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Hedda Schattanik & Roman Szczesny. amor fati
05.07.2019 - 28.07.2019

Eröffnung:
03.07.2019 18:00 - 21:00

„Ich möchte keinen Krieg gegen die Hässlichkeit führen“. (Friedrich Nietzsche)

Hedda Schattanik (1992 in Westerstede) und Roman Szczesny (1987 in Bensberg) arbeiten seit 2014 offiziell als Kollektiv. Hedda studierte; Roman studiert in den Klassen von Andreas Gursky, Dominique Gonzalez-Foerster und Marcel Odenbach an der Kunstakademie Düsseldorf. In ihren installativen Videoarbeiten verweben sie kinematographische Elemente mit surrealer Animation, Literatur, Schauspiel, Bildhauerei, Fotografie sowie Zeichnung. Im Fokus ihrer künstlerischen Auseinandersetzung stehen das Verhältnis von natürlicher zu symbolischer Ordnung sowie die Darstellung und Analyse existentieller Probleme, die sich aus Fragen zur menschlichen Identität ergeben. Lineare Erzählstrukturen verwerfend, entwickeln sie eine Narration aus asymmetrischen Strukturen, die Zukunft, Vergangenheit und Seins-Zustände überlagernd bündeln.

Der Titel amor fati rekurriert auf eine Maxime Friedrich Nietzsches, die er im vierten Buch der Fröhlichen Wissenschaft formuliert und mit der er „die ethisch-ästhetische Erscheinungsform eines Fatalismus, der zur Überwindung des Nihilismus dienen soll“1 postuliert. Dabei skizziert er mit dem Begriff eine Wahrnehmungshaltung die ästhetische Erfahrung immer unter Bezugnahme einer subjektiven, individuellen Eigenheit denkt. Die Liebe zum Schicksal sollte sich in einem ganzheitlichen Bejahen des Weltzustandes und als künstlerische Selbsterschaffung des Menschen, der im Augenblick ihrer Erfüllung die ewige Wiederkehr des Gleichen nicht nur akzeptiert, sondern ausdrücklich will, äußern. Diese Hingabe erfasst eine Ausweitung vom Universum bis in kleinste Molekül.

In ihrer gleichnamigen Videoarbeit amor fati, die Samplings früherer Videoarbeiten beinhaltet, schwankt die Erzählung zwischen der introspektiven Sicht Elisa H.s, einer Großindustriellenerbin und Sammlerin, und der Visualisierung eines dynamischen kosmisch-biologischen Zustands. Sinnierend über die ewige Wiederkehr des Gleichen (Nietsche) vollzieht Elisa eine Geschichte der Einsiedlung. Das Video beginnt und endet mit der Protagonistin als Eremitin in einer Welt kapitalistischer Akkumulation. Unterbrochen wird die Erzählung vom Zerbersten einer animierten Version der berühmten Laokoon-Gruppe, beliebter Analysegegenstand der Kunsttheorie Lessings, anhand derer die Paradigmen und die Unvereinbarkeit von Kunst und Literatur herausgearbeitet werden sollen.

Hedda Schattanik und Roman Szczesny brechen mit dieser These und verzerren, entfremden und überlagern Text, Ton und Bild, bis sich das als Wirklichkeit zu Bezeichnende in einer gattungslosen Parallelpoesie auflöst.

1 Kiyoshi Nishigami: Nietzsches Amor fati. Der Versuch einer Überwindung des europäischen Nihilismus, Frankfurt/M. u. a. 1993, S. 264.