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[Plug.in] freut sich, dem in Genf und Chicago lebenden Künstler Marco Poloni eine Einzelausstellung widmen zu können. Poloni hat bereits seit 1997 kontinuierlich mit ausgesprochen präzisen Arbeiten auf sich aufmerksam gemacht. In diesem Jahr war seine Arbeit bereits im Kunstverein Freiburg i.Br. (Einzelausstellung im Januar) und an der 51. Biennale in Venedig zu sehen, wo Poloni die Schweiz als einer von vier Künstlern vertritt.

Poloni erforscht den Bezug zwischen der Realität und ihrer durch die Kamera vermittelten Abbildung. Dabei bedient er sich den Mitteln der Fotografie (so in Freiburg und Venedig) sowie der medialen Installation. Zur Bezeichnung dieser zweiten Arbeitsweise spricht der Künstler von Beobachtungsdispositiven. Für die Ausstellung im [plug.in] realisiert Poloni ein neues Dispositiv, dass seinen eigenen Diskurs um Wahrnehmung und Medien weiterentwickelt.

Die BesucherIn betritt einen Raum. Dieser Raum ist eine Rekonstruktion des einfachen Hotelzimmers des Reporters David Locke in der nordafrikanischen Wüste aus Antonionis 1975er Film 'The Passenger' ('Beruf: Reporter').

Es ist Abend. Es ist heiß. Neonlicht flackert von draussen herein - wohl von einer defekten Leuchtschrift. Ein Ventilator bewegt die stickige Luft. Auf einem Fernseher läuft der arabische News-Sender Al-Jazeera. Auf dem Tisch steht ein Laptop. Ein offenes Videobearbeitungsprogramm zeigt der BesucherIn ein Bild des Raumes, in dem sie sitzt. Dieses wird stellenweise bildstörungsartig durch aktuelle Bilder aus einem Land im Mittleren Osten unterbrochen, das sich im Kriegszustand befindet.

Das Bild des Raumes stammt von einer Beobachtungskamera, deren Bewegungen mit Tastaturbefehlen der BesucherIn kontrolliert werden können. Dieses Echtzeitbild scheint innerhalb des Raumes gefilmt zu werden. Alle Objekte im Raum erscheinen im Bild, aber die BetrachterIn selbst bleibt unsichtbar. Ihr ist es unmöglich, die Quelle des Bildes im Raum zu lokalisieren.

In Wirklichkeit bewegt sich die Kamera in einem Architekturmodell des Raumes. Dass ein Modell im Spiel ist, kann für die irritierte, forschende BetrachterIn sichtbar werden. Dies ändert aber nichts an der paradoxen Erfahrung der eigenen Abwesenheit. Das Dispositiv löst bei der BetrachterIn Zweifel über die Kohärenz der Bilder und deren Übereinstimmung mit der Realität aus - sie wird dazu bewogen, sich wahrnehmend wahrzunehmen.

Gastkurator für diese Ausstellung ist Pierre-André Lienhard, der das Werk von Poloni seit Beginn begleitet und als dessen fundiertester Kenner gelten kann.

Das Projekt ist für [plug.in] ein Idealfall, weil darin Medienkunst und bildende Kunst eine konzise Synergie eingehen. Künstler und Kurator kommen aus dem Kontext der bildenden Kunst. Sie adressieren aus ihrer Perspektive einen Diskurs um Wahrnehmung, der seinerseits für die Medienkunst von grosser Relevanz ist. Die Termine der Ausstellung sind gezielt auf den Zeitpunkt des Viper-Festivals gelegt, innerhalb dessen ein Medienkunst-Fachpublikum eingebunden werden kann.

Zum Werk von Marco Poloni sind folgende Publikationen erschienen:

Monografien: 2005 Marco Poloni. Passengers. [Zum fotografischen Werk] Text von Pierre-André Lienhard und Gespräch mit Stefan Banz Verlag für Moderne Kunst, Nürnberg; (F, D, E) ISBN 3-936711-61-5; Hardcover

2004 Marco Poloni. Never Mind the Gap. [Zu den „Dispositiven“] Essay von Pierre-André Lienhard und Gespräch mit Edouard Monnet Verlag für Moderne Kunst, Nürnberg; (F, D, E) ISBN: 3-933096-99-5; Softcover

Katalog zur Ausstellung im Schweizer Pavilion aus Anlass der 51. Biennale 2005 in Venedig:

Shadows Collide With People - Gianni Motti, Shahryar Nashat, Marco Poloni, Ingrid Wildi Herausgegeben vom Bundesamt für Kultur Edition Fink, Zürich; (F, D, E, I), ISBN 3-906086-79-8; CHF 45.00

Die Ausstellung im [plug.in] wird Unterstützt durch: Fonds cantonal d'art contemporain de Genève, Fonds d'art contemporain de la Ville de Genève, GGG Basel, National Versicherung, Fondation Nestlé pour l'Art, Pro Helvetia, CATV Satelliten-Technik Basel

Mitwirkende Pierre-André Lienhard Marco Poloni

Pressetext

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Marco Poloni: The Desert Room
Kurator: Pierre-André Lienhard