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Der 1972 in Graz geborene Künstler Tillman Kaiser bedient sich in seinen Arbeiten der Mittel der Collage. Durch die Neuzusammenstellung von Formen, Materialien und Inhalten verändert er deren Bedeutungszusammenhänge. Kaiser interpretiert die Formensprache von Kubismus und Futurismus neu und schafft poetische Werke, die trotz Zitaten und Bezügen erfrischend eigenständig und unverbraucht wirken. Für seine Intervention im Belvedere setzte Kaiser sich mit drei mittelalterlichen Skulpturen aus der Sammlung auseinander. Hans Klockers Figuren Maria und Josef aus einer Geburt Christi kontrastiert der Künstler mit moderner Technik, er ersetzt das fehlende Jesuskind durch ein Symbol zerstörerischer Gewalt: eine herabfallende Rakete - abgebildet auf einer Wandtapete hinter dem heiligen Paar. Abgewandt von dieser ungewöhnlichen Krippe platziert er die Figur des Thronenden hl. Petrus als Papst, eine meisterhafte Schnitzarbeit aus der Wiener Werkstatt Jakob Kaschauers. Kaiser nimmt den kunstvollen Faltenwurf des Papstgewands in der Pappkonstruktion des von ihm neu gestalteten und deutlich erhöhten Sockels auf und vereint so die Formensprache des 15. mit der des 21. Jahrhunderts. Dem hl. Petrus wird eine dunkle geometrische Skulptur mit dem Titel Schatten gegenübergestellt. Kaisers schwarz lackierte Objekte haben etwas Futuristisches an sich, zugleich erwecken sie aber den Eindruck, aus den 1920er- oder 1970er-Jahren entlehnt worden zu sein. Die Figuren erinnern an die furchteinflößenden Gestalten aus utopischen Filmen dieser Jahrzehnte. Das Motiv der fliegenden Rakete stammt von einer alten chinesischen Postkarte, einem „Objet trouvé“, das der Künstler auf einer seiner Reisen aufgespürt und in sein Archiv aufgenommen hat. Kaiser stellt das Bild hier aber auf den Kopf, sodass der Flugkörper nicht aufsteigt, sondern herabstürzt. Verherrlichung von Technik und Fortschritt als neue Religion oder archaisches Abbild eines unerbittlichen, brutalen Gottes? Kaiser überlässt dem Betrachter die Wahl.