press release only in german

Jan De Cock hat für den Außen- und Teile des Innenraums der Schirn Kunsthalle Frankfurt erstmalig in Deutschland eine monumentale Arbeit geschaffen. Der 1976 geborene Belgier gehört zu den interessantesten Künstlern der jungen Generation. Nach einem bemerkenswerten Museumsdebut 2001 in Gent platzierte er auf der Manifesta 5 in San Sebastián in einer Bootswerft einen Aufsehen erregenden Bau. Das mit „Denkmal 2“ betitelte Werk fügte sich auf beeindruckende Weise in die beinahe filmreife Szenerie der stillgelegten Bootswerft in der Hafenbucht von Pasaia. Auch die Arbeit für die Schirn Kunsthalle ordnet sich in die vorhandene Umgebung – den Außen- und Innenraum der Schirn – ein, kommuniziert mit der vorhandenen Architektur genauso wie mit der sozialen Umgebung und stellt gleichzeitig Distanz zu ihr her. Jan De Cocks räumliche und zeitliche Eingriffe, deren materielles Erscheinungsbild an sachliche und funktionale Gebäude erinnert, gliedern sich stets in mehrere Stadien. Zunächst brechen massive architektonische Veränderungen den vorhandenen Raum auf. Aus Holz und anderen Materialien gefertigte Wand-, Boden- oder Deckenteile sowie ineinander verschachtelte Nischen und Kisten in minimalistischer Ästhetik lassen eine strenge, geometrische und doch geheimnisvolle, verführerische Landschaft entstehen, die in den Blick eingreift und ihn ständig neu organisiert. Der Entstehungsprozess der temporär begrenzten „Denkmäler“ wird am Ende in Form von großformatigen Fotografien wiederholt, die durch ihre Präsentation in Leuchtkästen wiederum in einen skulpturalen Kontext überführt werden.

Max Hollein, Direktor der Schirn Kunsthalle Frankfurt: „‚Denkmal 7, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Römerberg 7, Frankfurt am Main, 2005‘ ist eines von nur zwei Projekten, die 2005 von Jan De Cock realisiert werden. Das zweite wird im Herbst in London für die Tate Modern entstehen. Mit seinen Arbeiten provoziert Jan De Cock den Betrachter, Bekanntes und dadurch oft kaum mehr Wahrgenommenes durch den Filter seiner massiven Eingriffe in den öffentlichen wie institutionellen Raum neu zu sehen. Seine Arbeiten beziehen ihre Wirkung durch das Spannungsverhältnis zwischen subtiler Anpassung an die vorhandene Architektur und deren Inhalte und massiver Eigenbehauptung.“

Jede Produktion eines Denkmals wird von Jan De Cock in seinem Brüsseler Atelier mit seinem Team vorbereitet. Dieses fertigt die vergleichsweise kleinen seriellen Formen, einfache, mit Kisten vergleichbare Module, manche davon beidseitig mit Furnier überzogen, die später in die vor Ort entstehende Gesamtform eingebaut werden. Ebenso entstehen hier die bereits komplexeren und modellartigen Formen, die an die formalistischen Objekte der Minimal Art erinnern und im Kern das sind, wovon die Gesamtform, nämlich das jeweilige vor Ort entstehende Denkmal, handelt.

Das für die Schirn geschaffene „Denkmal 7, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Römerberg 7, Frankfurt am Main, 2005“ beschäftigt sich mit der Bedeutung der Kunstinstitution als solcher und deren Rekonversion. Das Werk ist en passant zugänglich. Vor der Schirn baut sich eine 12 x 12 Meter große Holzbox auf. Ihre Farbigkeit verweist auf die Umgebung: das Grün auf die spärlichen Pflanzen – jedoch ebenso auf eine Farbästhetik, die für den Künstler kennzeichnend ist –, das Rotbraun auf die Fassade des Doms, das Weiß auf die Ausstellungsräume der Schirn und den White Cube als Präsentationsrahmen für Kunst. Die Box hat zwei Eingänge. Durch den äußeren betritt der Besucher den als „Museum JDC“ angelegten Ausstellungsraum, in dem sich ihm eine labyrinthische Holzformation entgegenstellt. Sie zeichnet sich durch eine präzise mathematische Konstruktion aus dicht aneinander gestellten, gespiegelten und verschachtelten Raumelementen aus. Ein zweiter Eingang, der auch als zusätzliche Kasse der Schirn fungiert, verbindet den Ausstellungsraum des „Museum JDC“ mit den Räumen der Schirn, die über eine in die Installation integrierte Treppe erreicht werden können. Der Weg führt in die Rotunde, die durch ihren kreisrunden Grundriss einen architektonischen Gegenpol zum quadratischen Grundriss der Box bildet. In der Rotunde werden 30 großformatige Fotoskulpturen Jan De Cocks gezeigt. Der Besucher findet sich in einem Ausstellungsraum wieder, der jedoch durch seine durchgängige Glasfront, die den Blick in alle Richtungen freigibt, zum öffentlichen Raum wird. Während er vom öffentlichen Raum in den „privaten“ und präzise definierten Raum des „Museum JDC“ tritt, wird er im eigentlichen Ausstellungsraum wiederum in den öffentlichen Raum versetzt.

Von der Rotunde aus führt eine Tür in einen Raum, der mit mehreren Monumenten – so die Bezeichnung für Jan De Cocks Module – gefüllt ist und auf eine typische Ausstellungssituation von Kunst verweist, wie wir sie aus institutionellen Zusammenhängen kennen. Im Gegensatz zur Situation in der Box, die durch ihre dichte Konstruktion den Körper des Besuchers regelrecht umfängt, gehen die Monumente auf Distanz und aktivieren stattdessen die ebenfalls typische Wahrnehmung von Kunstgegenständen.

In Jan De Cocks Werk finden sich ebenso Anklänge an Donald Judds minimalistische Ästhetik und Behandlung des Raums wie an Marcel Broodthaers’ Hinterfragung des Kunstkontextes. Seine eindringliche und klare Formensprache sowie seine theoretische Auseinandersetzung mit der institutionellen Kunstpräsentation machen Jan De Cocks Werk zu einer der spannendsten Positionen im Bereich der Installation und Skulptur.

In den vergangenen Jahren hat Jan De Cock eine Reihe von großräumigen Arbeiten geschaffen, darunter „Denkmal 23II“ im Palais des Beaux-Arts in Brüssel, „Denkmal 9“ in der Henry van de Velde University Library in Gent oder „Denkmal 10“ im De Appel in Amsterdam. „Denkmal 1“, das Folgeprojekt der Frankfurter Arbeit, wird vom 9. September bis 12. November 2005 in der Tate Modern in London zu sehen sein. Ende 2005 wird ein umfangreiches Künstlerbuch mit einer Dokumentation beider Projekte erscheinen.

Pressetext

only in german

Jan De Cock DENKMAL 7
Kurator: Matthias Ulrich

09.09.05 - 12.11.05 Tate Modern, London: "Denkmal 1“, Folgeprojekt der Frankfurter Arbeit