Kunstsammlung Jena

Jena Kultur | Städtische Museen Jena, Stadtmuseum & Kunstsammlung Jena | Markt 7
07743 Jena

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Vernissage: Freitag, 3. September 2010, 20 Uhr

Louise Bourgeois wurde 1911 in Paris geboren und wuchs in Choisy-le Roi (später in Antony) bei Paris auf, wo ihre Familie eine Galerie und eine Werkstatt für historische Textilien hatte. Ab ihrem 12. Lebensjahr fertigte sie in der elterlichen Werkstatt Zeichnungen zur Ergänzung fehlender Teile an und erfuhr erste prägende Eindrücke. Sie begann 1932 ein Studium der Mathematik und Geometrie an der Sorbonne, unternahm Reisen und musste den Tod ihrer Mutter „der besten Freundin ihrer Kindheit“ verkraften. Zu ihrem Vater Jean-Louis hatte Louise ein sehr angespanntes Verhältnis: „Mein Vater redete pausenlos. Ich hatte nie Gelegenheit etwas zu sagen. Da habe ich angefangen, aus Brot kleine Sachen zu formen. Wenn jemand immer redet und es sehr weh tut, was die Person sagt, dann kann man sich so ablenken. Diese Figuren waren meine ersten Skulpturen, und sie repräsentieren eine Flucht vor etwas, was ich nicht hören wollte. Es war eine Flucht vor meinem Vater. Ich vergebe nicht und ich vergesse nicht. Das ist das Motto, das meine Arbeit nährt.“ Von 1933 bis 1938 studierte Louise Bourgeois an verschiedenen Kunstschulen und ist Schülerin u. a. von Emile Othon Friesz, André Lhote und Fernand Leger: „Ich zog von Atelier zu Atelier. Ich wollte Kunst studieren, aber ich wollte nicht in die staatlichen Schulen ... ich besuchte jedes mit dem eisernen Willen, das zu lernen, was ich noch nicht konnte.“ 1938 heiratete sie den Kunsthistoriker Robert Goldwater und folgte ihm nach New York. Dort studierte Louise Bourgeois an der Art Students League bei Vaclav Vytlacil. In kurzer Folge vergrößerte sich die Familie um drei Söhne. 1945 hatte sie ihre erste Ausstellung in New York, 1949 und 1950 zeigte sie erstmals lebensgroße Skulpturen, die „Personnages“, die aus geschnitztem und bemaltem Holz gefertigt und in einer durchdachten Inszenierung angeordnet waren. Bourgeois pflegte freundschaftliche Kontakte zu André Breton, Max Ernst, Le Corbusier, John Cage, Mark Rothko, Piet Mondrian und anderen Künstlern. In den 1960er Jahren entstanden organische Plastiken aus Gips oder Gummi, ab 1967 arbeitete Louise Bourgeois auch mit Marmor. 1973 starb ihr Mann. Im Jahr darauf vollendete Bourgeois die Installation „The Destruction of the Father“ und stellt sie in New York aus. Mit dieser Ausstellung setzte die eigentliche Rezeption ihres Werkes ein. Louise Bourgeois gehörte zu den weltweit bedeutendsten Künstlerinnen unserer Zeit. Trotz ihres hohen Alters arbeitete sie mit ungebremster Kraft an ihrem einzigartigen Werk, das vor allem aus figürlichen Plastiken, raumgreifenden Installationen und Zeichnungen besteht und von hoher stilistischer Originalität ist. Sie war eine der ersten Künstlerinnen, die ihre Werke installativ im Raum anordnete und deren Wirkung im Zusammenhang mit diesen Räumen begriff. Seit Mitte der 1990er Jahre verarbeitete sie neben Holz, Bronze, Stahl, Stoff, Gips, Kunststoff und Latex auch Kleidungsstücke aus ihrer Kindheit und Jugend. Sie sind Material und Thema, Inhalt und Form zugleich. Keine andere Künstlerin verarbeitete kindliche Traumata und weibliches Rollenverständnis, Ängste und geheime Wünsche so obsessiv wie Louise Bourgeois. Sie fand immer wieder eindringliche Bilder für die doppelte Rolle als Hausfrau und Mutter, die meist voller Anspielungen auf ihre eigene Biografie waren. Ähnlich beziehungsreich, wenn auch thematisch offener, funktionieren die „Zellen“ – Raumensembles aus alten Türen, Gittern oder Fenstern – als vielschichtige Erinnerungsräume. „Pensées plumes“ nannte Louise Bourgeois ihre Zeichnungen: Es sind federleichte Gedanken oder Einfälle, die sie mit der Feder zu Papier brachte. Sie pendeln zwischen Symbolik, Abstraktion und Stilisierung – und verweisen in besonderer Weise auf die kreative Energie der Künstlerin. In den Zeichnungen ist vieles vorbereitet, Ideen, die sich möglicherweise erst lange Zeit später bei den Skulpturen nachweisen lassen. Unsere Ausstellung zeigt vor allem frühe Arbeiten von Louise Bourgeois, darunter „Personnages“ und entsprechende Papierarbeiten. Nahezu alle Werke der Ausstellung sind Leihgaben aus privaten Sammlungen.

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Louise Bourgeois. Skulpturen und Zeichnungen.
Kurator: Erik Stephan