Kunstsammlung Jena

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James Nachtwey ist der bedeutendste Kriegsfotograf unserer Zeit. Seit mehr als 20 Jahren hält er Bürgerkriege, Vertreibungen und Hungersnöte aber auch soziale Katastrophen in Bildern fest und folgt dabei offenbar jener Maxime, die Robert Capa zum Maßstab der Photographie erklärte: „Wenn deine Bilder nicht gut genug sind, warst du nicht dicht genug dran.” Kein anderer sah so viel Gewalt an so vielen Orten der Welt und kein anderer Fotograf kam so oft mit dem Leben davon: „Ich habe eben Glück gehabt” ist alles, was Nachtwey dazu sagt. Ob in den Waisenhäusern Rumäniens, den Bürgerkriegen in Sudan und Somalia, den Völkermorden in Bosnien und Ruanda, dem Vernichtungskrieg der Russen in Tschetschenien, in Afghansitan, Irak oder im Nahen Osten, James Nachtwey war immer dabei. Er zog mit Guerilleros durch Urwälder und über Gebirge, begleitete Regierungstruppen beim Kampf gegen wirkliche oder vermeintliche Terroristen und lieferte dabei Bilder unvorstellbaren Grauens, die als Illustration zu Dantes Hölle vorstellbar, jedoch als Dokumente unserer Zeit kaum ertragbar sind. Neben Bildern von archaischem Hass, apokalyptischem Leiden und kollektivem Blutrausch sind seine Bilder jedoch oft – und das unterscheidet sie wesentlich – durchsetzt von Zeichen fragloser Menschlichkeit. Gerade dadurch verortet Nachtwey die Apokalypse im Vorstellbaren, im menschlich Möglichen und beraubt den Betrachter – aber auch sich selbst – der Distanz. „Ich weiß, dass ich für meine Arbeit einen hohen Preis zahle”, sagt Nachtwey. „Viele Bilder verfolgen mich über lange Zeit. Die Jahre in den Kriegen haben mich trauriger und einsamer gemacht.” Andererseits sind Nachtweys Bilder deutlich und klar, beinah irritierend in ihrer Ausrichtung auf den entscheidenden Augenblick – ganz so, als hätte der Fotograf alle Zeit der Welt gehabt, um während der Kämpfe eine Inszenierung zu arrangieren. Dabei sieht der Betrachter wie dicht an der Schusslinie Nachtwey arbeitet, man spürt die unmittelbare Lebensgefahr aus jeder Haltung und Geste, jedes Gesicht der Beteiligten ist davon gezeichnet und oftmals ist es unfassbares, wortloses Entsetzen, welches der Trauer noch vorauseilt und in den Bildern konserviert bleibt. Dabei zählt oft jeder Moment, jede noch so geringe Reaktion entscheidet nicht nur über die Bilder, sondern auch über das eigene Leben. Wie viele andere große Photographen kam Nachtwey, der mittlere von drei Söhnen eines Angestellten aus Massachusetts, erst spät zu seiner Profession. Es war die Zeit des Vietnam Krieges als er am Dartmouth College in Neuengland Politik und Kunstgeschichte studierte und die Bilder des Briten Don McCullin die offizielle Darstellung des Krieges als Lüge entlarvten und einen wesentlichen Beitrag zu dessen Beendigung lieferten. Nachtwey war von diesen Bildern derart beeindruckt, dass sein Entschluss, Photograph zu werden, fest stand. Über mehrere Zwischenstationen, die sehr zielorientiert einander folgten, reiste er 1981 nach Dublin und liefert so überzeugende Bilder, dass diese sofort im Magazin Newsweek veröffentlicht wurden und daraus ein erster größerer Auftrag wurde. Fortan unternahm Nachtwey viele Reisen auf eigene Initiative und seine Bilder überzeugten die Art Direktoren der großen internationalen Zeitschriften und Magazine und wurden in großer Zahl veröffentlicht. Seine Auszeichnungen sind international und zahlreich, allein sechsmal wurde er in den USA Magazin-Fotograf des Jahres.

Wie in den ersten Jahren seiner Arbeit glaubt Nachtwey noch immer als seine Aufgabe als Augenzeuge, an die Wirkmächtigkeit seiner Bilder, die nicht nur in unser kollektives Gedächtnis eingehen, sondern auch Verantwortliche zum Handeln zwingen können. Somalia und Bosnien sind beredte Beispiele dafür. Inzwischen ist Nachtwey zum Veteranen seiner Zunft geworden. Ihm gelingen Bilder, die über den Tag hinaus wirken und er tut dies mit jener bescheidenen und stillen Gelassenheit eines Mannes, der tut, was er für richtig hält.

Pressetext

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James Nachtwey. Inferno
Fotografie
Ort: Galerie
Kurator: Erik Stephan