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Eröffnung: Samstag, den 11. August 2001, 19:00 – 24:00 Uhr 21:00 Uhr Einführung durch René Block 21:15 Uhr Candice Breitz: Soliloquy Trilogy, 2001 (Clint, Jack, Sharon). Deutsche Erstaufführung

Mit der Ausstellung Looking at You zeigt die Kunsthalle Fridericianum Videoarbeiten von 30 Künstlern, die sich der Strategien der medialen Unterhaltungskultur bedienen. Zahlreiche Unterhaltungsfallen erwarten den Besucher; die Kunsthalle wird zur black box.

Die visuelle Verlockung ist fester Bestandteil unserer freizeitorientierten Gesellschaft, das kollektive Gedächtnis längst vom Fernsehen geprägt. So ist heute die Arbeit mit Film und Video ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil der Sprache der jungen Künstlergeneration, die sich nicht zuletzt die Techniken und Strategien der Unterhaltungsindustrie zu eigen macht: affirmativ, melancholisch oder ironisch.

Durch ihre Angebote zur Wahrnehmung ist die Kunst Teil eines Kommunikationsprozesses. Dies zwingt sie zugleich dazu, die Aufmerksamkeit des Adressaten nicht nur zu wecken, sondern auch zu halten. Laut Informationsästhetik dient hierzu zum einen die Methode, Assoziationen und Emotionen beim Betrachter auszulösen. Nichts Neues für die bildende Kunst. Zugleich aber muss – nach heutigen Erkenntnissen - auch die übermittelte Datenmenge (der Inhalt sozusagen) strategisch so aufbereitet werden, dass diese auf der schmalen Spur zwischen zu hoher Komplexität und langweilender Unterforderung balancieren. Wie aber steuert man die Massenwahrnehmung in einer Zeit, in der die Informationsflut zur Aporie führt? Unterliegt jetzt – nach der Information an sich – auch die Kunst der unterhaltsamen Aufbereitung, die – nach Neil Postman – zum puren Konsum führt? Wird die Kunst als Unterhaltung eine Droge des Vergessens?

Galt der Unterhaltungsfaktor innerhalb der Kunst lange als Tabuthema, blickt die Kunstgeschichte dennoch auf eine lange Kooperation beider kultureller Äußerungen zurück: Selbst, wenn man die Brot-und-Spiele-Politik des antiken Rom hier nicht mit einbeziehen möchte, findet man den Schulterschluss zwischen Kunst und Unterhaltung spätestens in den Festumzügen der Renaissance und im barocken Gesamtkunstwerk. Annäherung und Abgrenzung bestimmen das Verhältnis der beiden fortan – bis hin zur Kunst der Moderne, deren minimalistischer Sprachschatz auf gänzlich andere Kommunikationsebenen als die der Unterhaltung rekurriert. Doch schon in den 60er Jahren wurden multimediale Inszenierungen mit enormem Unterhaltungswert entwickelt. Diese Linie gilt es innerhalb der Ausstellung Looking At You zu verfolgen: Klassiker der Videokunst wie "Global Groove" (1973) von Nam June Paik, die "Children's Tapes" (1974) von Terry Fox und die auf den Hund gekommenen Menschheitsphantasien William Wegman´s ("Selected Works", 1970-78) vertreten frühe Positionen dieser Auseinandersetzung. Als ihren kritischen Mittelpunkt könnte man Nam June Paiks weltumspannende Satellitenschaltung "Good Morning, Mr. Orwell" von 1984 sehen: Erstmalig werden alle vier simultanen Ausstrahlungen in New York, Paris, Köln und Seoul als Aufzeichnung zu sehen sein. Junge Positionen von Christian Jankowski bis hin zu Candice Breitz, Simone Böhm und Slater Bradley bilden die vorläufigen Endpunkte dieser Entwicklungslinie.

In der Auseinandersetzung mit den Medien der Unterhaltung und ihrem suggestiven Potential erweisen sich immer noch zahlreiche der so entstehenden künstlerischen Positionen als souveräne Balanceakte zwischen einer affirmativen Nutzung der Möglichkeiten der Unterhaltung und ihrer kritischen Reflexion.

Katalog: Katalogheft im Großformat, 48 Seiten, ca. 100 Abb.

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Looking at You
Kunst Provokation Unterhaltung Video

Künstler: Francis Alÿs, Robert Ashley, Simone Böhm, Claus Böhmler, Slater Bradley, Candice Breitz, Janet Cardiff, Ayse Erkmen, Terry Fox, Asta Gröting, Oliver Husain, Pierre Huyghe, Christian Jankowski, Joan Jonas, Viesturs Kairiss, Ilmars Blumbergs, Kim Sooja. Kyupi Kyupi (Yoshimasa Ishibaschi, Mazuka Kimura, Koichi Emura, Mami Wakeshima), Peter Land, Joan Logue, Christian Marclay, Nathalie Melikian, Nam June Paik, Laila Pakalnina, Carles Santos