press release only in german

Mit dem Ausstellungs- und Veranstaltungsprojekt Lernen von Pjöngjang startet der Städtische Kunstraum lothringer13/laden im Juni in den Sommer und beteiligt sich im Juli an der Fünften Münchner Architekturwoche.

Für Lernen von Pjöngjang erarbeitet Arno Brandlhuber, Architekturprofessor an der Nürnberger Kunstakademie, gemeinsam mit dem Photographen Martin Eberle und dem DJ und Musiker Stefan Schneider (Kreidler, To Rococo Rot, Mapstation) eine dokumentarische Installation zur Lebenswirklichkeit in der nordkoreanischen Hauptstadt und zur Rolle der Architektur für die Repräsentation des Regimes. Die künstlerischen Beiträge der Ausstellung werden das Thema aufgreifen und weiterführen; mit den beiden Münchnern Fabian Hesse und Robert Stark sowie der Video- und Installationskünstlerin Ulla von Brandenburg, Teilnehmerin der Biennale von Venedig 2009, konnten wir dafür eine spannende Auswahl künstlerischer Positionen gewinnen.

Pjöngjang – die nach außen weitgehend abgeschottete nordkoreanische Hauptstadt ist das hässliche Zerrbild der postmodernen Utopie: eine aus Versatzstücken der Weltarchitektur zusammengebastelte Stadt der Oberfläche, der Simulation, der Fassade. In Kim Jong Ils stalinistischem Unterdrückungs system wird Architektur zur Kulisse eines Theaterstücks, das den einzelnen Menschen zum Statisten einer totalen Inszenierung degradiert: eine Freiheit der Formen ohne Freiheit des Individuums.

Pjöngjang freilich mag eines der bizarrsten, vielleicht auch eines der naivsten Beispiele sein für den Versuch, Architektur als Kontroll- und Erziehungsmittel zu verwenden – ein bloß exotischer Sonderfall ist die nordkoreanische Metropole indes nicht: sie ist gleichzeitig Chiffre für die versteckten Herrschafts- und Machtstrukturen des Städtebaus schlechthin. Hier setzen die künstlerischen Beiträge der Ausstel lung an, die das Thema für eine generelle Debatte über die ideologische Funktionalisierung von Archi tektur und Stadtraum öffnen. Denn jede Architektur ist Form, die formt.

Lernen von Pjöngjang präsentiert eine audiovisuelle Installation von Arno Brandlhuber, Martin Eberle, Stefan Schneider und Christian Posthofen, die Ausschnitte aus der Schrift Über die Baukunst des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Il mit Eindrücken aus der Lebenswirklichkeit des Landes kon­frontiert. Fabian Hesse reagiert auf die Zumutung hohler Repräsentationsgesten mit einer bewusst ver gänglichen, provisorischen Anti-Architektur, die der Dokumentation das räumliche Setting gibt. Ästheti sche Gegenstrategien proben auch die Menschen in Ulla von Brandenburgs Singspiel: eingeschlos­sen in das Gehäuse von Le Corbusiers Villa Savoye, einer Ikone des Funktionalismus, setzen sie die Fragilität, Flüchtigkeit und Poesie der menschlichen Stimme gegen die emotionslose Nüchternheit und Kühle der Architektur. Ihr Gesang wird zum Exorzismus – und zum Versuch eines gemeinschaftsstiften den Tuns, das aus isolierten Individuen ein soziales Ganzes schaffen soll. Die weißen Raumkörper Robert Starks schließlich sind als reine Objekte ebenso lesbar wie als abstrahierte Architekturmodelle, die zwischen Miniaturhaftigkeit und Monumentalität pendeln. In der ideologischen Uneindeutigkeit, mit der sie sich aus dem Fundus architektonischer Archetypen bedienen, stellen sie u.a. die Frage nach Schuld und Unschuld architektonischer Formen und nach den Möglichkeiten ihrer weltanschaulichen Aufladung und Umwertung.

only in german

Lernen von Pjöngjang
Kuratoren: Christian Hartard, Verena Seibt

Künstler: Kim Jong Il, Fabian Hesse, Robert Stark, Ulla von Brandenburg, Arno Brandlhuber, Martin Eberle, Stefan Schneider, Christian Posthofen, Martin F. Spengler