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Seit 2004 verfolgt Ines Schaber in ihrer Arbeit die Idee eines »working archive«. In einer Reihe von Fallstudien, Texten und künstlerischen Projekten untersucht sie Aspekte des Archivs, die jedoch nicht das Sammeln und Ordnen von Dingen betreffen, sondern Möglichkeiten, aus der Konstellation des jeweiligen Archivs heraus dessen Wissensproduktionen zu befragen: Was fehlt den Archiven? Stößt man auf falsche Zuschreibungen? Wie beziehen sich Archive auf das Nicht-Sichtbare, das Undokumentierte, das Verschwundene – die vielen und vielfältigen Geister der Archive? Wie handhaben Archive die Krise des Dokuments, des Dokumentarischen und die Krise der Wahrheitsproduktion? »Ausgehend von der Annahme, dass das Archiv nicht nur ein Ort des Aufbewahrens, sondern auch ein Ort der Produktion ist, an dem sich unser Verhältnis zur Vergangenheit materialisiert und an dem sich unsere Gegenwart in die Zukunft einschreibt, verstehe ich das Archiv als einen Ort des Verhandelns und Schreibens.« (Ines Schaber) Oftmals ist der Ausgangspunkt ein bestimmtes Bild eines Archivs, das die Aufmerksamkeit der Künstlerin erregt oder das sie an etwas erinnert, zu dem sie (auch in Zusammenarbeit mit anderen KünstlerInnen und AutorInnen) recherchiert und um das herum sie eine Geschichte konstruiert, die sich jedoch nicht bestätigen lässt, weil die Personen, die darauf abgebildet sind, bereits verstorben sind und die offenen Fragen nicht mehr beantworten können (»Unnamed Series«, »Dear Jadwa«). In anderen Fällen finden sich widersprüchliche Angaben darüber, was auf dem Bild zu sehen ist (»Culture Is Our Business«), oder die ursprünglich mit den Bildern verfertigten Notizen und Kommentare wurden von den Bildern getrennt (»Picture Mining«). Ines Schaber besucht die Orte, an denen sich die Archive befinden oder Orte, an denen die Bilder entstanden sind, die sie aus den Archiven für ihre Arbeit »entwendet«. – An diesen Orten entstehen Landschaftsaufnahmen, die ihrerseits vom Verschwinden, vom Verschwundenen handeln; davon, dass Geschichte nicht repräsentierbar, sondern ebenfalls ein Gespenst der Gegenwart ist. Es ergeben sich also Fragen der verschiedenartigen Zirkulation von Bildern in verschiedenen Archiven, die unterschiedliche Lesarten bereitstellen oder für die überhaupt erst Leseweisen entwickelt werden müssen und für die sich immer die Fragen stellen: Wie lassen sie sich in unsere Gegenwart vermitteln? Was geschieht, wenn die Gespenster der Archive wieder zum Leben erweckt werden? In dieser Weise entwickelt Ines Schaber eine archivarische Praxis, in der eine Vielzahl von Problemen, die die Archive selbst hervorrufen, Teil eines Prozesses werden, der die künstlerische Praxis vorantreibt. So arbeitet Ines Schaber nicht primär über oder mit bestimmten Archiven, sondern verwandelt die Praxis an Archiven in eine Praxis künstlerischer Forschung. Für die Ausstellung bei Camera Austria, ihre erste institutionelle Einzelausstellung in Österreich, erarbeitet die Künstlerin neue Bezüge zwischen folgenden Serien der letzten Jahre: »Culture Is Our Business« (2004), »Picture Mining« (2006), »Unnamed Series« (mit Stefan Pente, seit 2008) und »Dear Jadwa« (2009).