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Eine große, frühe Fotocollage von Martin Kippenberger aus den 1970er Jahren wurde renoviert und wird ab dem 29. Januar 2005 im Düsseldorfer NRW-Forum Kultur und Wirtschaft ausgestellt.

Vor zwei Jahren wurde in einem Altbau in Berlin Kreuzberg eine riesige, aus 1.084 Silbergelatineabzügen bestehende Fotocollage wiederentdeckt. Es handelt sich dabei um eine Arbeit Martin Kippenbergers, die er im Jahr 1976 während eines längeren Berlin-Aufenthalts innerhalb einer einzigen Woche realisierte. Mit einer Länge von ca. 12 m diente das Werk als Atelierboden, als Plattform für Parties und Feste und auch als „Laufsteg“ für eine Modenschau im Studio der Modeschöpferin Claudia Skoda. Fotos – so unter anderem auch in Kippenbergers Katalog „Durch die Pubertät zum Erfolg“ – belegen diese Nutzung und zeigen Kippenberger beim „Pudel Tanz“ genauso wie Models bei der Präsentation von Skodas Strickkleidern.

In den siebziger Jahren war Berlin-Kreuzberg der Schmelztiegel für Künstler und Anarchisten, Musiker und Models und zudem das Zentrum der Punk-Bewegung. Claudia Skoda und Martin Kippenberger trafen sich zum ersten Mal 1975 auf Ibiza und Skoda lud Kippenberger ein, in ihre Künstler-WG, die „Fabrikneu“, zu kommen und eine Weile dort zu leben. Während dieser Zeit entstand der Boden in für Skodas Atelier, der zum ersten mal dann für Modenschau „Neues Spiel“ als Laufsteg diente.

Von den folgenden Mietern des Ateliers mit Sperrholz abgedeckt und verborgen überstand die Collage die Jahre: 2003 wurde sie, kurz vor dem Abriß des Gebäudes, von den Berliner Galeristen Annette und Rudolf Kicken wiederentdeckt und auf ihre Initiative hin sorgfältig geborgen. In der Restaurationsabteilung des Berliner Museums „Hamburger Bahnhof“ wurde die Oberfläche vom Schmutz der Jahrzehnte gesäubert und mit der Unterstützung des NRW-Forum Kultur und Wirtschaft und einem Sponsoring der Düsseldorfer Modemesse CPD nun restauriert und auf Aluminiumplatten aufgezogen.

Die Fülle der über 1.000 Fotos (ursprünglich ware es 1.300) ist überwältigend. Sie scheinen wie ein visuelles Tagebuch von Kippenbergers Aufenthalt in Berlin und verweben Kippenbergers künstlerische Visionen mit der Biografie und schöpferischen Arbeit von Claudia Skoda und dem urbanen Umfeld Berlins. Immer wieder taucht Bekanntes auf: Orte wie das Café Einstein, Menschen wie die Filmemacherin Ulrike Ottinger oder Tabea Blumenschein. Oft genug erscheinen die Fotografien wie eine Vorarbeit zu Kippenbergers Ölgemälden. Auch die Gestaltung des Fußbodens selber, das Kopieren von Fotografieren, das Aufbringen der Fotos auf den Boden findet sich als Prozeßdokumentation in der Collage wieder. Darin zeigen sich die Anfänge des Verfahrens, das Martin Kippenberger später weiterentwickelte: Aufnahmen von eigenartigen Situationen, Schildern, Fotos von Anzeigen, Fotoalben, Fotodokumentationen von Ferienausflügen und künstlerische Dokumentarprojekte dienten ihm als Basismaterial. Im Katalog zur Präsentation beschäftigt sich der Berliner Kunsthistoriker Zdenek Felix ausführlich mit der Ikonografie der Collage und stellt die Boden-Collage in einen Zusammenhang mit Martin Kippenbergers umfangreichem Oeuvre. Der Londoner Modernismus-Experte Ulrich Lehmann entwirft eine Skizze der siebziger Jahre und zeigt die zahlreichen Verflechtungen mit der Punk Bewegung auf.

Jede Abbildung, die in der Fußboden-Collage Verwendung fand, fotokopierte Martin Kippenberger vorher. Eine Übernahme der zu dieser Zeit gerade aufkommenden Verwendung von Xerox-Kopien durch amerikanische Künstler. Das NRW-Forum zeigt die restaurierte Fußboden-Collage und, neben weiteren Originalfotos von Martin Kippenberger auch die Fotokopien, die er von den verwendeten Bildern anfertigte, und Original-Dias, auf denen Kippenberger die Entstehung der Collage und die für ihn wichtigen Motive festhielt.

Pressetext

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Martin Kippenberger - Eine Boden-Collage für Claudia Skoda
In Zusammenarbeit mit Claudia Skoda und der Galerie Kicken Berlin