Galerie Friedrich, Basel

Grenzacherstrasse 4 - am Wettsteinplatz
CH-4058 Basel

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Bilder an der Wand findet man hier keine. Dafür stehen Mehrflügelbilder – Glasplatten mit Asphaltlack bemalt – im Raum verteilt. Die bereits dritte Werkpräsentation von Andres Lutz (1968) und Anders Guggisberg (1966) in der Galerie Friedrich knüpft an das installative Schaffen an, welches die musealen Interventionen des Künstlerduos kennzeichnet. Nicht die Motive der Glasmalereien fallen als erstes auf, sondern die Anordnung der Scheiben im Raum. Sie bilden vitrinenartige Gehäuse. Manche sind auf Sockeln isoliert und mit sanft abgerundeten Kleinplastiken aus lackiertem Gips oder mit ineinander verwobenen Ästen und Wurzeln kombiniert. Andere Glasmalereien stehen in unmittelbarer Wechselbeziehung zu den räumlichen Gegebenheiten: So sind auch die Schaufenster der Galerie Teil der Installation und lassen diese selbst zu einer Vitrine werden: Wie die Glasgehäuse auf den Sockeln, die an Musemsvitrinen, Terrarien oder Architekturmodelle erinnern, so erschliesst sich auch die ganze Installation zu einem in sich geschlossenen Biotop.

Dass hier Lebensräume modellartig evoziert werden, bestätigen auch weiche Sofas aus hellbraunem Naturleder, die zum gemütlichen Sitzen einladen. Das kantige und kalte Glas scheint diese Stimmung nicht zu unterstützen, wohl aber die braune Farbe der Glasmalereien und ihre Motive. Aus der hier gegossenen, da mittels Verdünner expandierenden, dort mit Pinsel aufgetragenen Teerfarbe kommen Wolken, Baumgruppen, Wasserflächen zum Vorschein. Man erkennt ein Schiff, einen Elefanten, eine geschäftige Stadt. Weitere Lebewesen und Bauten zeichnen sich eher unscharf von den verdünnten Teerflecken ab. Letztere verlaufen wiederum in haarfeine Fransen, die an Miniaturbilder oder Kartografien erinnern. Abgesehen von einigen aufhellenden Farbakzenten, dominiert die teerfarbene Monochromie. Diese vielfältigen Landschaften verweisen auf die japanischen Paravent- und Schiebetür-Bilder, wie man sie aus der Tradition eines Hasegawa Tohaku (1539-1610) kennt, aus einer Zeit also, in der sich Japan für zweieinhalb Jahrhunderte von der restlichen Welt isolierte. Die Künstler nehmen damit auch Bezug auf die abendländische „Ethno“-Wohnkultur, die sich solcher orientalischer Zitate als Ausdruck einer Sehnsucht nach exotischen Lebenswelten bedient.

Die lustvoll zusammengestellten Objekte und Bilder unterziehen den Ausstellungsraum einem atmosphärischen Wandel, durch den wir unsere üblichen Denkkategorien ablegen und die Einladung zum spielerisch assoziativen Weiterspinnen annehmen. So gesehen könnte die Subsummierung dieser Werkkonstellation unter dem Begriff Klima auch Bezug auf die Arbeitsweise der Künstler nehmen. Oder man kann die thematische Auseinandersetzung auch ganz neu aufrollen, indem man bei der öligen Teerfarbe ansetzt: Braune Farbtöne verbreiten eine warme Atmosphäre; Heizöl wärmt effektiv, trägt aber auch zum Klimawandel bei... Weit Hergeholtes hat hier genau so Platz wie nahe Liegendes. Es geht den beiden Künstlern nämlich darum, sich der Mehrdeutigkeit von Bildern und Begriffen zu bedienen, ihre Sinn stiftende Verwobenheit mit verwandten und ferner liegenden Bildern und Begriffen herauszufordern. Denn es ist das Verhältnis zum Makroklima, welches ein Mikroklima erst ausmacht.

Pierre-André Lienhard

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Lutz / Guggisberg
Klima