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Die fünfte Ausstellung im KUNST RAUM NOE widmet sich einer Bestandsaufnahme junger Kunst in Prag. Der aus Italien stammende Kurator Alberto Di Stefano hat die Ausstellung konzipiert und KünstlerInnen aus seinem Prager Galerieprojekt FUTURA für die Wiener Schau ausgewählt.

PRAG 06 konzentriert sich auf die „Generation zwischen den Stühlen“, jene heute 25- bis 35-jährigen KünstlerInnen, die noch eine direkte Erinnerung an die Zeit „dazwischen“ haben, die Zeit vom Ende des Kommunismus und dem Umbruch bis zum plötzlichen Einzug der Globalisierung – es geht um Reaktion , um die Innenansicht.

Das Kulturvakuum und seine Überschwemmung Das in den Jahren des Umbruchs entstandene Kulturvakuum wurde von einer breitflächigen Konsuminvasion und neuen medialen Welten aufgefüllt. Selbst der privateste Bereich ist von neuen Werten und den daran aufgehängten Produkten überschwemmt worden. So bewegt sich auch der Pop-Art-Appeal dieser Ausstellung im Spannungsfeld der Konsumkritik, ohne jedoch deren Instrument zu werden. Die acht KünstlerInnen der Ausstellung lassen ihre eigene innere Welt auf den Druck der Außenwelt treffen.

Die letzte Generation, die in der Schule noch Russisch und schon Englisch lernte, versucht die Wirkung kultureller Phänomene zu lesen, die Prag und die anderen „neuen europäischen Hauptstädte“ in denkbar kurzer Zeit verändert haben. Durch die Linse des Häuslichen vermischen sich Erinnerung, Nostalgie, Rationalität und Ironie zu einer Struktur des Befindens.

Ein glückliches Leben leben, Pepsi trinken Die Videoarbeit True Story der Künstlerin Tereza P. Velíková gehört zu den eindringlichsten Stücken von PRAG 06. Es ist eine Liebesgeschichte und die Geschichte eines erfüllten Lebens, kompiliert aus Filmausschnitten, Werbespots und Fernsehserien. Die beiden Charaktere verändern damit laufend ihre Gestalt, werden älter, bleiben austauschbar. Ein Mann und eine Frau lernen sich kennen, gehen gemeinsam Essen, schließen eine Versicherung ab, trinken Pepsi: Sie leben ein glückliches Leben im Produktdschungel.

Auch Jan Nálevka hat einen Film gedreht, allerdings einen Abspann. Weiß auf schwarz, Filmmusik, Film-vorbei-Stimmung, doch Warenangebote statt Movie Credits – die Auffüllung des Vakuums par excellance. In Final Countdown bestehen die Darsteller und Macher gleichermaßen aus der Angebotspalette eines Supermarktes – eine Großprojektion mit Produktbeschreibung und Preis.

Mein Kühlschrank, meine Seele Viele der KünstlerInnen haben die Innenwelt sehr wörtlich aufgefasst und Interieurs und Möbel entworfen. Dazu gehört Jan Kadlecs Skulptur McBed: ein Bett mit riesigen Fast-Food-Logos als Endstützen. Ebenso Jan Jakub Kotiks Houses of the Holy: ein Sofa in Form einer Militärrakete mit klassizistischen Detailverziehrungen und englischen Jagdszenen als Stoffüberzug und Stil-Imitat des 19. Jahrhunderts – die Versatzstücke der materiellen Welt erschließen sich ihre eigene Historie.

Tereza P. Velíková hat Menschen – anhand des Innenlebens ihrer Kühlschränke – fotografisch porträtiert: Lebensmittel in Ordnung und Unordnung, unterkühlte Produktrealitäten. Im Kontrast dazu stehen ihre eigenen Familienporträts aus den 80er Jahren, denen auch die Kolorierung nicht die Blässe nimmt.

Das Wachsfigurenkabinett meiner Kindheit Der aus Russland stammende Vasil Artamonov, dessen Eltern ihm einst die hastige Abwanderung nach Prag als Urlaubsreise verkauften, rekonstruiert in seinen Gemälden den Zuschnitt, die Gegenstände, Pflanzen und Farben der Moskauer Wohnung seiner Kindheit: eine mediale Wand zwischen der Gegenwart und dem Trauma der Flucht.

Auch die Installation b/w von Eugenio Percossi stellt eine verblasste Erinnerung nach: die an das Wohnzimmer seiner Großmutter. Alles steht an seinem Platz, nichts davon wirkt echt – eine Stilfotografie in 3D, Erinnerungen an eine Vergangenheit, die wie Plastik anmutet.

Es stellen aus: Jan Kadlec, Jan Jakub Kotik, Anetta Mona Chisa & Lucia Tkáčová, Jan Nálevka, Eugenio Percossi, Michaela Thelenová, Tereza P. Velíková und Vasil Artamonov.

Der Prager Ausstellungsraum FUTURA wurde 2003 gegründet. Das Non-Profit-Unternehmen widmet sich der Promotion und Ausstellung zeitgenössischer Kunst und fungiert – ähnlich wie der KUNST RAUM NOE – als lokale und internationale Plattform für aufstrebende Künstlerinnen und Künstler.

Pressetext

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Innenansicht - PRAG 06
Kurator: Alberto Di Stefano, FUTURA Prag

mit Jan Kadlec, Jan Kotik, Anetta Mona Chisa & Lucia Tkacova, Jan Nalevka, Eugenio Percossi, Michaela Thelenova, Tereza P. Velikova und Vasil Artamonov