press release only in german

Eröffnung am 10.6.2011, 19 Uhr. Um 20 Uhr: EARTH, Performance von Tzu Nyen Ho mit Marc Richter/Black to Comm

Die Ausstellung Human Frames widmet sich dem Menschen, seiner Condition humaine und verschiedenen Seelenzuständen, die ihn auf seiner Reise durchs Leben begleiten. In Form von zehn programmatisch zusammengestellten Kunstfilmprogrammen mit Werken von zeitgenössischen Künstlern/-innen und Filmemachern aus Europa und Asien, die sich auf die Themen Glück, Begierde, Wahnsinn, Fanatismus, Angst, Ärger, Isolation, Melancholie konzentrieren, wird das menschliche Dasein zu Beginn des 21. Jahrhunderts – unter Einbeziehung der asiatischen Konzepte des Mono no aware (das Pathos der Dinge) und der Impermanenz (Unbeständigkeit) neu beleuchtet.

Human Frames will dem regen Austausch von Bildern und Ideen zwischen beiden Kontinenten, der im Zeitalter der neuen Medien und der Globalisierung zu einer gängigen Praxis geworden ist, Rechnung tragen. Die Ausstellung gibt einen fundierten Einblick in beide Videokunst- und Experimentalfilmszenen und verweist sowohl auf die Kristallisation einer universellen Bildsprache, die sich jenseits nationaler, sozialer und kultureller Zugehörigkeiten entfaltet, als auch auf das Fortbestehen diverser Filmtraditionen, in die sich die einzelnen Werke einschreiben. Das Resultat ist ein faszinierendes Spektrum künstlerischer Ausdrucksformen, gewagter Bild- und Tonexperimente, welche sich frei assoziiert zu einem vibrierenden Porträt der Menschheit vereinen.

In einer losen Anlehnung an die bis in die Antike zurückreichende Theorie der Temperamentlehre, in der die Menschen nach ihrer Grundwesensart in diverse Kategorien eingeteilt wurden (Sanguiniker, Phlegmatiker, Melancholiker, Choleriker), unternimmt Human Frames den Versuch, die gezeigten Werke in eine Bildgeschichte menschlicher Expressionen einzuschreiben. Ist die Temperamentlehre heute wissenschaftlich gesehen längst überholt, so hat sie in den Bereichen der bildenden Künste und der Kunstgeschichte nie an Bedeutung verloren. Zahlreich sind die Studien zu den Melancholiedarstellungen eines Albrecht Dürers oder Francisco José de Goyas, zu den Ausdruckköpfen eines Charles Lebrun oder den ersten Psychiatriefotografien des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, in denen die Medizin die Anomalien der Hysterie, des Wahnsinns oder der Depression bildlich zu dokumentieren suchte. Human Frames ist ein Vorstoß, eine ähnliche, exemplarische Klassifizierung im Bereich der bewegten Bilder vorzunehmen, ohne dabei den Anspruch zu erheben, eine vollständige Typologie der untersuchten Themen zu etablieren; ein ohnehin unmögliches Unterfangen angesichts der Explosion kreativer Energien im Bereich neuer Filmproduktionen, die das Schreiben einer vollständigen Geschichte unmöglich macht.

Neben dieser historischen Inspirationsquelle hinterfragt Human Frames das wachsende Bedürfnis der Menschheit, Emotionen auszudrücken – nicht nur im Bereich der Kunst, sondern auch im alltäglichen Leben.

Im Zeitalter der Internetplattformen und Sozialnetzwerke ist die Kommunikation von GefühlszustaÅNnden in einem nicht länger intimen sondern öffentlichen Rahmen für viele Menschen zu einem täglichen Ritual geworden. Über Facebook, Blogs und andere Netzwerke werden Gefühle und Empfindungen zum Ausdruck gebracht und mit anderen Menschen geteilt. Man kann in dieser stark gefu?hlsorientierten Kommunikation eine Art Widerstand sehen: Ein Protest gegen die immer nüchternen, erfolgsorientierten und effizienteren Gesellschaften, in denen dem Individuum mit seinen persönlichen Eigenheiten, trotz der stets suggerierten wachsenden Freiheit, immer weniger Raum eingeräumt wird. Zur Eröffnung am 10. Juni wird Ho Tzu Nyen, der in diesem Jahr sein Heimatland Singapur auf der Biennale von Venedig vertritt, im KIT seinen Film EARTH präsentieren. Er und die Musiker von Black to Comm werden eine musikalische Performance zum Film aufführen.

only in german

HUMAN FRAMES
Zehn Seelenzustände - 77 Videokünstler und Filmemacher aus Asien und Europa
Kuratoren: Silke Schmickl, Gertrud Peters, mit Unterstützung von Masayo Kajimura, Stephane Gerard, Victric Thng, Francois Michaud

Künstler: Alice Anderson, Sookoon Ang, Ashish Avikunthak, Ismail Bahri, Rita Bakacs , Sarnath Banerjee, Halida Boughriet, Massimilian Breeder / Nina Breeder, Gerard Cairaschi, Qiulin Chen, Bin Chuen Choi, Pierre-Yves Cruaud, Arnaud Delord, Christoph Draeger, Felix Dufour-Laperriere, Edwin , Köken Ergun, Yoko Fukushima, Jeanno Gaussi, Stephane Gerard, Hatice Güleryüz, Matthias Groebel, Yuki Hayashi, Barbara Hlali, Ho Tzu Nyen, Laila Hotait, Georges Hsin, Taro Izumi, Masayo Kajimura, Yuko Kamei, Katia Kameli, Kazumi Kanemaki, Yuki Kawamura, Paula Un Mi Kim, Yeonjeong Kim, Romain Kronenberg, Lucky Kuswandi, Mischa Leinkauf, Isabelle Levenez, Marylene Negro, Nhu Nguyen, Frederic D. Oberland, Junho Oh, Ethem Özgüven, Soyoung Park, Jean-Gabriel Periot, Izabela Plucinska, Triny Prada, Monira al Qadiri, Ezzam Rahman, Johanna Reich, Patricia Reinhart, Tulapop Saenjaroen, Masakazu Saito, Samo  (Anna Bergmann), Larissa Sansour, Saki Satom, Sylvia Schedelbauer, Alexander Schellow, Tejal Shah, Guli Silberstein, Chulayarnnon Siriphol, Veronika Samartseva, Lionel Soukaz, Steffi Stangl, Kentaro Taki, Victric Thng, Josephine Turalba, Machima Ungsriwong, Jan Verbeek, Matthias Wermke, Virgil Widrich, Lily Wittenburg, Tony Wu, Biying Zhang, O Zhang