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Eröffnung: 15. November 2015, 13:00 Uhr, im Dortmunder Kunstverein

Innerhalb weniger Jahre hat Lena Henke (*1982 in Warburg, lebt und arbeitet in New York City und Frankfurt am Main) einen vielfältigen Werkkomplex aus Skulpturen und Installationen entwickelt. Als Preisträgerin des diesjährigen GWK-Förderpreises Kunst hat sie speziell für den Dortmunder Kunstverein neue Arbeiten entwickelt, die sich sowohl von ihrer Herkunft Westfalen als auch von ihrer Wahlheimat New York inspirieren lassen. Zwischen persönlicher Mythologie und geographischen Beobachtungen stellt ihre Ausstellung Hellweg die Frage nach der Verortung des Ichs.

Der Titel Hellweg verweist dabei auf den bedeutendsten mittelalterlichen Verkehrs- und Handelsweg Westfalens, der sich von Duisburg über Dortmund und Paderborn bis nach Corvey erstreckt. Lena Henke verlängert diesen Pfad, der 50 Meter entfernt durch die Dortmunder Innenstadt führt, in den Außenraum des Kunstvereinsgebäudes. Ein gespannter Reisigzaun erweitert so die gläsernen Ausstellungsräume, auf den öffentlichen Platz um den Kunstverein herum und führt den Besucher zu einem neuen Eingang. Der fragile und transparente Zaun erinnert an eine Haut. Das gebundene Reisig bildet einen Tunnel – wie in dem Zeichentrickfilm Es war einmal das Leben betritt man den Körper und die Vorstellungswelt von Lena Henke.

Auf der zentralen Wand im Kunstverein sieht man eine gemalte Adaption der Zeichnung Die Sprache (1953) von Joseph Beuys. Diese Arbeit Kranke und Touristen (2015) überlappt sich mit den gezeichneten Gesichtszügen Henkes und wie durch einen Kuss gleiten sie ineinander über. Henkes Portrait bildet im Inneren ihres Kopfes eine Stadtkarte Manhattans ab und verbindet darin frühere Werke und Referenzen zur Land Art und Stadtplanung.

Eine weitere Wandarbeit, die den Titel Pilger (2015) trägt, stellt die Fusion des Kopfes der Künstlerin als Vexierbild mit einer medizinischen Zeichnung eines Totenkopfes dar. Vergleichbar mit einem gemalten Memento-Mori aus der Renaissance, kann es als selbstreflexives Motiv über das Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit verstanden werden. Surrealistische Bilder, in welchen Gebäude oder Objekte animiert werden, wie in den New York-Abbildungen von Madelon Vriesendorp, und Comics von Tomi Ungerer und Claire Bretécher, sind dabei eine wichtige Inspiration.
Die Skulptur Dreihasenbild (2015) bezieht sich auf das Dreihasenfenster des Paderborner Doms. Drei im Kreis springende Hasen teilen sich jeweils ein Ohr, um so in Kreisform der Uhrzeit hinterher zu laufen. Der Hase, der in den verschiedensten Religionen unterschiedliche Bedeutung annimmt, kann sowohl die Wiedergeburt und Auferstehung als auch die Fruchtbarkeit verkörpern. Für Henke repräsentiert er aber vielmehr eine Geschichte, die das Universale mit dem Persönlichen, in Form einer individuellen Mythologie, verbindet. Zusammen mit den Wandzeichnungen, dem Reisigzaun und der raumgreifenden Installation eines antiquierten Pferdegeschirrs, schafft Lena Henke in Hellweg eine Mind-Map ihrer Interessen. In diesem Organismus zerfließen die Grenzen zwischen Körper, Tierwelt, Architektur und Stadtlandschaft.

Die Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Kulturarbeit e.V. (GWK) vergibt jährlich Förderpreise an herausragende junge Künstlerinnen und Künstler aus Westfalen-Lippe in den Sparten Bildende Kunst, Klassische Musik und Literatur. Der Kunstpreis ist mit einer Ausstellung in einem renommierten westfälischen Ausstellungshaus und einem Einzelkatalog verbunden.

Die Jury für den GWK-Förderpreis Kunst 2015 bestand aus Oriane Durand (Dortmunder Kunstverein), Georg Elben (Skulpturenmuseum Glaskasten Marl), Benjamin Greber (GWK-Förderpreis 2011, Berlin), Jule Hillgärtner (Kunstverein Braunschweig) und Ingrid Raschke-Stuwe (freie Kuratorin, Saerbeck).