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Internationales Frauenfilmfestival Dortmund/Köln
2008 in Köln
Fokus China

Vom 23. - 27. April 2008 geben rund 95 Filme aus 30 Ländern, darunter internationale Neuentdeckungen, Spielfilm-Debüts und aktuelle Lesben- und Transgenderfilme einen Überblick über das Filmschaffen von Frauen weltweit. PANORAMA und QUER BLICK bilden die Kernsektionen des Festivals.

PANORAMA – Das Forum für internationale Neuentdeckungen 2008 stellt das PANORAMA 44 aktuelle Arbeiten aus 18 Ländern vor, Filme aller Genres und aller Längen. Der Dokumentarfilm ist dabei auch in diesem Jahr wieder stark vertreten. Auffallend häufig stellen die Filmemacherinnen Kinder und Jugendliche ins Zentrum ihrer Betrachtungen. Sie widmen sich der Verortung ihrer Protagonisten innerhalb gesellschaftlicher, oftmals rigide festgelegter Strukturen. Ein Jugendgefängnis im russischen Ural mit seinen Ritualen der Umerziehung ohne große Erfolgschancen in ALLEIN IN VIER WÄNDEN von Alexandra Westmeier, der beim Festival in Sundance zu sehen war; eine Psychiatrie in Rumänien mit ihren unüberwindbaren Innenhofmauern in Adina Pintilies preisgekröntem Dokumentarfilm DON’T GET ME WRONG (Goldene Taube 2007, Dokfestival Leipzig) oder die Kultivierung feudaler Strukturen im modernen Indien in LAKSHMI & ME von Nishtha Jain. Die französische Schauspielerin Sandrine Bonnaire zeichnet in ihrem ersten Dokumentarfilm ELLE S’APPELLE SABINE ein bewegendes, aber auch heiteres Porträt ihrer autistischen Schwester Sabine.

Ein Film wie geschaffen für ein Frauenfilmfestival ist VOGLIAMO ANCHE LE ROSE, der in Köln als deutsche Premiere zu sehen ist. Jung und unangepasst sind die Protagonistinnen und ebenso frisch und widerständig ist Alina Marazzis dokumentarische Arbeit über die Emanzipation im Italien der 60er bis 70er Jahre.

Humorvoll und sperrig sind auch die Spielfilme im PANORAMA. Auf wahren Ereignissen basiert die absurd anmutende französische Tragikomödie TRÈS BIEN, MERCI von Emmanuelle Cuau. Ein durchschnittliches Ehepaar gerät nach einer Bagatelle mit der Polizei in die Fänge des französischen Justizsystems, aus dem es kein Entrinnen zu geben scheint. Sandrine Kiberlain und Gilbert Melki brillieren in den grotesken ebenso wie in den leisen Momenten.

Als Auftakt einer langen Filmnacht mit unterhaltsamen Kurzfilmen am Festivalsamstag zeigt der lange Spielfilm UPA! UNA PELICULA ARGENTINA argentinisches Kino, wie man es bisher noch nicht kannte: eine fulminante Dogma-Satire über das Filmemachen, fehlendes Geld, unzuverlässige Helfer und einen zugekoksten, übergeschnappten Regisseur.

Experimentelle Ansätze machen Geschichten erzählbar und Ideen formulierbar, bei denen klassische Erzählweisen an ihre Grenzen kommen. Die japanische Regisseurin Naomi Kawase folgt in ihrem neuen Dokumentarfilm TARACHIME – BIRTH/MOTHER keiner linearen Erzählstruktur. Die zeitliche Distanz zwischen der Geburt ihres eigenen Kindes und dem Tod ihrer Großmutter, die sie erzogen hat, wird in poetischen, intimen Bildern und manchmal brutalen Momenten der Erinnerung miteinander verwoben.

In nachgestellten Spielszenen verarbeiten drei Frauen ihren durchlebten Alptraum als Kämpferinnen im Bürgerkrieg von Sierra Leone. WOMAN SEE LOT OF THINGS - die niederländische Regisseurin Meira Asher porträtiert eindrucksvoll ein Geschehen, das mit Worten kaum zu beschreiben ist. Sie gibt den Frauen Raum, ihre Erinnerungen durch Bewegungen auszudrücken. Wie war es, sich über den Boden an das Opfer heranzurobben? Wie fühlte es sich an, einer schwangeren Frau ihr Ungeborenes aus dem Bauch zu schneiden? Die Frauen kommen selbst zu Wort und erzählen ihre Geschichten – weder verharmlosend noch dramatisierend. Zusammen mit Gabriela Mischkowski (Expertin für Gender Justice, medica mondiale) und der Regisseurin wird das Thema im Anschluss an den Film ausführlich diskutiert.

