press release only in german

Just a Line | Giovanni Morbin & Slaven Tolj
08.09.2018 – 13.10.2018

Eröffnung & Performance: Samstag, 08.09.2018 18:00
Galerien-Frühstück: Freitag, 28.09., 10:00 – 13:00

Die beiden Performancekünstler Giovanni Morbin und Slaven Tolj beschäftigen sich mit markanten kulturellen Zeichen, Symbolen und Reisen. Just a Line beleuchtet verschiedene Perspektiven zu diesem Thema. Beide Künstler teilen einen konzeptuellen Ansatz und haben sich auf ganz unterschiedliche Weise mit der Linie beschäftigt, sie definiert, sie herausgefordert und reflektiert.

Eine Linie kann folgendermaßen definiert werden: Sie ist eine Markierung, die zwei Punkte oder einen geraden Weg verbinden kann, sie kann endlos sein, aber auch zwei Punkte teilen. Eine Linie kann eindimensional, zweidimensional oder dreidimensional, abstrakt, beschreibend oder implizit sein und kann in Breite, Richtung und Länge variieren.

Morbin und Tolj stammen aus unterschiedlichen Kulturkreisen (Italien / Kroatien), sind aber gleich alt, beide beziehen sich auf die moderne Geschichte und die Folgen, die durch politische Strukturen und wirtschaftliche und private Veränderungen entstehen. In unserer heutigen Gesellschaft wird die Vorstellung von Grenz(linien) als geographische Abgrenzungen mit politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen häufig diskutiert. Morbin befasst sich direkt mit dem vielschichtigen und komplexen Thema der Linie zu den Grenzen, während Tolj sich mit Fragen der Entfernung und emotionalen Verbindungen auseinandersetzt.

Die Arbeit von Giovanni Morbin warnt uns davor, was passiert, wenn Grenzen geschlossen werden und auf welche Weise Grenzen gezogen werden können. Seine raumgreifende kinetische Readymade-Installation in der Galerie beinhaltet all diese Themen. An der Hauptwand der Galerie sehen wir das Performance-Video "Il confine è originale al transito" (1) - ein quasi überwältigter und leiser Laufsteg zwischen Italien und der Schweiz (Simplonpass). Die dreizehn Performer mit unterschiedlichem nationalem und kulturellem Hintergrund (Immigranten) hatten so die Möglichkeit, die Grenze legal zu passieren. Die während der Show / Performance getragene Kleidung wurde in Zusammenarbeit mit dem Modedesigner Giovanni Donadini (Canedicoda), mit den zur Verfügung gestellten Stoffen von Bonotto SpA in einem Workshop in der Fabbrica del Vapore entworfen und produziert. Jedes Kleid ist eine Hommage an die Einwanderungsgeschichte des einzelnen Performers. Anhand von einem bearbeiteten antiquarischen Buch und einer alten Fotografie / Collage beleuchtet Giovanni Morbin eine Zeit, die ohne ihn stattgefunden hat. Er zeigt uns die Linie, die das faschistische Symbol verherrlicht. Minimalistisch und leise verweist er auf die Gefahr des neuen Aufstiegs der rechtsextremen Parteien in ganz Europa.

Im anderen Galerieraum sehen wir an der Hauptwand eine minimalistische, ziemlich einfache wirkende Installation namens Daljina von Slaven Tolj. Er platzierte an jeder Stelle der Galeriewand zwei Fotografien eines Steinbodens, einer stammt aus Rijeka (MMSU) und einer aus Dubrovnik (Lazareti). Diese Kunstwerke sind mit einem braunen Klebeband verbunden. Die Linie ist 4,2 Meter lang und repräsentiert die Entfernung (Daljina) zwischen Rijeka und Dubrovnik (420 km).

Tolj überschreitet zeitliche Grenzen / Linien und die Grenzen der Erinnerung, sobald er sich mit seiner Vergangenheit und Gegewart beschäftigt. Aber um seine gezogene Linie zu verstehen, muss man mehr über Toljs Leben wissen, zwei gegensätzliche Situationen - Tolj die kollektive Ikone und der Held und Slaven der geschlagene Mann, der versucht ein neues Leben in Rijeka aufzubauen.

Tolj lebte und arbeitete sein ganzes Leben lang in seiner Heimatstadt Dubrovnik. Er hat viele Geschichten, die in Dubrovnik stattgefunden haben, zu erzählen, - vom Krieg bis zur spätere touristische Hochblüte. Tolj beschäftigte sich mit sozialen und politischen Themen und kämpfte die ganze Zeit für seine Stadt. Slaven Tolj hat 1988 Lazareti in Dubrovnik mitbegründet, eines der aktivsten Kunstzentren in Kroatien, das sich auf die Interaktion zwischen zeitgenössischer Kunst und sozialem Wandel konzentriert. Seine persönliche Beziehung zu diesem Ort wird durch eine ikonische Performance 2004 unterstrichen, er tätowierte sich das Logo von Lazareti auf seinem linken Oberarm.

2013 hatte er genug und war des Kämpfens müde. Er verließ Dubrovnik und wurde Direktor des MMSU in Rijeka und eröffnete ein neues Kapitel in seinem Leben. Er ging allein dorthin, seine geliebte Familie (Frau und Kinder) blieb in Dubrovnik. 2013 tätowierte er auf seine linke Schulter das Logo des Museums von Rijeka, genau wie vor langer Zeit mit dem Logo von Lazareti.

In der Fotoserie Ulica Branimira Markovića (UBM) finden wir ein leeres, trostloses Apartment in Rijeka vor und öffentliche und private Linien werden vermischt. Tolj stellt sich einen generationenübergreifenden Dialog, der seine bewegende Geschichten über Jahrzehnte reflektiert, eine Meditation über Identität, Familie, Intimität, menschliche Verletzlichkeit und Einsamkeit. Tolj versucht, die Linie zu verstehen und zu verbinden, aber die Linie ist unendlich lang.