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Sid Gastl/Alexandra Ranner: Irrflug Installation

Die Installation besteht aus zwei Vitrinen, die auf einer assoziativen und poetischen Ebene das Themenspektrum des Biologischen Institutes aufnehmen. (Zoologie, Anthropologie, Botanik und Mikrobiologie). Das Diorama, als traditionelles Medium der Naturkunde, schon immer changierend zwischen Bild und Realität, zwischen Kunst und Anschauungsobjekt, schien uns die geeignete Basis dafür zu sein. Die Dioramen befinden sich an der Fassade des großen Hörsaales auf dem Vorplatz zum Haupteingang des Gebäudes. Die Grundkonstruktion besteht aus zwei querformatigen Kästen aus Edelstahl (Außenmaße: 375 cm x 130 cm x 150 cm), deren Schauseiten jeweils mit einer Glasscheibe verschlossen sind. Die Kästen bilden eine skulpturale Synthese mit der freischwebenden Wand, welche nach Planung der Architekten der Fassade vorgeblendet werden sollte. Es ist die konstruktivistische Durchdringung zweier Körper, die sich gegenseitig halten.

In der linken Vitrine ist eine künstliche Schilflandschaft inszeniert, welche die Natur in ihrer Reinform als Material des Lebens repräsentiert. Offen für jede Möglichkeit der Erforschung, der Analyse, der Betrachtung, der Erkundung, der Romantik, der Verklärung sowie der Nutzung. An dieser Stelle stehen der Naturwissenschaftler, der Künstler, der Philosoph, der Bauer, der Jäger und der Schwärmer noch gleich. Die rechte Vitrine zeigt einen Innenraum, darin einen Forscher, der auf einem surreal vergrößerten Zellkern liegt. Er wird von seinem Fachstudium, der Untersuchung des Zellkerns, von einer Libelle abgelenkt, die sich auf seinem Handrücken niedergelassen hat. Die Libelle gelangte scheinbar durch einen Irrflug von der Schilflandschaft in das Labor des Forschers. Ob der Forscher, die Libelle betrachtend, von dieser inspiriert, romantisch berührt, amüsiert oder nachdenklich wird, bleibt offen. Die Vitrine mit dem Forscher wirkt wie ein der Fassade vorgeblendeter Raum mit einer Verbindung ins Innere des Gebäudes. Dadurch wird die Forschungsarbeit nach außen in den öffentlichen Raum verlagert. Dies trägt dem Umstand Rechnung, daß sich die Biologie, vor allem durch die Mikrobiologie und Gentechnik verändert hat. Die Biologie ist keine stille Wissenschaft mehr, sondern ist ins Zentrum des öffentlichen Interesses gerückt. Sie hat einen Sprung gemacht, der an den Grundlagen des Lebens rührt (Entschlüsselung der DNA, Möglichkeiten der Genmanipulation u.s.w.) und braucht deshalb Transparenz und den Austausch mit der Gesellschaft.

Haubitz + Zoche: Pixeltransfer interaktive Lichtinstallation

Bei der Recherche für Pixeltransfer hat uns besonders der Bereich des Bioimaging interessiert, also die Anwendung bildgebender Verfahren auf biologische Objekte. Photomikrographie, Fluoreszenzimaging und andere hochtechnisierte Verfahren ermöglichen es, immer detaillreichere Bilder herzustellen. Das Bildmaterial erschien uns als Ausgangsmaterial für eine künstlerische Arbeit in seiner ästhetischen Faszination jedoch zu verführerisch, unser Augenmerk galt vielmehr dem Prozess des Bioimaging an sich, bei dem häufig einzelne Parameter isoliert betrachtet werden, um neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Aus diesen Überlegungen ist das Konzept für Pixeltransfer entstanden, das ein eigenes bildgebendes Verfahren entwickelt. Die räumliche Dimension findet im Gegensatz zum Bioimaging nicht im Mikrobereich statt, sondern bezieht sich auf den Aktionsradius des Menschen, dessen Bewegungen in ein abstraktes Bild umgesetzt werden. Pixeltransfer ist eine interaktive Lichtinstallation an den Unterseiten der drei übereinander liegenden Verbindungsbrücken im Lichthof des Universitätsgebäudes. Beim Überqueren der Stege werden einzelne Felder durch Sensoren aktiviert und das unter der Person befindliche Licht eingeschaltet. Durch die verzögerte Abschaltung entsteht eine zeitlich begrenzte Lichtspur, die hinter der Person herzieht. Die Farbigkeit verändert sich mit dem Betrachtungswinkel und changiert zwischen Blaugrau und Orangerot. Die räumliche Tiefenwirkung der Lichtkörper suggeriert eine Verbindung zwischen Ober- und Unterseite der Stege.

