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Katharina Grosses Werk prägt ein anarchischer Impuls. Seit Anfang der 1990er Jahre arbeitet sie an einer Bildform, die keine festgelegten Grenzen und Hierarchien mehr kennt. Für die Temporäre Kunsthalle Berlin hat Grosse einen neuen Werkkomplex entwickelt. Der Titel der Ausstellung “shadowbox” erlaubt vielschichtige Assoziationen: vom Schattenboxen oder einer Art Negativform des White Cube bis hin zum Display.

Vier überdimensionale, gewölbte Ellipsen stehen sich, an die Innenwände der Kunsthalle gelehnt, gegenüber. Die Vorderseiten der schweren Bildträger aus laminiertem Hartschaum sind perforiert oder eingeschnitten und mit Grosses charakteristischer Spraymalerei überzogen. Sie sind rundum begehbar und geben den Blick auf die tragenden Wände frei. Die skulpturalen Formen ragen bis fast unter die neun Meter hohen Deckenbalken der Kunsthalle. Es geht, laut Grosse, nicht um Farbe, spektakuläre Raumerfahrungen oder Performance, sondern darum, einen performativen Denkraum zu eröffnen, in dem jeder die Wirklichkeit anders wahrnehmen kann: ohne Gut und Böse, ohne Hierarchien, ohne Grenzen. Die ”shadowbox” ist ein offenes System. Das Malen, Denken und Handeln darin bedeutet, dass es keine Wirklichkeit mehr gibt, die wirklicher ist als die Möglichkeit. Damit aktualisiert sich die Wirklichkeit in den Möglichkeiten jedes Einzelnen zu jeder Zeit.

Das Publikum wird so in ein ästhetisches Geschehen eingebunden, in dem Erfahrungsqualitäten von Architektur, Skulptur und Tafelbild in einem Objekt zusammenlaufen. Imagination und Tatsachen, Illusion und Abstraktion, Möglichkeiten und Wirklichkeiten bilden hier also keine entgegengesetzten Prinzipien mehr. Und gerade ihre Koexistenz macht Grosses künstlerisches Werk auch im größeren gesellschaftlichen Rahmen relevant. Denn es bietet der Wahrnehmung – und der Erkenntnis – einen Erfahrungshorizont jenseits fester Vorstellungen und eindeutiger Kategorien, mentaler und sozialer Stagnation. Dem Glauben, wir müssten unsere Vorstellungen von der Welt und von uns selbst auf unerschütterliche Grundsätze zurückführen, widerspricht Grosses Kunst eindrucksvoll.

Katharina Grosse (geb. 1961 in Freiburg/Breisgau) lebt und arbeitet in Berlin. Ihre raumgreifenden Installationen waren in umfangreichen Einzelausstellungen zu sehen, u.a. in FRAC Auvergne, Clermont-Ferrand (2008); Museu de Arte Contemporânea de Serralves, Porto (2007), Renaissance Society, Chicago (2007); De Appel, Amsterdam (2006); Palais de Tokyo, Paris (2005); Magasin 3 Stockholm Konsthall (2004); Berlinische Galerie (2003); Städtische Galerie im Lenbachhaus, München (2002). In diesem Jahr wird sie außerdem im Neuen Museum Nürnberg und im Museum for Moderne Kunst, Arken ausstellen. Zudem nahm sie an wichtigen Gruppenausstellungen teil, wie Berlin-Tokyo/Tokyo-Berlin. Die Kunst zweier Städte, Neue Nationalgalerie / Mori Art Museum (2006); Taipei Biennial (2006); deutschemalereizweitausenddrei, Frankfurter Kunstverein (2003); 25th Bienal de São Paulo (2002). Katharina Grosse ist Trägerin des Fred-Thieler-Preis 2003 und hat seit 2000 eine Professur an der Kunsthochschule Weißensee in Berlin inne.

Die Ausstellung wird kuratiert von Dr. Katja Blomberg, Direktorin des Haus am Waldsee, Berlin und seit 2007 Mitglied des Künstlerischen Beirats der Temporären Kunsthalle Berlin.

Zu der Ausstellung wird ein Katalog im Verlag der Buchhandlung Walter König, mit Texten von Katja Blomberg, Laura Bieger, Antje Dietze, Uta Degner, Alexander Koch und Gerd G. Kopper publiziert. Erscheinungsdatum: 27. April 2009

Zudem erscheint anlässlich der Ausstellung in Zusammenarbeit mit der Königlichen Porzellan Manufaktur Berlin eine Edition von Katharina Grosse.

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Katharina Grosse - shadowbox
Projekt für die Temporäre Kunsthalle Berlin
Kuratorin: Katja Blomberg