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Neben Max Liebermann gehört der gebürtige Ostpreuße Lovis Corinth (1858 – 1925) zu den herausragenden Künstlerpersönlichkeiten, die mit ihrer Malerei die Moderne in Deutschland vorbereiteten. Corinths lustbetonten Akte, seine Stilleben und Landschaften markieren einen entscheidenden Wendepunkt in der Entwicklung der deutschen Malerei. Wurzelnd im Realismus des 19. Jahrhunderts, führte Corinth innerhalb von vier Jahrzehnten seine Malerei zu einer Selbstständigkeit, mit der er traditionelle Darstellungsformen überwand. Vor allem in seinem Spätwerk, das 1912 nach einem Schlaganfall einsetzt, findet ein Prozess der Auflösung statt, in dem das dargestellte Motiv immer weiter durch die Materie der Farbe abstrahiert und emotional aufgeladen wird.

Wie kaum ein anderer Künstler seiner Zeit hat sich Lovis Corinth in seinem malerischen und graphischen Werk immer wieder mit dem Selbstbildnis beschäftigt. Gerade in dieser Auseinandersetzung mit sich selbst dokumentiert er die Veränderungen innerhalb seiner Kunst: der Weg vom selbstbewusst posierenden Künstler, der dabei häufig mit dem weiblichen Modell als Gegenpart spielt, hin zum kranken, in sich gekehrten Individuum. Diese beiden Gegenpole, der Schauspieler Corinth, der sich mit Pathos selbst inszeniert, und die Zerbrechlichkeit der Oberfläche, die Selbstbeobachtung von Außen nach Innen, die darin offenbarten Seelenzustände, und die Auflösung des Ichs bis hin zum Tod als Teil des Ichs, dokumentieren wie in kaum einem anderen künstlerischen Werk die Persönlichkeit des Künstlers.

Die Selbstbildnisse im Werk von Corinth sind in den großen Retrospektiven gezeigt worden. Eine umfassende, nur auf diesen Aspekt hin zugeschnittene große Ausstellung hat es jedoch – überraschenderweise – noch nie gegeben. In der Hamburger Ausstellung sollen neben vielen Aquarellen, Zeichnungen und druckgraphischen Blättern ca. 30 der ursprünglich 42 gemalten Selbstbildnisse gezeigt werden. Mit dieser Ausstellung setzt die Hamburger Kunsthalle eine erfolgreiche Reihe von Ausstellungen fort, in der unter anderem die Selbstbildnisse von Max Beckmann (1993) und die in Paris entstandenen Selbstbildnisse Vincent van Goghs (1995) zu sehen waren.

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