Auf der Suche nach einer Analogie zum Bioimaging haben wir die Blickrichtung umgedreht: die Unterseiten der Verbindungsstege werden zum Bildträger, die StudentInnen und wissenschaftlichen MitarbeiterInnen sind Gegenstand der Untersuchung . Das von Ihnen erzeugte Bild können sie selber nicht sehen, während für die Betrachter die Beziehung zwischen „Objekt“ und „Bild“ unmittelbar nachvollziehbar ist. In ihrer schier endlosen Kombinationsmöglichkeit von Lichtabfolgen schafft Pixeltransfer einen begehbaren und sinnlich wahrnehmbaren Lichtraum.

Thomas Bechinger: RGB Wandmalerei, 13,50 x 6,30 m

Die additive Farbmischung stellt mit den drei Grundfarben: Rot, Grün und Blau Bilder farbig dar. Sie findet u.a. bei Monitoren Anwendung. Rot, Grün und Blau sind auch die wesentlichen Farben, die sich in meiner Wandmalerei ähnlich einem Testbild formieren. Gleichwohl sind das Rot, Grün und Blau meiner Malerei genau nicht die Grundfarben der RGB-Skala. Ultramarinblau beispielsweise lässt sich mit den gängigen Farbsystemen nicht darstellen. Eine Assoziation also und gleichzeitig eine Störung – das Vertraute, das durch die leichte Verschiebung ins Bewusstsein gelangt.

Der Wunsch bestand schon lange, und dies war die Gelegenheit: eine Malerei, die nicht überschaubar ist; eine Malerei, bei der mit jedem Schritt des Betrachters Partien von der Architektur verdeckt und andere sichtbar werden und die sich so für ihn von jedem Standpunkt aus anders darstellt. Wie sehr gilt das nun für den, dessen Sicht durch das Gerüst, das er zum Malen braucht, noch weitaus stärker eingeschränkt ist. Wie lässt sich eine Malerei entwickeln, die nie als Ganze zu überschauen ist? Soll man sich auf seine Erinnerung verlassen? Kann man das, was verdeckt ist, im Gedächtnis rekonstruieren oder gibt man den Gedanken an ein Ganzes, an ein Bild schlichtweg auf? Und welche Folgen hat das für die Malerei?

Letztlich war es ganz einfach und das Vorgehen wie selbstverständlich. Ich habe mit dem Pinsel eine Farbbahn neben die andere gesetzt – soweit mein Arm oder die Farbe im Pinsel reichte. Die Vorstellung, ein Bild zu malen, geriet in den Hintergrund; stattdessen bemalte ich die Wand: nicht vollständig und ohne die Wand aus der Architektur herauszulösen, aber auch nicht so, dass die Malerei zu einem Bild auf der Wand wird. Gleichwohl eingebunden, nicht zuletzt weil sie die Wand als Träger benutzt und an vielen Stellen direkt auf die Umgebung reagiert, macht sich meine Malerei als Bemalung der Wand bewusst immer auch unabhängig von der Architektur. Eine Spiel von Zurückweisung und Verstärkung – ein neuer Raum, der den alten nicht negiert.

Pressetext

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Kunst im Neubau der Fakultät für Biologie
Ludwig-Maximilians-Universität München
Großhaderner Straße 2
Martinsried
Eröffnung 22.02.05, 18-21 Uhr

Alexandra Ranner / Sid Gastl, Installation
Haubitz & Zoche, interaktive Lichtinstallation
Thomas Bechinger, Wandmalerei