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Die Kunstsammlungen Chemnitz präsentieren vom 30. Januar – 13. März 2011 den zeitgenössischen Konzeptkünstler Jan Dibbets. Zahlreiche internationale Ausstellungen belegen seine gestalterische Kraft. Die in der Ausstellung JAN DIBBETS. Horizons gezeigten Papierarbeiten stammen aus der Serie New Horizons/Land + Sea. Es sind hauptsächlich große Formate, die unterschiedlich angeordnet, ein Nebeneinander von Dünen- und Meerlandschaften zeigen und beim Betrachter tradierte Sehgewohnheiten entlarven. Nach 1997 ist es die zweite Einzelausstellung von Jan Dibbets, die in den Räumen der Kunstsammlungen Chemnitz präsentiert wird.

Jan Dibbets, der am 9. Mai diesen Jahres seinen 70. Geburtstag begehen wird, wurde 1941 in Weert (Niederlande) geboren. Von 1959-63 studierte er an der Kunstakademie in Tilburg, Niederlande und 1967 an der St. Martin's School of Art, London, wo er den englischen Land Art-Künstler Richard Long kennenlernte. Jan Dibbets zählt mit seinen Werken neben Mike Heizer, Dennis Oppenheim, Walter de Maria, Robert Morris und Robert Smithson zu den bedeutendsten Vertretern der Land Art. Einzelausstellungen in bedeutenden Museen hatte der renommierte Künstler u.a. im Stedelijk van Abbemuseum Eindhoven (1971), Museum of Modern Art Oxford (1977), Musée d´Art Moderne de la Ville de Paris (1980), Guggenheim Museum New York (1987), Witte de With Rotterdam (1996) oder im Miami Art Museum (2007). Dibbets war Teilnehmer der documenta 5 (1972), 6 (1977) und 7 (1982), sowie bei den Biennalen in Tokio (1970), Sydney (1979), Venedig (1972/88) und São Paolo (1983) vertreten. Von 1984 – 2004 hatte er zudem eine Professur an der Kunstakademie Düsseldorf. Als Künstler beschäftigt er sich seit Ende der sechziger Jahre mit natürlichen Landschafträumen als künstlerisches Gestaltungsmittel, mit dem Problem der Wahrnehmung, der Sinnestäuschung und der bildlichen Illusion. Seit 1968 ist Dibbets in der Kunstwelt bekannt durch seine Land Art-Realisationen zum Thema „Korrektur der Perspektive“. Beispielsweise zeichnete er 1969 mit Hilfe eines Bulldozers eine trapezoide Form in den Küstensand der Nordsee, die dann in einer Foto- und Videoaufzeichnung als Quadrat erschien. Aus diesen ersten Erfahrungen im Bereich der Land Art entwickelte Dibbets seine konzeptuellen Arbeiten – montierte Landschaftsfotos, in denen die künstlerische Auseinandersetzung mit Licht, Schatten und Perspektive im Mittelpunkt steht - heraus.

Die in den Kunstsammlungen Chemnitz gezeigten Arbeiten rufen zunächst einmal beim Betrachter eine Irritation hervor, denn der Horizont der abgebildeten Landschaften scheint aus dem Gleichgewicht zu geraten, da die auf Papier montierten Fotografien nicht wie gewohnt im rechten Winkel einen Wirklichkeits-ausschnitt präsentieren. Obwohl die Fotografien auf dem Bildträger schräg aufgebracht sind, wird der Horizont seinem Namen gerecht und bildet eine Horizontale. Bereits 1974 betonte Dibbets in einem Gespräch: „Horizont ist die schönste Linie, die es gibt, zwei- und dreidimensional gleichzeitig; sie hat auch keine Perspektive.“ Jan Dibbets fragt in seinen Werken nach dem Blickwinkel, aus dem heraus wir heute die Wirklichkeit wahrnehmen, er möchte die Möglichkeiten der Wahrnehmung von Wirklichkeit beim Betrachter erweitern. Die Serie New Horizons/Land + Sea von 2007 kombiniert in den gezeigten Arbeiten jeweils das Bild einer bis zum Horizont reichenden grünen Wiese mit dem eines tiefblauen, von Wellen aufgeschäumten Meeres. Beide zusammengefügten Landschaftsausschnitte haben einen in der Farbe ähnlichen wolkenlosen Himmel. Diese Fotos fügt Dibbets auf einem Blatt Papier so zusammen, dass die beiden Horizontlinien der Wiesen- und Meerlandschaft eine durchgehende Gerade ergeben. Mit Bleistift zeichnet er dann noch einen feinen Rahmen um die Arbeit. Die vordergründig dargstellte romantische Unendlichkeit der Landschaft verflüchtigen sich schnell. Denn diese Arbeiten sind als minimale Collagen von größtmöglicher Neutralität angelegt; Dibbets hat auf alles Störende und Schmückende verzichtet. Besonders das Werk Sectio Aurea C steht im Gegensatz zu den anderen Arbeiten aus der Serie New Horizons/Land + Sea. Hier sind die zwei Bilder leicht geneigt und ohne direktes Aneinanderstoßen auf das Papier aufgebracht. Dennoch entsteht in der Vorstellung des Betrachters automatisch ein durchgängiger Horizont. Der Titel Sectio Aurea, Goldener Schnitt, ist in der Kunstgeschichte ein Inbegriff der Ästhetik und Harmonie. Aber um ideale Proportionen und mathematische Verhältnisse geht es nur vordergründig. Was Dibbets hier zeigen will, ist das Verhältnis von Abbild und Abstraktion.

Dibbets zeigt uns in seinen Werken einen neuen Weg, indem er die Gegenpole Realismus, also Realitätsabbildung und Abstraktion untrennbar ineinander verzahnt. Das Gegenständliche kann zur Abstraktion werden, und ungegenständliche Elemente können sich als Abbilder von Wirklichkeit entpuppen, so der Grundgedanke der Ausstellung JAN DIBBETS. Horizons. Mit seiner Kamera betreibt Dibbets ein Art Vermessung der Erde im ursprünglichsten Sinn des Wortes, wobei die herkömmliche, perspektivische Darstellungsweise immer in Frage gestellt wird und neu durchdekliniert ist. Implizit thematisieren alle Arbeiten von Dibbets den fotografisch festgehaltenen Gegensatz von Wirklichkeit und deren konzeptueller Interpretation.

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Jan Dibbets
Horizons