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In Kooperation mit dem Van Abbemuseum in Eindhoven zeigt der Frankfurter Kunstverein ab Juni die erste umfangsreiche Werkschau des polnischen Künstlers Wilhelm Sasnal.

Obwohl die Werke Sasnals heute im Besitz zahlreicher internationaler Sammlungen, wie z.B. der Saatchi Collection und dem Centre Pompidou in Paris vertreten sind und durch Einzel- und Gruppenausstellungen international präsent waren, hatte man bisher selten die Gelegenheit einen umfassenden Einblick in sein Werk zu bekommen. Neben ca. 50 Gemälden – davon ca. 25 neue Arbeiten – werden im Frankfurter Kunstverein zum ersten Mal auch vier seiner im letzten Jahr entstandenen 16mm Filme gezeigt.

Wilhelm Sasnal gehört zu einer Generation polnischen Künstlern, die die jüngsten gesellschaftlichen Entwicklungen im kulturellen Kontext Polens reflektieren und dabei sowohl mit ihrer eigenen Geschichte, dem polnischen Kontext sowie einem ganz persönlichen Vokabular argumentieren. Das Medium Malerei spielt in den Arbeiten Sasnals eine wesentliche Rolle – er nutzt es mit all’ seinen klassischen Genre-Bezügen und zeigt gleichzeitig dessen Möglichkeiten und Grenzen als politisches Lexikon auf. Mithilfe der Malerei, dem darstellenden Medium par Excellence, interpretiert er die kulturelle und politische Transformation Polens seit den sechziger Jahren unter Verwendung u. a. popkultureller Referenzen wie Buch- und Plattencover sowie Bildern aus der Presse und Werbung. Dem Ansatz Sasnals liegt dabei die Untersuchung des kollektiven Gedächnisses seiner eigenen Generation – einer Gesellschaft, die in ihrer Vergangenheit gefangen ist und dabei trotzdem in die Zukunft blickt – zugrunde.

Malen wird bei Sasnal zu einer intellektuellen Übung und macht seine Arbeit dadurch herausragend: einerseits befriedigt er durch die darstellende und figurative Motivwahl kurzzeitig ein nostalgisches Bedürfnis des Betrachters nach Widererkennbarkeit und Repräsentation. Andererseits gibt er dem Betrachter durch die meist Bildbestimmende Isolation des Dargestellten die Verantwortung für eigene Erwartungen und Erklärungsmodelle selbst in die Hand. Die reduzierte Formenwelt und die emotionale Distanz, die Sasnals Bildern innewohnt, lassen nur anhand der Titel auf ein äußerst persönliches Vokabular schließen. Und genau dieses nicht Einlösen eines auf den ersten Blick entschlüsselbaren Bildes, ist Antrieb für Wilhelm Sasnal zu malen und dabei das Medium gleichzeitig zu unterwandern. So z.B. die beiden Arbeiten „Girl smoking (Anka)“ (2001) und „Girl Smoking (Peaches)“ (2001). Diese Malereien geben an sich keinen direkten Aufschluss über die Beziehung des Künstlers zu seinen Motiven; beide zeigen das Portrait einer jungen Frau mit Zigarette. Nur über den Titel lässt sich eine Beziehung zu Sasnals Frau, Anka, und zur Popsängerin „Peaches“ herstellen, deren Portrait von einem Plattencover übernommen wurde. Diese emotionale Ambivalenz kann hier als Reaktion auf die Überfrachtung des massenmedialen Bildvokabulars der Alltagskultur gelesen werden.

Die 2005 entstanden 16mm Filme „Marfa“ (26 Min.), „Nowa Huta“ (7 Min.), „River“ (15 Min.) und „Brazil“ (20 Min.) sind weniger als Ergänzung, denn als Fortführung seines malerischen Interesses zu verstehen. Alle vier Filme entstanden aus Footagematerial, das er während seiner letztjährigen USA- und Brasilienreise sowie in Krakau gefilmt hat. Zugrunde liegt ihnen ein verbindendes Interesse an popkulturellen Musikreferenzen sowie eine Faszination für subjektive Imaginationswelten ganz bestimmter Orte und Länder. „Marfa“ und „River“ beziehen sich explizit auf amerikanisches Clichés, während „Brazil“ fragmentarisch modernistische Architektur, soziale Kontrollmechanismen und südamerikanische Strandszenen zu einem Bild brasilianischer Moderne verknüpft. „Nowa Huta“ hingegen ist nicht in Amerika entstanden, sondern in einem gleichnamigen Stadtteil Krakaus, der vormals als prototypisches Modell sozialistischer Stadtplanung zählte. Bilder der Häuser und Straßen werden untermalt von tonlosen Untertiteln, die sich wie ein persönliches Tagebuch an die Bilder anschmiegen. In allen vier Filmen sind die darstellenden Bilder von einem malerischen – bisweilen poetischen – Kompositionswillen geprägt. Ebenso wie in den Malereien Sasnals beirrt auch hier das beschreibende Bild den Zuschauer mit dem gleichzeitigen Mangel and eindeutiger Lesbarkeit.

Wilhelm Sasnal wurde 1972 in Tarnów geboren. Er studierte an der Kunstakademie in Krakau und lebt heute in Paris und Krakau. Zuletzt waren seine Arbeiten im Van Abbemuseum Einhoven, Berkeley Art Museum, Staatsgalerie Stuttgart und der Prag Biennale zu sehen.

“Ist das Leben nicht schön?” wird gefördert durch die Hessische Kulturstiftung. Die Wilhelm Sasnal Ausstellung mit freundlicher Unterstützung von Dresdner Bank.

Pressetext

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Ist das Leben nicht schön?
Gruppenausstellung in 4 Kapiteln
Kapitel 2: Wilhelm Sasnal