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Lothar Wolleh (1930 - 1979), ein Schüler Otto Steinerts, war erfolgreicher Werbefotograf, bevor er sich Ende der 1960er Jahre weitgehend aus diesem kommerziellen Metier zurückzog und sich nun ganz auf seine Arbeit im Bereich künstlerischer, autonomer Fotografie und auf seine eigenen Projekte konzentrierte. Unter anderem entwickelte er eine Passion für das Schaffen von bibliophilen Fotobüchern.

Die Themen, denen er sich zeitlebens widmete, lassen sich schlagwortartig unter den Begriffen Religion, Arbeitswelten und Kunst zusammenfassen.

1965 fotografierte er in Rom das II. Vatikanische Konzil, 1975 die Feierlichkeiten anlässlich des Heiligen Jahres und veröffentlichte zu beiden Anlässen die prachtvollen Farbfotofolianten "Das Konzil" (1965) und "Apostolorum Limina" (1975). Anfang der 1970er Jahre entstand sein einzigartiger, unpubliziert gebliebener Zyklus "Männer der Wirtschaft" mit Porträts u.a. von Franz Heinrich Ulrich (Deutsche Bank), Rudolf Leiding (VW) oder Carl Josef Neckermann.

Vor allem die Welt der Kunst in ihren unterschiedlichen Facetten wurde sein Wirkungsfeld und fotografischer Bezugspunkt. Ab Mitte der 1960er Jahre begann er, systematisch international bekannte KünstlerInnen zu porträtieren und sich intensiver mit deren Werk auseinanderzusetzen, darunter mit Lucio Fontana, Günther Uecker oder Gerhard Richter. Es entstanden u.a. der Fotoband "Art Scene Düsseldorf I" (1972) und, bis heute unveröffentlicht, das ungewöhnliche "Unterwasserbuch" (1971) mit Joseph Beuys oder die Monografie über Jan J. Schoonhoven (1969-72).

Bekannt wurde Lothar Wollehs Zyklus "Künstlerporträts". Mit feinem Gespür für das Spezifische im Werk des jeweiligen Künstlers schuf er seine auf jedes Künstlerindividuum zugeschnittenen, hochgradig inszenierten Bildnisse - eine serielle Arbeit, die August Sanders Soziologiealbum "Menschen des 20. Jahrhunderts" innerhalb des Kunstbetriebes fortzusetzen scheint.

Lothar Wolleh verfolgte in all diesen Werkkomplexen die gleichen eigenwilligen, gestalterischen Prinzipien: Nie sind die Aufnahmen zufällig, sondern immer präzise konzipiert und inszeniert und grundsätzlich quadratischen Formats.

Nach seinem frühen Tod geriet Lothar Wolleh jedoch allmählich nahezu in Vergessenheit. Die Werkschau mit etwa 100 Fotografien aus den Jahren 1959 bis 1979 sowie den Büchern und Buchprojekten will diesen Porträtisten nun wieder- und neu entdecken. Neben ausgewählten Aufnahmen aus dem Frühwerk und dem Kunstkomplex zeigt die Ausstellung auch Porträtfotografien von führenden Wirtschaftsmanagern und Kirchenführern. Sie ist somit nicht nur die erste umfassende Retrospektive des fotografischen Œuvres von Lothar Wolleh, sondern auch ein Querschnitt durch die internationale Kultur und nationale Unternehmenskultur der 1960er und 1970er Jahre.

Karin Lelonek

Pressetext

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Lothar Wolleh. Eine Wiederentdeckung.
Fotografien 1959 - 1979