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Der Balanceakt zwischen Kunst und Ideal ist hierzulande gut bekannt. Das Fazit war, dass eine mit Kunst dekorierte sozialistische WeItmoral nur noch sich selbst zum Gegenstand hatte. Jenny Holzer begegnet dieser Gefahr mit Präzision und bedingungsloser Öffentlichkeit. Auch da, wo ihre Texte überraschen, bleiben die Ziele frei. „Heilige Schrift der Gegenwartskunst“ nannte Christian Kümmerling in einem Interview - wohl nicht ganz ohne Ironie - ihre Botschaften gegen Gewalt, Machtmissbrauch und Vergewaltigung. Als Fazit bleibt: Kunst findet wieder auf der Straße statt, vor allem da, wo man sie nicht erwartet und wo sie weh tut. Jenny Holzer war fasziniert und erschrocken von der Monumentalität des Leipziger Denkmals (errichtet 1913 in Erinnerung an den Sieg über Napoleon vor den Toren von Leipzig, Gesamtgewicht 300.000 Tonnen, Höhe 91 Meter). In seiner vaterländischen Totenklage steht es eigentümlicherweise ohne eigene Geschichte da. Linke und rechte Gesellschaften bedienten sich nach Belieben. Heute feiern die Traditionsvereine die Erinnerung an die „Völker-Schlacht“ mit Gulaschkanone und Platzpatronen. Eine Vorlage für die Künstlerin? Anscheinend ja, denn wo, wenn nicht hier, kann die Kunst die Aura des Ortes hinterfragen? Holzers Entwicklung begann mit abstrakter Malerei. Das Bedürfnis, konkrete Fragen zu thematisieren, ließ sie zur Sprache greifen. Es entstanden Texte, die sie anfangs auf Postern, Parkuhren und T-Shirts anbrachte. Sie glichen pseudo-klischeehaften „Truisms" (Binsenwahrheiten), die ähnlich Volksweisheiten wie Regeln, Laster und Tugenden wirkten. „Ich versuche sie zu teilen, bis sie so klingen, als seien es jahrhundertealte Redewendungen, dabei stammen sie von mir...“

Die Texte für die Leipziger Installation wurden von einem Hochenergie-Laser in hintereinander ablaufenden Blöcken von maximal 16 Zeichen auf das Denkmal projiziert. Die Verwendung der Lasertechnik hatte Jenny Holzer vor Jahren in Utrecht erprobt. Jetzt eröffnet die Künstlerin sich damit eine neue, „technische“ Phase ihrer Arbeit. Erneut ist Ton Timmermans von der Firma Laserpromotions ihr Partner. Die Typoskripte können bis auf 30 Meter vergrößert, gescrollt oder gedreht werden. Damit erzeugt Jenny Holzer ihr charakteristisches „out of the blue“, jene „Schrift von oben“ aus dem Nachthimmel, die sich den heroischen Mythen der Denkmalsfiguren entgegenstellt. Beleuchtung der Geschichte und deren Überschreibung für die Dauer der Darstellung erzeugen eine demokratische Polarität möglicher Urteile.

Völkerschlachtdenkmal Leipzig

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Jenny Holzer
KRIEGSZUSTAND
Kuratoren: Klaus Werner, Josef Filipp