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Eröffnung | 14.April 2016

„Ich erkläre Krieg nicht und ich sage auch nicht, wie er zu sehen ist.“ Hanno Otten

HANNO OTTEN (*1954) ist bislang vor allem bekannt für seine Auseinandersetzung mit Farbe. Seit einigen Jahren gilt das Interesse des Kölner Künstlers jedoch zunehmend dem Thema Krieg: Was ist Krieg? Wie entsteht Krieg? Worum geht es im Krieg? In intensiver Beschäftigung mit dem Sujet entwickelte OTTEN einen neuen Werkzyklus, der nun bei | PRISKA PASQUER in Teilen erstmals öffentlich vorgestellt wird. Die Ausstellung umfasst drei großformatige Schlachtenbilder sowie die Foto-Text-Arbeit „Die Schlacht“ und das Video „Beirut“.

HANNO OTTEN ist ein Künstler, dessen Werke aus der intensiven, jahrelangen Auseinandersetzung mit seinem Thema entstehen. So hat er sich mit fast wissenschaftlicher Systematik über mehrere Jahre mit Farbe beschäftigt. Ein weiteres wichtiges Thema seiner Kunst ist Krieg. Bereits 1993 entstand eine erste Foto-Text-Arbeit, fünf Jahre später das Video „Beirut“. Und doch sollte es noch Jahre dauern, bis OTTEN zu der in seinen Augen adäquaten Darstellungsform des Sujets fand: dem querformatigen Schlachtenbild in den Maßen 2,30 x 7 m.

Auslöser für die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Krieg war für HANNO OTTEN der Ausbruch des Balkankriegs. Aufgewachsen in dem Bewusstsein, dass es in Mitteleuropa keine Kriege gibt und auch nie mehr geben würde, veränderten die Jugoslawienkriege zu Beginn der 1990er-Jahre sein Weltbild fundamental. Was ist Krieg? Wie entsteht Krieg? Worum geht es im Krieg? Ausgehend von diesen grundsätzlichen Fragen besuchte HANNO OTTEN die Schauplätze des Ersten und Zweiten Weltkriegs. Er beschäftigte sich mit künstlerischen Arbeiten zum Thema wie Historiengemälden, Kriegsromanen, Opern und Kriegsfilmen, aber auch mit Fachliteratur zu Militärgeschichte und Gewaltforschung. Und er begann, die Thematik mit künstlerischen Mitteln zu bearbeiten. Basierend auf einem Artikel der ZEIT-Korrespondentin Monika Borgmann entstand 1993 die Foto-Text-Arbeit „Schlacht“. Das 1998 gedrehte Video „Beirut“ spielt an auf das in Kriegszeiten verbreitete rituelle und stigmatisierende Haareschneiden. Einige Jahre später war HANNO OTTEN klar, wie er das Thema angehen würde: „Das muss einfach gemalt werden. Es muss eine körperliche Auseinandersetzung geben. Wir haben bestimmte Denkstrukturen, die wir immer wiederholen, auch bei der Betrachtung des Krieges. Ich aber will weg von der gegenständlich-dokumentarischen Darstellung, hin zu einer nicht-begrifflichen, physischen Auseinandersetzung.“

Abstrahiert man von dem tatsächlichen Geschehen, zeigen alle Kriege letztendlich dieselben Strukturen: Es gibt sich wiederholende Elemente, die von ungewöhnlichen und nicht vorhersehbaren Ereignissen punktuell überlagert und gestört werden. Aus dieser Erkenntnis heraus entwickelte HANNO OTTEN die verschiedenen Bildstrukturen der Schlachtenbilder, wobei er sich in Anlehnung an das klassische Genre für ein breites Querformat entschied. Eine besondere Herausforderung war für ihn dann jedoch die Größe: Die Bilder sollten groß sein, Kraft haben – aber sie sollten den Betrachter auch nicht überwältigen. Er experimentierte, bis er mit 2,30 x 7 m zu einem Format „auf Augenhöhe“ fand. 2006 vollendete er die ersten Schlachtenbilder.

HANNO OTTEN ist kein Maler, sondern er versteht sich als Künstler, der jeweils das Medium benutzt, das er für angemessen hält. Bei seiner Auseinandersetzung mit dem Krieg war ihm der physische Aspekt besonders wichtig – dieser sollte sowohl bei der Entstehung als auch bei der Rezeption der Schlachtenbilder zum Tragen kommen. Auch wenn er jedes Werk mit zahlreichen Kompositionsstudien vorbereitet, führt OTTEN es anschließend frei agierend auf der Leinwand aus. Die drei Schlachtenbilder in der Ausstellung entstanden 2007, 2014 und 2015. Die Werke könnten unterschiedlicher nicht sein: Das eine leuchtend bunt mit quer verlaufenden Streifen, das nächste nüchtern und zurückgenommen mit einem Raster auf farblos grundierter Leinwand, das dritte fast ganz in schwarz-weiß mit zarten, verlaufenden Strukturen. Alle Bilder haben mehrere Ebenen. Man kann sie aus großer Entfernung betrachten, aber auch ganz aus der Nähe, ja man kann sie abschreiten oder auch geradezu in sie hineintreten und wieder heraus. Es sind Schlachtenbilder des 21. Jahrhunderts. Sie fordern den Betrachter heraus. Sie erzählen nicht, sie erklären nicht, sondern sie öffnen den Blick.