Malerei nicht aus dem Handgelenk geschüttelt bzw. einer kurzfristigen Laune entspringt, sondern bewusste Entscheidung will sagen Konzept sein muss. Das Malen um des Malen Willens. Bei Günter Beier erstreckt sich der Ansatz des "l'art pour l'art" auf den Schaffungsprozess. Akribisch arbeitet er sich durch Popcorn und Lakritz. Die vierte Woche am Malgrund nimmt Züge einer Selbstkasteiung an. Durchhalten oder in den Kanal - Alles oder nichts!

Quasi zur Entspannung entstanden die skulpturalen Arbeiten. Objekte, die durch ihre Formgebung und Materialität doch Fragen stellen, die Beier seinem malerischen Werk nicht aufbürden mag. Wir sehen u.a. einen Hamsterbau, der wie ein Negativabguss seine Räumlichkeit dargestellt, ein Vogelnest und die an eine Reuse erinnernde Figur. Nicht nur das verwendete Material (Stacheldraht), sondern auch die Beziehung der Objekte zueinander stachelt zu Gedankenarbeit über Identität und Authentizität von Heimatgefühlen, Erinnerungen ihrer Herkunft und Ängsten wo Trog und Wärme in Zukunft zu finden sein werden.

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Günter Beier: Malerei & Skulptur