Auch die Untersektion Experimente im PANORAMA widmet sich den experimentellen Formen und präsentiert die neuesten Arbeiten bekannter Avantgarde-Künstlerinnen. In PART TIME HEROES von Mara Mattuschka und Chris Haring nutzen vier Protagonisten Tanz, Sprechgesang und antiquierte Kommunikationsgeräte zur Inszenierung ihres Egos. In der Tradition des klassischen Experimentalfilms steht dagegen LIGHT·WORK·MOOD·DISORDER von Jennifer Reeves. Die New Yorkerin, deren Arbeiten bereits mehrfach beim Festival zu sehen waren, arbeitete hier mit dem Musiker Anthony Burr zusammen: Footage-Material aus Wissenschaft, Industrie und Medizin wird mit elektronischer Musik, Bassklarinette und Orgel kombiniert. Das Gefangensein im eigenen Seelenzustand verkörpert PHANTOM LOVE. Mit diesem experimentellen Spielfilm meldet sich US-Undergroundstar und diesjähriges Jury- Mitglied des internationalen Debüt-Spielfilmwettbewerbs Nina Menkes nach längerer Zeit zurück. In präzisen schwarz-weiß Bildern schildert Regisseurin und Kamerafrau Menkes das Leben einer Frau: surreal und symbolhaft.

QUER BLICK Internationale Lesben- und Transgenderfilme Der Quer Blick zählt zu den Traditionssektionen des Kölner Festivals und zeigt in diesem Jahr 22 Filme aus 10 Nationen mit einem Themenspektrum wie es vielfältiger nicht sein kann. So ist zum Beispiel Jamie Babbits (BUT I’M A CHEERLEADER) Spielfilm ITTY BITTY TITTY COMMITTEE eine Hommage an die Riot Grrrl Bewegung, eine herzerfrischende Geschichte von einer unpolitischen, kleinbusigen Frau, die auszieht Radikalfeminismus zu lernen und dabei auch noch Liebe findet. Wie sagte die Kritikerin Ruby Rich so schön: „Für alle, die am Zustand der Welt oder des Kinos verzweifeln, hat dieser Haufen revoltierender Lesben eine Megadosis Hoffnung parat.“ TICK TOCK LULLABY von Lisa Gornick ist eine Komödie über die Unmöglichkeit als Lesbe zufällig schwanger zu werden, das Für und Wider von Elternschaft und die Macht der Imagination. Jamie Babbitt und Lisa Gornick werden ihre Filme in Köln präsentieren.

Drei Dokumentationen und zwei Kurzfilmblöcke komplettieren die Programme im Quer Blick. Die kanadisch-chinesische Produktion SHE’S A BOY I KNEW bricht mit der Vorstellung, dass transidente Menschen schon als Kind zwangsläufig gegen das oktroyierte Geschlecht rebellieren und zeigt stattdessen den Weg einer Person, die sich erst nach vielen Jahren als Junge und Mann zu ihrem Frausein bekennt.

SEEDS OF SUMMER dokumentiert den Drill junger Frauen in der israelischen Armee. Die ehemalige Kampfsoldatin Hen Lasker, nun mit der Kamera bewaffnet, begibt sich auf die Spuren ihrer Vergangenheit und wird dabei ganz gegenwärtig immer mehr zur Mitwirkenden. Mit LOVE AND WORDS macht sich Sylvie Ballyot auf die Suche nach Darstellbarkeit des nicht Abbildbaren. Ihre Aufnahmen einer jemenitischen Frau wurden von Behörden konfisziert, die Protagonistin mit dem Tode bedroht. Trotzdem entschließt sie sich das Projekt fortzusetzen.

Kunst als Bioterror – Vorab-Präsentation von Lynn Hershman-Leesons STRANGE CULTURE zur ART Cologne In Kooperation mit dem Festival „Stranger than Fiction“ ist bereits am 19. April um 21 Uhr im Filmforum im Museum Ludwig zur „ART Cologne“ STRANGE CULTURE von Lynn Hershman-Leeson zu sehen. Mit dieser Preview möchte das IFFF Dortmund | Köln schon vor dem eigentlichen Festivalbeginn Lust auf Kino machen. In eindrücklichen Interviews schildert Hershmans Dokumentation, wie aus einem scheinbar banalen Missverständnis ein juristischer Krimi wird.

NEU - Festival-Blog und Festival-News: Infos, Backstage-Stories, Meinungen zum Festival: Und das rund um die Uhr. Neben der offiziellen Homepage www.frauenfilmfestival.eu wird es in diesem Jahr zwei zusätzliche Medien zum Festival geben: die Festival-News und den Festival-Blog.

Die News sind ein studentisches Projekt, das in Dortmund schon seit einigen Jahren erfolgreich existiert und die Besucher täglich mit Interviews, Filmvorschauen, Rezensionen und Hintergrundberichten versorgt. In diesem Jahr wird es die News zum ersten Mal auch während der Kölner Ausgabe des Festivals geben.

In Kooperation mit der Fachhochschule Köln und Prof. Petra Werner (Fachbereich Online- Journalismus) ist ganz neu der Festival-Blog entstanden. Hier werden Studierende der FH Köln und der TU Dortmund Eindrücke vom Festival veröffentlichen. Zu finden ist der Blog ab Anfang April unter redakteure.com/festival-blog

Festivaleröffnung: 23. April 2008 um 19.30 Uhr im Odeon Kino

Preisverleihung: 27. April 2008 um 19.30 Uhr im Filmforum im Museum Ludwig zuvor: CD-Release Konzert des Angelika Niescier Acoustic Quartett: Kammerjazz Spielorte: Filmclub 813, Filmforum im Museum Ludwig, Filmpalette, Metropolis und Odeon