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In ihrer ersten gemeinsamen Ausstellung zeigt die ACC Galerie Video- und Fotoarbeiten der Deutsch-Brasilianerin und des Brasilien-Amerikaners. In den letzten Jahren hat Janaina Tschäpe die Reflexion von Identität und Selbstdarstellung in den Vordergrund ihrer Kunst gestellt. Durch eine Art Verwandlungsakrobatik, die teilweise an die Arbeit von Cindy Sherman oder Matthew Barney erinnert, wird Tschäpes Körper zu einem Ort persönlicher Mythologien. Oft wird der Einfluss literarischer Fantasien sichtbar. Man erkennt Referenzen an Kafkas Metamorphose, eine romantische Sehnsucht, die an Novalis oder Goethe erinnert, als auch die poetische Resonanz des griechischen Mythos. Vor allem geht es um eine vielfältige Wahrnehmung von Identität, hybrid und allgegenwärtig, in der die Grenzen des "ich" offen und diffus bleiben, fragil und in ewiger Entwicklung. Traditionelle Bilder des Weiblichen werden dabei spielerisch durchleuchtet. Im Zentrum ihres Langzeit-Reiseprojekts Geography of Space, das 1999 im ACC vorgestellt wurde, steht ihr eigener Körper als physischer Ausgangs- punkt. Die Künstlerin erkundete Stationen einer globalen Ortlosigkeit, die Orte, Räume, Landschaften - Straßen, Hotelzimmer, Strände - ihres jeweiligen Aufenthalts. Indem sie sich dort auf den Boden legt, das Gesicht zur Erde, passiv wie eine Tote, in der Vorstellung, zu sterben, fühlt sie sich ein in ihre Umgebung, greift ein, markiert sie, verändert sie mit diesen Aktionen, die sie in großformatigen Colorprints festhält. In 100 Little Deaths, der Erweiterung von Geography of Space, zeigt Janaina Tschäpe Bilder einer Geographie der Erinnerung, visuelle Spuren einer Reisenden, deren Heimat letztlich nur ihr eigener Körper ist. Tschäpe spielt selbst die Hauptrolle. Sie liegt wie vom Blitz getroffen vor Türen, auf Terrassen, auf Treppen, gibt so einer romantischen Sehnsucht Ausdruck. Für eine weitere Serie hat sie Schauspieler engagiert, die vor wechselnder Kulisse in immer gleicher Pose aufgenommen sind: reglos in weißen Betten liegende Mädchen, mit Beinen, Rumpf und Armen in monströse Stoffröhren wie in Kokons gezwängte Frauen oder ein Mädchen im weißen Kleid, das in unendlicher Wiederholung ins Meer rollt, um wie Strandgut an Land gespült zu werden. Metamorphosen, die Wahrnehmung körperlicher Veränderungen hin zum Abstrusen, sind das Thema von Janaina Tschäpes konstruierten Grotesken.

Aus dem umfangreichen Œuvre des international beachteten, in New York ansässigen Brasilianers Vik Muniz zeigt die ACC Galerie signifikante Werke, die seine künstlerische Strategie veranschaulichen. Geboren 1961 in Sao Paulo, arbeitet und lebt er seit den späten 1980ern in New York. Zunächst arbeitete er als Bildhauer, doch interessierte sich schon sehr bald mehr für die fotografischen Reproduktionen seiner Skulpturen, bis er seine Aufmerksamkeit ausschließlich der Fotografie widmete. Er nutzt sein Interesse und Wissen um die Geschichte der Fotografie, um zu demonstrieren, wie wir als Bildbetrachter mit einfachen Mitteln (nicht dem Computer) von der Bilderwelt um uns herum in die Irre geführt werden können. Aus Zucker, Schokolade, Staub, Baumwolle oder Faden bestehen seine abfotografierten Arbeiten, die er low-tech illusions nennt. Ob Sigmund Freud, Che Guevara, Spaghetti Marinara, ein Gemälde von Courbet oder die Kunst der nordamerikanischen Minimalisten: Voll geistreichen Witzes und sprudelnd erfindender Schaffenskraft fällt Muniz fröhlich plündernd in den Bilderfundus der Medien und der Kunstgeschichte ein, um mittels gekonnter Verfremdung des jeweiligen Sujets in seinen trompe-l'esprit-Bildern unsere Wahrnehmung auf die Probe zu stellen und die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, was ein Bild eigentlich ist. Mit einer Nadel in Schokosirup auf einem Glasteller hat Vik Muniz ein Gemälde der französischen Romantik aus dem 19. Jahrhundert, Das Floß der Medusa, nachempfunden. Für die Ausstellung "The Things Themselves: Pictures of Dust at the Whitney Museum of American Art" (27. Januar bis 20. Mai 2001) ließ sich Muniz die Fotodokumentation einer 30 Jahre alten US-Minimalistenausstellung geben, vom Personal des Whitney Museums den Staub exakt der Museumsetagen sammeln, in denen sich das jeweilige Werk damals befand, fertigte damit eine Serie Staubbilder (Donald Judd etc.) als Remake der Dokumentationsaufnahmen an und fotografierte diese vergänglichen Arrangements schließlich, um sie wiederum großformatig im Whitney Museum of American Art auszustellen. Pressetext

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Janaina Tschäpe - Lacrimacorpus

und

Vik Muniz - Die Akte Weimar