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KUB-Arena

Das zweite Projekt im neuen Programm der KUB-Arena setzt sich mit Handlungs- und Repräsentationsformen performativer künstlerischer Praktiken auseinander. Fünf international arbeitende KünstlerInnen, Ruth Buchanan, Simon Fujiwara, Suchan Kinoshita, Falke Pisano und Ian White, wurden eingeladen, die KUB-Arena für prozessorientierte Anordnungen zu öffnen, in denen Performance sich als ästhetische wie begriffliche Herangehensweise artikuliert. Mit einer Vorstellung der jeweiligen Beiträge als unterschiedlicher Stadien einer gemeinsamen Fragestellung wird eine diskursive wie formale Annäherung an Performancekunst und ihr Verhältnis zu objektbasierten Ausstellungen unternommen. Weitere Themen sind Fragen der Autorschaft sowie die spezifischen Modalitäten, die für die Produktion und Rezeption von Performances ausschlaggebend sind. Über einen Zeitraum von drei Monaten werden von den eingeladenen KünstlerInnen Arbeiten entwickelt, die nicht nur den Dialog mit dem Publikum, sondern ebenso Überlagerungen und Verknüpfungen untereinander suchen. Im Rahmen des Projektes werden somit Möglichkeiten erkundet, performative Aufführungen nicht als abgeschlossene Ereignisse zu behandeln, sondern als eine offene, sich an den Übergängen verschiedener künstlerischer Artikulationsformen bewegende Praxis. Die Kooperative für Darstellungspolitik (Jesko Fezer, Andreas Müller, Anita Kaspar) aus Berlin hat zu diesem Anlass ein veränderbares Raumsetting entworfen, welches von den teilnehmenden KünstlerInnen als gemeinsames sowie verbindendes Element angewendet werden kann.

Ruth Buchanan führt unterschiedliche Elemente und künstlerische Medien – Skulptur, Video, Text, Fotografie und Performance – zu präzise choreografierten Raumbildern zusammen, um mögliche Veränderungen des in seiner Aufführung immer auch instabilen Materiellen darzulegen. Ausgangspunkt des Beitrags für die KUB-Arena sind drei Produktionsfotos eines Künstlerinterviews, das im Jahr 1982 im neuseeländischen Fernsehprogramm South ausgestrahlt wurde. Die Bilder, die auf populäre kunstgeschichtliche Exkursionen und KünstlerInnenporträts verweisen, werden zu einem fixierten und medial vermittelten Punkt in der Begegnung von Kunst und Öffentlichkeit. Über die physische Aktivierung der in den Fotografien sichtbaren Bedingungen wird an drei Tagen in drei Episoden eine Dramaturgie mit abstrakten, sozialen wie auch gegenständlichen Protagonisten entfaltet.

Simon Fujiwara verwebt in Lecture-Performances, architektonischen Installationen und erotischen Erzählungen persönliche Familiengeschichten mit historischen Zusammenhängen und Anekdoten. In Bregenz wird er The Museum of Incest (seit 2008) vorstellen, eine fiktive Institution, mit der er eine alternative, auf inzestuösen Praktiken beruhende Geschichte der Menschheit erkundet. Im Rahmen eines performativen Vortrags verwebt Simon Fujiwara eine Führung durch die Sammlungsbestände des Museums mit seiner eigenen fiktionalisierten Biografie. Die Geschichte berührt nicht nur ein Tabu der westlichen Gesellschaft, sie zeigt auch die Möglichkeit der Maskerade im Spiel mit identitärer Darstellung.

Suchan Kinoshita geht in ihrer installativen wie performativen Arbeit den Herausforderungen von Inszenierungen des »Lebens« innerhalb eines angelegten Settings nach. Allzu eindeutige Zuordnungen des Privaten und Öffentlichen sowie die Rollenverteilung zwischen BetrachterIn, Beteiligten und AutorIn werden durch die Aktivierung unterschiedlicher Register auf spielerische Weise unterlaufen. Es sind die poetischen Mechanismen zwischenmenschlicher Beziehungen, die auf der Ebene der Sprache, in deren künstlerischer wie alltäglicher Verwendung, im Kontext ihrer jeweiligen Aufführung und Ausstellung in Bewegung geraten. In Bregenz reagiert Suchan Kinoshita mit ihrem Beitrag auf das Projekt und die beteiligten künstlerischen Setzungen.

Falke Pisano hat in den letzten Jahren eine Serie von Arbeiten entwickelt, die sich in Installationen, Lecture-Performances und Texten mit dem Wirken von Kommunikation als Teil von künstlerischer Artikulation sowie der Handlungsfähigkeit skulpturaler Körper als Elemente einer abstrahierenden Konversation beschäftigt. Diese Untersuchungen und die in einem Verknüpfen liegenden Potenziale von Abstraktion, Skulptur und Sprache wurden in der Publikation Figures of Speech (2010) zusammengefasst. Für die KUB-Arena entwickelt Falke Pisano einen Beitrag, der auf der Weiterentwicklung der Viersäftelehre des griechischen Anatomen Galenos von Pergamon gründet. Im Vordergrund stehen dabei jene Kräfte, die am Körper und innerhalb des Körpers wirken sowie das Nachdenken über Alternativen zu den organisierenden Strukturen und spezifischen produktiven Funktionalitäten, die einen Organismus oder Teile davon definieren.

Die künstlerische und kuratorische Praxis von Ian White verbindet sich in seinem Interesse an Auswahlprozessen und Lektüretätigkeit. Seine performativen Arbeiten schließen andere Kunstwerke, erotische Erzählungen, Gestiken, »Tanz« und Abwandlungen öffentlicher Vorträge zusammen und überführen sie in einen radikal erweiterten Kontext. Für die KUB-Arena entwickelt Ian White mit Hinterhof eine neue Performance, die sich aus einem festgelegten Set an variierenden gesprochenen, visuellen wie architektonischen Elementen zusammensetzt und während drei aufeinanderfolgenden Aufführungen in jeweils unterschiedlichen Kombinationen wiederholt wird. Der wiederholende Modus dient hier weniger dem Aufbau einer Dramaturgie als der Erzeugung einer Reihe potenziell variierender Erzählungen, in denen Momente von Vergänglichkeit und Beständigkeit sowie Erscheinung und Repräsentation thematisiert werden.

Coming to Have a Public Life, Is It Worth It? ist ein Publikationsvorhaben und widmet sich der Verhandlung institutionalisierter öffentlicher Räume und deren sozialem Beziehungsgefüge. Hierfür werden die Diskussionen, die im Verlauf der Arbeit an dem KUB-Projekt stattfinden, dokumentiert und zum Anlass von Texten, die gemeinsam mit den Teilnehmern, aber auch weiteren, nicht ursprünglich beteiligten Personen entwickelt werden. Als Aufzeichnung und Präsentation einer laufenden Auseinandersetzung zielt die Publikation hierbei weniger auf materielle Manifestationen, sondern stellt Kommunikation und Prozessualität in den Vordergrund. Die Zugangsweise ist von den spezifischen Interessenfeldern der die Publikation erstellenden Personen (und der diesen Nahestehenden) geprägt, deren Autorschaft allerdings nicht offengelegt wird.

Die Kooperative für Darstellungspolitik – Jesko Fezer, Anita Kaspar und Andreas Müller – forscht zur Darstellung politischer und kultureller Anliegen in der Öffentlichkeit und gestaltet Ausstellungsarchitekturen als diskursive Räume öffentlicher Auseinandersetzung.