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Die Einzelausstellung „Stendhal Syndrome” bei Circle Culture Gallery stellt einen Höhepunkt im künstlerischen Schaffen von Katrin Fridriks dar. Der Titel bezieht sich auf ihre Arbeit „Perception of the Stendhal Syndrome”, die hier erstmalig zu sehen ist.

Die raumgreifende Installation ist das zentrale Ausstellungsstück und verweist zugleich auf Fridriks grundlegendes künstlerisches Konzept, sich existenziellen Fragen mittels ästhetischer Erfahrung zu nähern: In „Perception of the Stendhal Syndrome” konvergieren die vorangegangenen Untersuchungen der Künstlerin zur menschlichen Erfahrung von Raum und Zeit. Dieser Wahrnehmungsprozess ist für Fridriks eng mit einem grundsätzlichen Gefühl der Ehrfurcht vor der Erhabenheit der Natur und dem Leben an sich verbunden. Es ist die überwältigende Landschaft ihres Heimatlandes Island, die Fridriks dahingehend nachhaltig beeinflusst hat.

Gemälde vermitteln in ihrer Intensität den Moment einer Eruption, ohne eine solche direkt darzustellen. Auch wenn die Farbe an der Leinwand haftet, so scheint sie doch nur kurz innezuhalten, um sogleich weiter zu wirbeln und über die Begrenzung des Trägers hinaus in den Raum des Betrachters zu fließen. Ihre ausgefeilte Technik ermöglicht es Fridriks mehr als eine bloße Momentaufnahme darzustellen, sie fängt die Geschwindigkeit der malerischen Geste ein und ruft damit ein Gefühl von Bewegung hervor. Auf einer abstrakten Ebene bezieht sich die Künstlerin damit auf den historischen Zeitpunkt der Entstehung des Universums aus einer ursprünglichen Singularität: den Urknall, als konstitutives Ereignis.

Die Installation „Perception of the Stendhal Syndrome” umfasst eines der großformatigen Gemälde aus der Serie „Gene & Ethics” (280 x 180 cm) und eine speziell angefertigte, skulpturale Lupe (170 cm Höhe), die vor der Leinwand von der Decke hängt. Obwohl sie am Ende des Galerieraums platziert ist, treten durch die Lupe kleinste Details des dichten und vielschichtigen Gemäldes in den Vordergrund, die zu ephemeren Bildern in dem runden, silbernen Rahmen der Linse werden. Jeder Besucher sieht somit ein komplett anderes Bild, wenn er sich der Arbeit nähert, da die kleinste Änderung der Perspektive den Gesamteindruck grundlegend verändert. Die Installation erlaubt gleichzeitig einen Blick auf das Gemälde aus der Mikro- und Makro-Perspektive und vermittelt damit den Umfang von Fridriks’ künstlerischer Fertigkeit. Im Zentrum von Fridriks’ Interesse steht vor allem der flüchtige und verwirrende Charakter der ästhetischen Erfahrung vor Bildern.

Der Titel der Ausstellung „Stendhal Syndrome” bezieht sich auf eine psychosomatische Störung, die durch eine überwältigende ästhetische Erfahrung beim Betrachten eines Kunstwerkes hervorgerufen wird. Erstmalig beschrieben wurden die Symptome von dem französischen Schriftsteller Marie-Henri Beylem unter seinem Pseudonym Stendhal, der sein Erlebnis beim Besuch der Basilika Santa Croce in Florenz im Jahre 1817 folgendermaßen schildert: „Ich war in Bewunderung der erhabenen Schönheit versunken; ich sah sie aus nächster Nähe und berührte sie fast. Ich war an dem Punkt der Begeisterung angelangt, wo sich die himmlischen Empfindungen, wie sie die Kunst bietet, mit leidenschaftlichen Gefühlen gatten. Als ich die Kirche verließ, klopfte mir das Herz. Mein Lebensquell war versiegt, und ich fürchtete umzufallen.“ Auf die Möglichkeit solch einer intensiven Erfahrung, hervorgerufen durch die Wirkungskraft eines Kunstwerks, verweist Fridriks mit ihrer Installation.

Basierend auf chemischen und technischen Experimenten mit verschiedenen Farben und einem choreografischen Akt der Malerei hat Fridriks einen unverwechselbaren künstlerischen Ausdruck entwickelt. Die fluide und organische Qualität ihrer Malerei begründet sich in dem Zusammenspiel von Medium, Timing und dem Körper der Künstlerin, die sich während des Malens frei um die am Boden liegende Leinwand bewegt. Die ausgestellten Arbeiten vereint der Aspekt, dass sie auch den Akt des Malens an sich präsentieren. Ein Ansatz, den Fridriks in der Serie „Silver Awareness“ weiterentwickelt. Auf der 20 Zentimeter dicken Leinwand mit silberner Oberfläche tritt die Farbe in ihrer Materialität hervor und lässt das Bild zum Objekt werden.

Seit über einem Jahrzehnt experimentiert Katrin Fridriks mit den verschiedenen Elementen der Malerei. Nach und nach entwickelte sie daraus ihre genuine Maltechnik. Auch ihre frühen Werke der Land Art, wie die farbige Intervention in einer schwarzen Sandstein-Landschaft für die Arbeit „Energy Flow“ (2002), sind Teil dieser Entwicklung. Aktuell manifestiert sich Fridriks' Umgang mit Malerei sowohl in ihrem Fokus auf der Vergrößerung ihrer charakteristischen Tropf-Effekte, wie in der Installation „Noble Messenger” (2014), als auch in ihren architektonischen Kompositionen auf Leinwänden in der Serie „Riding Awareness” (seit 2013).