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Heinrich Nauen (1880 – 1940) gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des Rheinischen Expressionismus. Der in Krefeld geborene Künstler hinterließ ein umfangreiches Oeuvre, das vorwiegend Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und druckgraphische Werke umfasst sowie monumentale Wandgemälde, Mosaike und kunsthandwerkliche Arbeiten.

Erstmals widmet das August Macke Haus diesem für die rheinische Moderne des frühen 20. Jahrhunderts wichtigen Künstler eine eigene Ausstellung mit 40 Arbeiten, überwiegend Gemälde aus öffentlichem und privatem Besitz, darunter auch ein bislang unbekanntes Stilleben von 1920, das erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wird.

Die Ausstellung richtet ihr Augenmerk speziell auf den Einfluss der seinerzeit aktuellen französischen Kunst im Oeuvre Nauens, der sich schon kurz nach der Jahrhundertwende in seinem Schaffen manifestiert und für die Ausformung seiner spezifischen Bildsprache von großer Bedeutung war.

Der 1880 in Krefeld geborene Heinrich Nauen hatte sich nach Abschluss seiner akademischen Ausbildung in Düsseldorf, München und Stuttgart zunächst für einige Jahre dem Künstlerkreis um den Bildhauer George Minne angeschlossen, der in dem flandrischen Dörfchen Sint Martens-Latem bei Gent eine Kolonie gegründet hatte.

1905 heiratete Heinrich Nauen die in Berlin lebende Künstlerin Marie von Malachowski, die er bei seinem Lehrer Leopold von Kalckreuth in Stuttgart kennen gelernt hatte (das August Macke Haus widmete der Künstlerin vor einigen Jahren eine erste umfangreiche Ausstellung). Die Jungvermählten brachen im April 1905 zu einer Reise nach Paris auf, die aufgrund der faszinierenden, reichhaltigen Eindrücke und Erlebnisse schließlich zu einem mehrmonatigen Aufenthalt ausgedehnt wurde. Beide schrieben sich im Frühsommer in der Académie Julian ein, eine der seinerzeit renommiertesten Kunstschulen an der Seine. In Galerien und Museen konnten sie die Malerei des Impressionismus studieren und das Aufkommen des Fauvismus miterleben. Eine intensive Auseinandersetzung mit der französischen Malerei des Impressionismus und der Malerei Van Goghs begann.

Anfang 1906 siedelte Nauen nach Berlin über. Er trat der „Berliner Sezession“ bei, befreundete sich mit Emil Nolde, diskutierte mit Max Beckmann die Gründung einer neuen Sezession. Der ersehnte künstlerische Durchbruch indes blieb ihm hier versagt. Anders war dies im Rheinland. Nauen, der seiner niederrheinischen Heimat stets eng verbunden war, hielt sich meist im Frühjahr und Sommer einige Wochen oder Monate am Niederrhein oder in Visé an der Maas zum Malen auf und traf häufig mit Heinrich Campendonk, Helmuth Macke, Will Wieger, Thorn Prikker u. a. zusammen. In Orbroich bei Krefeld unterhielt er ein kleines Atelier. 1909 nahm er hier die Arbeit an seinem großformatigen Gemälde Die Ernte auf, das 1910 in Paris ausgestellt wurde und Nauen einen anerkennenden Brief von Henri Matisse einbrachte. 1911 verließ Nauen Berlin und kehrte endgültig an den Niederrhein zurück. In der Nähe von Brüggen bezog er einen Flügel der Wasserburg Dilborn. Rege Kontakte entwickelten sich zu Künstlern, Kunsthistorikern und Sammlern im Rheinland. Ausstellungsbeteiligungen und Ankäufe folgten. Eine lang ersehnte weitere Reise nach Paris ermöglichte Nauen neben dem Besuch bedeutender Sammlungen die Begegnung mit Werken von Henri Matisse und kubistischen Arbeiten. 1912 beteiligte sich Heinrich Nauen in Köln an der legendären Sonderbundausstellung und erhielt den Auftrag zu einem monumentalen Gemäldezyklus für die Burg Drove bei Düren. Zwei Jahre war der Künstler mit der Ausführung sechs großformatiger Leinwände beschäftigt, die als sein expressionistisches Hauptwerk gelten. 1913 beteiligte sich Heinrich Nauen an der von August Macke initiierten Ausstellung „Die Rheinischen Expressionisten“ in der Buchhandlung Cohen in Bonn. Seine erste Einzelausstellung richtete ihm der führende Avantgarde-Kunsthändler Alfred Flechtheim 1914 in seiner Düsseldorfer Galerie aus.

Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges fand diese glückliche Entwicklung ihr vorläufiges Ende. Nauen wurde als Soldat einberufen und nach einer Gasvergiftung schließlich als „Kriegsmaler“ eingesetzt. 1918 gehörte Nauen zu den Mitbegründern der Künstlergruppe Das Junge Rheinland. Anfang der 20er Jahre erhielt er eine Professor für Malerei an der Düsseldorfer Kunstakademie, an der er u. a. neben Heinrich Campendonk, Paul Klee, Otto Dix lehrte und arbeitete. Unter den Nationalsozialisten galt Nauen als missliebig. Seine Werke wurden 1937 in der Ausstellung Entartete Kunst an den Pranger gestellt und er seines Lehramtes enthoben, in dem man ihn zwang, sich in den Ruhestand versetzen zu lassen. 1940 starb der Künstler in Kalkar, wohin er sich mit seiner Frau zurückgezogen hatte.

Der bislang nur am Rande konstatierte Einfluss der avantgardistischen französischen Kunst im Werk Heinrich Nauens wird im August Macke Haus erstmals konkret und zusammenhängend analysiert, indem die Arbeiten Nauens mit jenen Werken von Henri Matisse, Paul Gauguin, Vincent van Gogh, Camille Pissarro u. a. konfrontiert werden, die Heinrich Nauen nachweislich gesehen hat und die seine Arbeiten unmittelbar inspirierten. Auf diese Weise wird nachvollziehbar, inwieweit Nauen die neuen Eindrücke aufnahm und weiterverarbeitete, wie er anhand dieser Anregungen seine eigene spezifische Bildsprache entwickelte und ausformte.

Katalog zur Ausstellung: ca. 150 Seiten mit 80 teils farbigen Abbildungen

Pressetext

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Heinrich Nauen - Der französische Einfluss
Kuratorinnen: Klara Drenker-Nagels, Ina Ewers-Schultz