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„Für den Vernunftmenschen waren Nationalitätenkriege genau so ein Betrug wie Religionskriege, und nichts war es wert, dass man dafür kämpft, […]. Das Leben war so bewusst persönlich, dass kein Umstand einem Menschen die Berechtigung geben konnte, gewaltsam Hand an einen anderen zu legen.“ Auszug aus den Sieben Säulen der Weisheit von T.E. Lawrence, 1926

Das Zitat des Briten Thomas Edward Lawrence, besser bekannt als „Lawrence von Arabien“ spiegelt dessen Interessenkonflikte wider, die aus den politischen Verstrickungen seiner Beteiligung am Ersten Weltkrieg im Nahen Osten entstanden waren. Wer war dieser T. E. Lawrence, den es bereits als junger Mann in den Nahen Osten zog? Ein Archäologe, ein Militärstratege oder ein Spion im Namen seiner Majestät? Welche Rolle spielte er wirklich in der arabischen Revolution? Und wie kommt es, dass wir bis heute eine bestimmte Vorstellung mit „Lawrence von Arabien“ verbinden? Das Rautenstrauch-Joest-Museum – Kulturen der Welt zeigt vom 30. April bis zum 11. September 2011 die Ausstellung „Lawrence von Arabien – Genese eines Mythos“. Die von der Kulturstiftung des Bundes geförderte Schau geht den aufgeworfenen Fragen auf den Grund und wirft einen kritischen Blick auf T. E. Lawrence als Person der Zeitgeschichte. Gleichzeitig thematisiert sie den Helden eines modernen Mythos und den Mechanismus der Mythenbildung.

Die multimedial angelegte zweisprachige (Deutsch/Englisch) Ausstellung visualisiert Leben und Wirken des Lawrence von Arabien als Archäologe, militärischer Berater, Autor und Konstrukteur. Dabei stehen seine Begegnungen mit dem Orient, seine widersprüchSeite liche Rolle in der arabischen Revolution und der Entstehungsprozess seines Mythos im Vordergrund. Populärmedien wie David Lean’s Kinofilm „Lawrence von Arabien“ und internationale Comics prägen unser Bild von T.E. Lawrence.

Die Ausstellung nimmt die Besucher mit auf eine Reise in die Welt des Orients zu Beginn des 20. Jahrhundert und nähert sich den Wurzeln der politischen Auseinandersetzungen, die noch heute die Verhältnisse im Nahen Osten prägen. Zu sehen zahlreiche Fotografien, Aquarelle und Laterna-Magica-Bilder, die die stereotype Darstellung des Orients durch den Westen veranschaulichen.

Fotografien des Kölner Fotografen Boris Becker komplettieren die Schau. Sie entstanden 2010 bei einer Reise zu den Wirkungsstätten des Lawrence von Arabien in Syrien und Jordanien. Diese „Desert Images“ spannen einen Bogen zwischen Akaba am Roten Meer und Damaskus in Syrien.

Die Ausstellung stellt das Leben der historischen Person T. E. Lawrence biographisch an verschiedenen Stationen dar und verbindet sie mit dem politischen Zeitgeschehen. Die ersten beiden Stationen widmen sich Lawrence’s Interesse an der Archäologie. Bereits als Schüler unternimmt er Fahrradtouren durch Frankreich und besichtigt dort vor allem Burgen. 1909 unternimmt Lawrence seine erste Reise in den Orient. In seiner in der Ausstellung im Original gezeigten Examensarbeit analysiert er die mittelalterliche Architektur von Kreuzfahrerburgen. Von 1911 bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs arbeitet Lawrence an Ausgrabungen im Vorderen Orient: zuerst in Karkemisch (in der heutigen Türkei nahe der syrischen Grenze), dann auf der Sinai-Halbinsel. Hier lernt er auch den Kölner Archäologen Max von Oppenheim kennen.

Im Mittelpunkt der folgenden Stationen stehen die politischen Ereignisse und die zentralen Akteure des Ersten Weltkriegs im Nahen Osten. Hier kämpfen Engländer und Franzosen mit Arabern gegen die Osmanen und ihre deutschen Alliierten. Die britischen Alliierten stellen den Arabern beim gemeinsamen Kampf gegen die Osmanen einen eigenen, selbstbestimmten Staat in Aussicht. T. E. Lawrence tritt für die Sache der Araber ein. Die Präsentation von Militaria, einer Vielzahl von Gemälden und fotografischen Reproduktionen geben Aufschluss über diesen tragischen Teil der Zeitgeschichte.

Seine Rolle als politischer Berater ist Thema der nächsten Station. An der Seite von Winston Churchill nimmt er 1921 an der Konferenz von Kairo teil. Dort wurden die Grenzlinien gezogen, die weitgehend bis heute bestehen.

Abschließend präsentiert die Ausstellung die Schwierigkeiten des T.E. Lawrence, nach seiner Rückkehr nach England in ein „normales“ Leben zurückzufinden. Seine Kriegserfahrungen im Nahen Osten verarbeitet er in dem literarischen Werk „Die Sieben Säulen der Weisheit“. Dabei handelt es sich um eine Mischung von literarischen Genres, mit deren Hilfe er subjektiv seine Beteiligung an der arabischen Revolte im Ersten Weltkrieg darstellt. In einer nachgestellten Wohnsituation des Eden Cottages erhält der Besucher einen Einblick in das Leben und Arbeiten des 1935 nach einem Motorradunfall verstorbenen T.E. Lawrence.

Die von Prof. Dr. Detlef Hoffmann aus München kuratierte Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Landesmuseum Natur und Mensch in Oldenburg. Die Kulturstiftung des Bundes fördert das Projekt. Weitere Unterstützung erfährt die Ausstellung durch die Imhoff Stiftung, die Kölner Kulturstiftung der Kreissparkasse Köln, die Museumsgesellschaft des Rautenstrauch-Joest-Museums – Kulturen der Welt sowie und durch die Grieger GmbH und Co. KG – Professionelle Bildtechniken, Düsseldorf. Auch die Stadtbibliothek der Stadt Köln ist an der Kooperation beteiligt.

Katalog: Lawrence von Arabien. Genese eines Mythos. Hardcover, circa 470 Seiten mit zahlreichen Fotos, Karten und historischen Dokumenten. Verlag Philipp von Zabern (Mainz) ISBN: 978-3-8053-4243-8.

Kurator Prof. Dr. Detlef Hoffmann Gesamtprojektleiter und Direktor des Landesmuseum Natur und Mensch in Oldenburg, Prof. Dr. Mamoun Fansa der Künstler und Kurator Boris Becker aus Köln Projektleiter und Direktor des Rautenstrauch-Joest-Museums, Prof. Dr. Klaus Schneider

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Lawrence von Arabien
Genese eines Mythos
Kuratoren: Detlef Hoffmann, Mamoun Fansa, Boris Becker, Klaus Schneider