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Matthew Brannons Kunstwerke erscheinen auf den ersten Blick bescheiden. Seine eleganten Arbeiten und Drucke auf Papier sind Handzeichnungen und Illustrationen neben verdichteten scharfsinnigen eigenen Texten. Als ein guter Kenner Sigmund Freuds, was niemals vordergründig zutage tritt, arbeitet Brannon nach dem Motto, was wir sehen ist niemals das, was wir meinen und was wir wollen, ist immer unerreichbar.

Bilder von Hummern, Krabben, Shrimps, Sushi, Stöckelschuhen, Strümpfen, Blasinstrumenten, Schreibstiften, Champagner, Sake und Zigaretten schweben über Beschreibungen von Interviews und Cocktail-Partygeplappere. Erfolg und Versagen, Vertrauen und UÅNbereinkünfte sind die Themen seiner Kunst. Alles geschieht aus einem Misstrauen gegenüber Bildern als Illustration und in dem Wissen um die Unfähigkeit, dass Texte das Kernstück der Kunst erklären könnten.

Brannons Arbeiten und Installationen folgen diesen Inhalten. Die Objekte sind visuelle Wortspiele und die Drucke sind bildliche Abkürzungen seiner Ideen. Brannons Kunst sucht nach einer, wie er es nennt „produktiven Frustration“. Sie untersucht beide Grenzen: die von der visuellen zur sprachlichen und die des verbalen Momentes, der zwischen beiden Ebenen der Artikulation liegt.

Im Vorfeld der ersten Einzelausstellung Brannons in Europa, die in der Ursula Blickle Stiftung zu sehen ist, gab es eine Reihe von Kunst-Events, die unter dem Titel „This Dinner is a Group Show“ zahlreiche andere Künstler miteinbezogen haben. Hier war das Thema das Essen: die Tischdecke, die Servietten, die Weinetiketten, die „Tischmusik“. Sie wurden von Brannon in ein künstlerisches Konzept eingebunden, gestalterisch wie inhaltlich. Im Büro der in New York beheimateten Zeitschrift Cabinet fand ein Abendessen mit Beiträgen des Confiseurs Sebastian Brecht, dem Enkel des berühmten Bertolt Brecht, des Künstlers Paul Chan, Spencer Finch und Joan Sallas sowie weiterer Teilnehmer statt. Ein zweites „Essen“ auf Schloss Assenheim bei Frankfurt am Main umfasste ein Feuerwerk von Sandra Kranich, gastronomische Beiträge der Künstler Carsten Höller und Tobias Rehberger sowie akustische und künstlerische Interventionen von Thomas Bayrle, Rüdiger Carl, Olafur Eliasson, William Forsythe, Swetlana Heger und Michele Elzay. Einzelne Elemente dieser Veranstaltungen werden in der Hauptausstellung zu sehen sein.

Brannons Ausstellung in der Ursula Blickle Stiftung, die den Titel „Reservations“ trägt, ist die bislang umfangreichste des Künstlers in Deutschland. Eine große Auswahl der Druckgrafiken, viele mit offenkundigen gastronomischen Bezügen, wird dort ebenso zu sehen sein wie eine Reihe neuer, eigens für diesen Schauplatz geschaffener Werke. Brannon hat ebenso ein großes Interesse an Formen der Präsentation und dem Ausstellungsdesign. So wird die Ausstellungsarchitektur einen zentralen Bestandteil des Gesamtkonzeptes bilden und gemeinsam mit der Gestaltung der Einladungskarte und des Banners wie ein Gesamtkunstwerk fungieren.

Daniel Birnbaum studierte Kunstgeschichte, Philosophie und Literaturwissenschaft. Seit 2000 ist er Rektor an der Frankfurter Städelschule, eine der international profiliertesten Kunstakademien Deutschlands und Direktor des Neuen Portikus. Er leitete 2009 die 53. Biennale von Venedig, auf der auch in Zusammenarbeit mit der Ursula Blickle Stiftung die Installation von William Forsythe, „The Fact of Matter, Choreographisches Objekt“, präsentiert wurde.

Charlotte Birnbaum ist Philosophin und Kunsthistorikerin. Sie lebt und arbeitet in Stockholm und Frankfurt am Main. 2008 hat sie das Buch „Die innere Reise“ über das Kochen mit Innereien und 2009 „Pasteten Pasteten Pasteten. Neue und alte Geheimnisse der Kochkunst“ mit Illustrationen von Christa Näher veröffentlicht.

Matthew Brannon ist in St. Maries, Idaho 1971 geboren und wuchs im Umfeld der Death Rock- und Punkszene von Los Angeles auf. Brannon studierte freie Kunst, Kunsttheorie und Psychologie an der University of California in Los Angeles und an der Columbia University in New York. In der Ausstellung „Dark Spring“, kuratiert von Nicolaus Schafhausen und Liam Gillick, war er erstmals 2002 mit einer Arbeit in der Ursula Blickle Stiftung vertreten. Er lebt und arbeitet in New York.

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Matthew Brannon
Reservations
Kuratoren: Charlotte Birnbaum, Daniel Birnbaum