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Mittwoch, 16. September 2015Vom 16. September bis 24. Oktober 2015 präsentiert die Galerie EIGEN + ART Berlin Jörg Herold mit einer Einzelausstellung. „Des Dokumentararchäologen Blick über Brandwunden Arkadiens" zeigt neue Werke des Künstlers.

Goethes Italienreise endete vor Kalabrien und Jörg Herold als Dokumentararchäologe auf den Spuren des Vergessens und Erinnerns „vollendete" diese Reise und reiste in diesem Jahr nach San Luca (Kalabrien, Italien). Es werden zwei Serien präsentiert: „Adaptionen zu Arkadien", in der Jörg Herold an die Romantik und die Italienreise Goethes anknüpft und parallel dazu eine zweite Serie in der das „Kulturlose und Barbarische" der mafiösen Strukturen in Süditalien in der Ausstellung thematisiert wird.

„Herr Goethe aus Weimar reiste gern und viel. Das Ziel seiner Leidenschaft war Italien. Auf klassischem Boden, im Land der Künste wollte er Klarheit über seine schöpferischen Kräfte erlangen. Dichter oder Maler sein. Er suchte und fand den Schlüssel zu seinem Paradies – Arkadien. Landschaft und Kunst in Vollkommenheit. Zwei Jahre querte Goethe sein Ideal: „Viel hatte er geträumt von dem Modell seiner Welterschaffung, wovon er so lange redete, woran er so gern anschaulich machen möchte, was in seinem Innern herumzieht" – hier fand er es, zeichnete und schrieb.

Generationen nach ihm folgten seinen Blick und sahen nur das Makellose. Dabei blieb jedoch ein Landstrich Italiens unbeschrieben und in Dunkelheit gehüllt. Herr G. mied den letzten Zipfel Italiens. Hinter Neapel war Schluss mit seiner Lust aufs Reisen. Im Räuberland Kalabrien, in den Bergen und Wäldern des Aspromonte herrschte Anarchie und Wildheit. Das Rohe, Ungeschliffene musste nicht entdeckt werden.

Den Süden Italiens mieden die vielen Bildungsreisenden, die Herrn G. folgten. In dieser dunklen Abgeschiedenheit entwickelte sich ein Männerbund, der 200 Jahre nach dem Besuch des Deutschen in Italien zu einer der mächtigsten und effektivsten kriminellen Organisationen der Welt heranwuchs, die 'Ndrangheta. Clans verschiedener Familien agieren heute verdeckt weltweit und vertreiben klassische Mafia-Produkte. Entführungen, Erpressung, Drogen, Geldwäsche sind profitable Geschäftszweige dieser prosperierenden dunklen Industrie.

Berlin 2015 2

Als 1973 der Milliardär-Enkel John Paul Getty III von der 'Ndrangheta entführt wird, schneidet man ihm ein Ohr ab, um der Forderung von 17 Millionen Dollar Nachdruck zu verleihen. Fünf Monate später kommt er frei und die 'Ndrangheta ist nun weltweit einer medialen Öffentlichkeit bekannt.

Nach einer Familienfehde richten 2007 in Duisburg Clanmitglieder sechs Kalabreser vor einem italienischen Restaurant hin und das Dorf San Luca im Herzen Kalabriens, aus dem einige Opfer und Täter stammen, rückt weiter in den Fokus der Journalisten. Über das Dorf, nun zur Schaltzentrale der 'Ndrangheta stilisiert, berichten die Medien nichts Gutes. Eine äußerlich archaisch wirkende Lebensweise bestimmt den Alltag der Bewohner. Frauen und Männer gehen getrennt ihrer Wege, Distanz zu Fremden. Nichts Einladendes lässt den Besucher länger hier verweilen. Der Reichtum, vermutet man, wird in den Häusern gehortet, Geld und Gold in Überfluss – eine Schatzkammer im Verborgenen.

An diesem Ort beginnt mein Projekt „Des Dokumentararchäologen Blick über Brandwunden Arkadiens". Ich setze mich hinweg, über die seit Jahrhunderten anhaltende Angst vor dem Kulturlosen, Barbarischen. Über das hartnäckig gepflegte Vorurteil über die kriminelle Energie der Kalabresen. Hier will ich Goethes Italienreise vollenden." - Jörg Herold