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Die belgischen Künstler Jos de Gruyter (1965 in Geel, lebt in Brüssel) und Harald Thys (1966 in Wilrijk, lebt in Brüssel) zeigen in der kestnergesellschaft eine neue, 168-teilige Fotoserie zusammen mit einem Video, das die Fotografien wie ein audio-visueller Rahmen umschließt. Unter dem Titel Objekte als Freunde inszenieren sie in einem raumgreifenden Ausstellungsdisplay eine in sich geschlossene Parallelwelt.

In ihrer mehr als 20-jährigen Zusammenarbeit haben de Gruyter & Thys zahlreiche Videos und Fotografien realisiert. Ihre Arbeit kreist obsessiv um zwei Pole: Zum einen um den Menschen, sein Verhalten in Gruppen und als Individuum; zum anderen um die Welt der Dinge, des Unbelebten. Das Duo setzt in seinen Arbeiten konsequent und kompromisslos auf präzise Inszenierungen von wenigen ausgewählten Elementen bis eine albtraumhafte, künstliche Welt vor den Augen des Betrachters entsteht. Die jeweilige Ausstellungsgestaltung begreifen sie als Teil ihres künstlerischen Werks: Wandfarbe, -texte und Stellwände werden zum Material für die perfekte Inszenierung von Räumen, die den Betrachter vollkommen einhüllen und ein Gesamtkunstwerk entstehen lässt.

So auch in zwei Hallen im Erdgeschoss der kestnergesellschaft. Auf 21 weißen Stellwänden werden insgesamt 168 Fotos präsentiert, deren Format und Farbigkeit so exakt übereinstimmen, auf denen jedes einzelne Staubkorn so genau wiedergegeben wird, dass die Präzision ins Unheimliche kippt. Vor dem mattgrauen Hintergrund sind gestochen scharfe Objekte zu sehen, die zu Stilleben gruppiert sind. Das Genre des Stillebens bezieht sich üblicherweise auf die Vergänglichkeit des Lebens und zelebriert dabei zugleich das Lebendige und Endliche – hier jedoch ist alles erloschen. Dinge wie Nippes-Figuren, ein ausrangierter Fahrradsattel, Perücken oder Tonklumpen stehen in einem unwirklichen, harten Schlaglicht, das schonungslos jedes Detail erfasst. Die Objekte stammen von Flohmärkten, aus 1-Euro-Shops und ähnlichen Sammelstellen für Abgelegtes, Nutzloses und Überflüssiges, dessen Ende in der Müllverbrennungsanlage bereits greifbar ist. Diese andere Seite der schönen bunten Warenwelt bildet seit Beginn des 20. Jahrhunderts Material für Künstler, angefangen von den Surrealisten bis hin zu Jason Rhoades, die ihre symbolischen und formalen Qualitäten ausloten. Eine weitere Zuspitzung erfährt die Inszenierung in der kestnergesellschaft durch ein Video, in dem eine nüchterne Computerstimme über Objekte und ihr Dasein in der Welt reflektiert. De Gruyter & Thys haben in ihren Videos eine Bildsprache entwickelt, die von großer Verlangsamung der Sprache und Gesten und der Arbeit mit Laiendarstellern in einfachen Settings geprägt ist. Zuletzt hat das Duo Schauspieler durch dilettantisch zusammengesetzte Styropor-Puppen ersetzt und damit einen Höhepunkt in ihrer Videokunst des Absurden erreicht. Die Ausstellung Objekte als Freunde erschafft nun ein metaphorisches Porträt einer Welt der Dinge, in der Menschen nicht mehr vorkommen.

Nach ihrer Teilnahme an der 5. berlin biennale (2008), der Baseler »Art Unlimited« (2010) und Einzelausstellungen unter anderem in der Kunsthalle Basel (2010), würdigt die kestnergesellschaft das Schaffen von Jos de Gruyter und Harald Thys mit ihrer ersten institutionellen Einzelausstellung in Deutschland, sie wird danach im Culturgest (Porto, Portugal) und im Provincial Museum voor moderne Kunst (Ostende, Belgien) zu sehen sein. Parallel zur Schau in Hannover findet eine Ausstellung von de Gruyter & Thys im Neuen Aachener Kunstverein statt.

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Harald Thys / Jos de Gruyter
objekte als freunde
Kuratorin: Kathrin Meyer