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Jasmila Zbanic gehört zu jener bedeutenden Gruppe von FilmemacherInnen, die, als sie ganz jung waren und an der Akademie für Szenische Kunst in Sarajevo studierten, den Krieg gegen Bosnien-Herzegovina und ganz speziell gegen die Hauptstadt Sarajevo miterlebten und noch während des Krieges damit begannen, Filme zu machen.

Der institutionelle Rahmen, in dem Jasmila Zbanić ihre Filme zeigt, sind Ausstellungen oder Projekte mit zeitgenössischer Kunst und weniger das Kino. Der konzeptuelle Zugang bei Zbanić ist dokumentarisch und beruht auf umfassender Recherche. Ihr Thema ist der Krieg in Bosnien, der für die Filmemacherin und die Bevölkerung ganz allgemein nicht damit vorbei war, dass die Kämpfe und Angriffe auf die Zivilbevölkerung, die von 1992 bis 1995 dauerten, ein Ende hatten. Zbanić geht den Folgen des Krieges nach und zeigt an einzelnen Schicksalen, welche furchtbaren Folgen diese Geschehnisse bei den Menschen nach sich gezogen haben.

Im Rahmen der Ausstellungsprojekts in der Galerie im Taxispalais zeigt Jasmila Zbanic drei Filme: After, After (1997, Video, 16min), Red Rubber Boots (2000, 18min) und Images From the Corner (2003, 45min).

In After, After geht es um die Kriegstraumatisierung von Kindern in Sarajevo. Der Dokumentarfilm basiert auf der Frage „Wovor hast du Angst?“, die eine Psychologin Schulkindern stellt. Die Antworten zeigen, dass die Kinder auf grausame Weise psychische Verletzungen erlitten haben. Im Fall der siebenjährigen Balma, die Jasmila Zbanic in den Mittelpunkt ihres Filmes stellt, führte der Schrecken des Erlebten zu fast gänzlicher Verstummung. Jasmila Zbanic gelingt es, dem kleinen Mädchen eine Stimme zu verleihen und in knappen Szenen die Dimension der Tragik ihres kurzen Lebens sichtbar zu machen.

In Red Rubber Boots geht um die Suche einer Mutter, Jasna P., nach den sterblichen Überresten ihrer zwei Kinder, Amar (4 Jahre) und Ajla (9 Monate). Die Kinder wurden von der serbischen Armee während des Bosnienkrieges entführt und getötet und vermutlich in einem Massengrab beerdigt. Mit Hilfe der Staatskommission zur Suche nach vermissten Personen überprüft Jasna P. die zugänglichen Informationen, begleitet die Suchkommission und besucht alle Massengräber in der Hoffnung, die roten Gummistiefel zu finden, die ihr Sohn trug, als er entführt wurde und aus ihrem Leben verschwand, um endlich Gewissheit über das Schicksal ihrer Kinder zu haben.

In Images From the Corner (2003) greift Jasmila Zbanic die Geschichte von Bilja auf, die 1992 als Zwanzigjährige vor ihrem Wohnhaus in Sarajevo beschossen und verwundet wurde und ihren Arm verlor. Ein bekannter französischer Fotograf machte Aufnahmen von ihr, während sie blutete und dringend Hilfe benötigte. Er half ihr nicht, sondern fotografierte sie und wurde für das Foto berühmt. Was aber geschah mit Bilja?

Die filmischen Mittel und die filmische Sprache, die die Arbeiten von Jasmila Zbanic kenn-zeichnen, sind nicht nur durch das Medium Film geprägt, sondern auch durch ihre Arbeit mit Puppen- und Straßentheater sowie ihre literarische Tätigkeit; Jasmila Zbanic schreibt neben ihren Drehbüchern auch Geschichten und Texte für das Theater.

Jasmila Zbanic wurde 1974 in Sarajevo geboren, wo sie auch lebt.

Publikationen: Das Kind, die Frau, der Soldat, die Stadt; eine Sammlung von bosnisch-herzegowinischen Kurzgeschichten; Es gibt keinen Börek mehr, ein Theatertext; beide sind im Drava Verlag, Deutschland erschienen.