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Mit der Ausstellung José Enguídanos präsentiert DIE GALERIE die erste umfassende Einzelausstellung des spanischen Künstlers (*1962) in Deutschland.

Geboren 1962 im kastilischen Albacete, durchlebt José Enguídanos zunächst eine schwierige Jugendzeit, die von Gewalt, Rebellion gegen die gesellschaftlichen Zwänge im Spanien der 1970er Jahre und der politisch-utopischen Idee der Revolution geprägt ist. In der Endphase der Franco-Diktatur, die erst mit dessen Tod 1975 und der anschließenden Verabschiedung der konstitutionellen Monarchie endet, tritt Enguídanos in die Jugendparteigruppe der extremen Linken ein. Erst Mitte der 80er Jahre verliert er diesen starken ideologischen Bezug – stattdessen findet er seinen tatsächlichen Ausweg aus dieser fortwährenden persönlichen Sinnsuche in der ernsthaften Hinwendung zur Kunst.

1984 erhält er ein Stipendium für aktuelle Kunst des renommierten Circulo de Bellas Artes in Madrid. Regelmäßige Teilnahmen an Biennalen und Gruppenausstellungen folgen, die erste museale Einzelausstellung wird ihm 1998 im Stadtmuseum seiner Heimatstadt Albacete gewidmet. In den darauffolgenden Jahren realisiert er zahlreiche Präsentationen seiner Werke u.a. in Barcelona, Granada, Málaga, Pamplona, Alicante, Marbella und Madrid. José Enguídanos lebt und arbeitet in Albacete. Seine Werke sind in zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen zu finden, u.a. seit 2001 in der berühmten Sammlung der Fundación La Caixa in Barcelona.

In der logischen Konsequenz dieses nationalen Erfolgs zeigt DIE GALERIE nun in Frankfurt am Main erstmals auch auf internationaler Ebene einen breiten Überblick über das künstlerische Schaffen des renommierten spanischen Malers.

In den rund 50 ausgestellten Exponaten aus den Jahren 2002 – 2009 offenbart sich Enguídanos‘ individuelle poetische Bildsprache, die der Künstler in der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Traditionen der Kunstgeschichte entwickelt hat. In seinen magisch anziehenden Landschaften finden sich Anklänge sowohl der metaphysischen als auch der impressionistischen Malerei, gleichwohl wecken sie Assoziationen zu den wegweisenden Malstilen des italienischen und spanischen Barocks.

Fern jedoch von Eklektizismus und programmatischem Avantgardismus, überführt Enguídanos gängige Ikonen und Symbole unterschiedlicher Kulturen in seine vollkommen eigene Bildsprache. Mit ihren besonderen Lichtkompositionen, stillen Landschaften, leeren Gebäuden, mysteriösen Figuren und einsamen Tiergestalten wirken seine Darstellungen traumhaft und gleichzeitig doch auch eigentümlich bekannt, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft werden fast unmerklich miteinander verknüpft. Hier verschmelzen surreale, aus persönlichen Träumen generierte Visionen mit Abbildern der Wirklichkeit zu einer eigenen, subtil ironisch dargestellten Bildwelt. In ihr tauchen nur selten menschliche Figuren auf, dennoch bleibt sie anthropomorph, ihre Abwesenheit ist allgegenwärtig. So steht im Zentrum seiner Bilder vor allem das Verborgene, das Unsichtbare, das Atmosphärische. Seine dargestellten Landschaften vermitteln eine Lautlosigkeit und rätselhafte Verlorenheit, die den Betrachter magisch in den Bann zieht.

In einigen der jüngeren präsentierten Werke zeichnet sich darüber hinaus eine neue spannende Entwicklung im Schaffen von José Enguídanos ab. Seit 2008 fertigt er seine Arbeiten zunehmend auch in helleren und leuchtenderen Farben, die Kompositionen bestehen aus wenigen, dabei aber strenger begrenzten und klar kontrastierenden Farbfeldern. Diese stark verfremdeten Darstellungen vermitteln einen weitaus surrealistischeren Eindruck als seine früheren Malereien.

Das Stilmittel des Lichts als extremes kompositorisches Element, die Verwendung von Licht und Schatten – Sol y Ombra –, spielt für Enguídanos eine entscheidende Rolle, um seinem zentralen Thema, der Verbildlichung von imaginären Stimmungen durch die allgegenwärtige Präsenz des Abwesenden, den gesuchten Ausdruck zu verleihen. Er setzt dieses Moment bewusst ein, um seine eigene Bildwelt in magisch traumhafte Inszenierungen zu verwandeln. Enguídanos‘ individueller Stilfindung, die diese dezidierte Verwendung von Lichteffekten einschließt, liegt offensichtlich eine profunde Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Strömungen in der Kunstgeschichte zugrunde. So sind Anklänge zur Malerei des Impressionismus unübersehbar, zuweilen werden auch Assoziationen zu Turners sfumato wach, ohne jedoch in übertriebene Nachahmungen des Romantizismus abzugleiten. Darüber hinaus ist es neben Einflüssen des chiaroscuro eines Caravaggios vor allem das Werk des berühmten spanischen Künstlers Francisco de Goya (1746-1828), von dem Verknüpfungen zu José Enguídanos‘ zeitgenössischer Kunst gezogen werden können:

Bereits 1791 rüttelte Francisco de Goya in seiner Schrift Über das Wesen der Kunst zwar nicht an der Vorbildhaftigkeit der über alles hochgeschätzten Natur, aber er will das Credo ars imitatio naturae, nach dem Malerei ihren Sinn und ihr Ziel nur darin finden könne, die Naturvorgaben akademisch zu imitieren, nicht länger anerkennen. Er fand vielmehr in den künstlerischen Techniken die Freiheit und die idealen Ausdrucksmöglichkeiten zur Darstellung der Natur, die ihn immer wieder faszinierten: Konzentrierung auf Hell-Dunkel-Effekte, reiche Skala von Grauabstufungen, Suggestionskraft von Schwarz und Weiss.

In diesem Zusammenhang zeigt DIE GALERIE innerhalb der Ausstellung José Enguídanos in direkter Gegenüberstellung zu dessen zeitgenössischen Arbeiten Francisco de Goyas weltberühmtem Stierkampfzyklus LA TAUROMAQUIA.

Entstanden nach den Napoleonischen Kriegen etwa zwischen 1814 und 1816, gelingt Goya mit dieser 40 Aquatinta-Radierungen umfassenden Serie erstmals der Wandel der bis dato eher folkloristisch anmutenden Stierkampfzeichnungen in Spanien in die Moderne. Erstmals haben die dargestellten Szenen einen packenden Reiz, werden die in der Arena so entscheidenden Wirkungen von Licht und Schatten – Sol y Ombra – gestalterisch genutzt. Spannung und Dynamik, Grausamkeit und Mut fließen zusammen und werden einzigartig gesteigert durch das ‚blendende Sonnenlicht und die tiefen Schatten der Arena‘ (A.E. Pérez Sánchez). Mit dieser starken räumlichen und atmosphärischen Wirkung hat Goya etwas völlig Neues geschaffen, das weit über seine Epoche hinauswies. Sein Ruf als einer der wichtigsten Wegbereiter der modernen Malerei ist ungebrochen, Parallelen sind bis heute durchaus erkennbar. Seinem Einfluss selbst in der jungen zeitgenössischen Kunst Spaniens nachzuspüren, ist gerade am Beispiel José Enguídanos‘ besonders reizvoll.

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Jose Enguidanos
Francisco de Goya. La Tauromaquia