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Mit dem Amerikaner Joe Scanlan (geb. 1961) hat ein weiterer Künstler für den großen, spektakulären Raum unter der Glaskuppel von K21 ein Langzeitprojekt entworfen, das auf die spezifischen Bedingungen dieses Raumes eingeht und sie auf seine Weise nutzt.

Das Konzept von Passing Through besteht aus zwei Teilen. Ein modularer, von Scanlan in Zusammenarbeit mit Lüderwaldt Verhoff Architekten entworfener Pavillon wird ausgewählte eigene Arbeiten, aber auch solche von anderen Künstlern präsentieren. Der Pavillon besteht nur aus drei Hauptelementen und ist in Leichtbauweise ausgeführt. Mit wenigen Handgriffen kann er in seiner Grundkonstellation verändert werden, sodass immer wieder andere Raumgefüge entstehen. Im Laufe der anderthalb jährigen Dauer des Projektes wird der Pavillon so durch regelmäßigen, partiellen Umbau langsam über die vier Flügel des Kuppelraums „wandern“. Dabei deutet eine subtile Spur auf dem Boden seinen bereits zurückgelegten Weg an. - Der Pavillon ist gleichzeitig Skulptur und funktionales Gehäuse, er kann ebenso für Kunst wie in Zukunft auch für andere sinnvolle Zwecke genutzt werden. Er nimmt die flanierende Bewegung des Besuchers im Kuppelraum auf, unterwandert so beiläufig seine eigene statische Natur und gibt den gezeigten Kunstwerken dennoch einen flexiblen Rahmen. Bewusst verschiebt er dabei den musealen Charakter in Richtung auf Präsentationsformen, wie man sie aus Messe- oder anderen Konsumarchitekturen kennt. Diese Angleichung an geläufige Formen der Wahrnehmung liefert die Kunstwerke jedoch nicht der Warenwelt aus, sondern nutz diese gleichsam als Kommunikationsform. Die Wahl bescheidener, aber klarer und eleganter Formen und Materialien gibt dem Pavillon eine ganz eigene Würde, die auf das scheinbare Paradox einer seriösen Kunst im Kontext der Ökonomie zielt.

Der zweite Teil des Projektes befindet sich im Zentrum des Dachraumes. Dort hat Scanlan eine große, freistehende Wand durch einen riesigen schwarzen Rahmen in die Projektionsfläche eines Tageslichtkinos im wörtlichen Sinne verwandelt. Der „Film“, der hier abläuft, ist das sich ständig verändernde Spiel von Sonne und Schatten, in dem die komplexe Stahlskonstruktion der Kuppel das zentrale Motiv ist. Eine Landschaft von bequemen Sitz- und Liegelemente lädt zum Verweilen ein, zum Luxus eines Schauens ohne Ziel. Wenn der Pavillon Bewegung und Veränderung in rationaler Weise anschaulich macht, bietet das „Kino“ sie als eher unbewusste Zustände zur Kontemplation an. In beiden Fällen aber sind es einfache architektonische Eingriffe ohne großen Aufwand, die als „vorübergehende“ (passing through) Strukturen das Sehen und Erleben beeinflussen.

Mit dem Projekt Passing Through setzt Scanlan seine in den achtziger Jahren begonnenen, vielgestaltigen Untersuchungen in den Zwischenräumen von Kunst, Design, Architektur sowie Ökonomie und Ökologie fort und schafft ein Instrument, das sowohl sein eigenes Werk als auch den Kuppelraum von K 21 in einem neuen Licht erscheinen lässt.

Joe Scanlan wurde 1961 in Stoutsville, Ohio, geboren, hat am College of Art and Design in Columbus, Ohio, Kunst studiert und kam Mitte der 80er Jahre nach Chicago. Zehn Jahre später zog er nach New York und lebt heute in New Haven, Connecticut, wo er an der Yale University School of Art lehrt. Seine in weitesten Sinne skulpturalen Arbeiten bestehen aus einfachen, alltäglichen Materialien, und ihre Herstellung folgt ebenso einfachen, handwerklichen bzw. kleinindustriellen Methoden. Viele von ihnen orientieren sich an funktionalen Gegenständen wie etwa Möbeln, die zwischen Gebrauchsgegenstand und Skulptur oszillieren. Scanlans Ausgangspunkt waren Arbeiten, die mit seinen unmittelbaren Lebensumständen zu tun hatten und der Regel des kleinsten ökonomischen Aufwandes folgten. Das Konzept des Do-it-Yourself ist bis heute nicht nur in technischer Hinsicht, sondern auch als Strategie künstlerischer Existenz unter den herrschenden gesellschaftlichen Bedingungen für ihn wichtig geblieben. Eine zweite wesentliche Leitlinie von Scanlans Arbeit ist die strategische Akzeptanz und Benutzung der Marktwirtschaft als gesellschaftlicher Kommunikationsform. In Erweiterung seiner künstlerischen Arbeit hat er zahlreiche Texte zur Kunst und zu allgemeinen kulturellen Phänomenen verfasst und Projekte zusammen mit anderen Künstlern ins Leben gerufen. Scanlan hat in vielen Museen und Galerien in den USA, in Europa und in anderen Teilen der Welt ausgestellt. Größere Einzelausstellungen fanden u. a. im Haus Lange in Krefeld, im Museum of Contemporary Art in Chicago, im Jewish Museum in New York, im Van Abbemuseum in Eindhoven, und in der Icon Gallery in Birmingham statt. Er nahm an der documenta IX in Kassel, der 12. Biennale von Sydney, an der 4. Shanghai Biennale und an zahlreichen sonstigen Gruppenausstellungen teil.

Joe Scanlan unterhält eine eigene, informative Website www.thingsthatfall.com Zur Ausstellung erscheint ein Katalog. Das Projekt Joe Scanlan – Passing Through entsteht in Kooperation mit M:AI, Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW.

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Joe Scanlan
Passing Through
in Zusamenarbeit mit Lüderwaldt Verhoff Architekten