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Deine Arbeiten verbinden immer abstrakte und figurative Darstellungsweisen. Einerseits entstehen zweidimensionale Arbeiten wie Malerei auf roher Leinwand, Sprayarbeiten auf Papier und Zeichnungen, andererseits verbindest du verschiedene Bildebenen, indem du Papier mit Malerei auf Glas kombinierst oder du übersetzt deine Formensprache gleich in Skulpturen aus Draht und Fäden oder Installationen. Wo sind die Ursprünge dieser „lyrisch-formellen“ Kontraste?

Man kann die Arbeiten grundsätzlich als eine Art symbolistische Übersetzung oder De-chiffrierung der Realität verstehen, die darauf abzielt, etwas Unsichtbares sichtbar zu machen. Es geht um die Bildung eines autonomen Raums, der die magisch-mystischen Zusammenhänge zwischen den Dingen, die hinter allem Sein liegende Idee, erahnbar machen soll. Durch das Herauslösen und neu Kombinieren von Versatzstücken wird auch der kulturelle Raum- und Zeitzusammenhang aufgelöst. Ursprung der geometrischen Formensprache war u.a. die rationale Strömung des italienischen Futurismus, speziell Giacomo Balla. Sehr interessant finde ich beispielsweise, welche Rolle der Frau im Futurismus vor dem Hintergrund der Emotionalität zugeteilt wurde. Innerhalb meiner Arbeiten bildet die inhaltliche und formale Gegenüberstellung, also von Form und Figur, aber auch dem Emotionalen und Rationalen eine neue Lesbarkeit des Bildes. Mich interessiert den Blick neu zu definieren, wie beispielsweise durch die Interaktion von codeähnlichen Mustern und Portraits. Die Serie der Ektoplasmen*, die Papier-, Malerei- und Skulpturarbeiten verbindet, steht ursprünglich in einem assoziativen Bezug zu den spiritistischen Séancen des 19. Jahrhunderts. In meiner Arbeit sehe ich diese als eine Form von Entkörperlichung. Die vage, amorphe Form der Ektoplasmen steht auch hier in direktem Kontrast zu logisch aufgebauten Geometrien und kann im weitesten Sinne auch als eine Art transformierte Figur begriffen werden.

Die Titel vorheriger Ausstellungen, wie beispielsweise „L´espace tissé“ (dt.gewebter Raum), oder „Correspondance - L´espace mêlé“ (dt. Korrespondenzen – gemischter Raum) verweisen assoziativ auf deine formale und inhaltlichen Arbeitsweise – welche Rolle spielt Raum in deinen Arbeiten? Die Arbeiten sind oft über verschiedene Ebenen aufgebaut, somit ist es für mich die logische Schlussfolgerung, die Wand zum letzten, alles tragenden Fundament, bzw. Konstrukt zu machen. Die räumlichen Eingriffe sind dadurch auch immer Verbindungsglied der einzelnen Arbeiten. Durch die Veränderung des Raums oder die Miteinbeziehung der Wand bekommen die Arbeiten eine für Sie bestimmte Örtlichkeit, mit neuer Gesetzmäßigkeit. Der Raum wird dadurch sozusagen zum „Träger“ einer Situation. Die Autonomie des Raumes erzeugt eine Trennung von seiner Umgebung und der Betrachter wird durch das Betreten des Raumes Teil davon.

Wo sind die Bezugspunkte für deine Ausstellung mosaic ocean in Karlsruhe? Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die englischstämmige Dichterin Mina Loy. Die Ausstellung steht zum Teil in direktem Bezug zu ihrer Biografie, speziell zu dem ungeklärten Tod ihres Freundes Arthur Cravans, über dessen Tod sie nie hinweg kam. Zum anderen bezieht sich die Ausstellung auf die literarische Vorgehensweise ihrer Poesie, in der ich Parallelen zu meiner Arbeit sehe. Ihr Hauptwerk, der Gedichtband „Lunar Baedecker“, ist als eine Art phantastischer Reiseführer zu verstehen.

*Gemäß der spiritistischen Vorstellung bedeutet der Begriff Ektoplasma eine gazeartige Substanz, die es Geistern ermöglicht sich zu materialisieren, um wahrgenommen zu werden.

Matthias Bitzer (1975) hat von 1998 – 2004 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe bei Prof. Gross studiert und wurde mit dem Graduiertenstipendium ausgezeichnet. Im vergangenen Jahr realisierte Matthias Bitzer seine Installation Correspondance – l´espace mêlé bei Open Space auf der Art Cologne.

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Matthias Bitzer develops his work in painting, sculpture and drawing. The works focus on the formal and conceptual contrast between abstract and figurative representation in the Fine Arts and social culture. Geometrical compositions are influenced by the Futurism of the 20th century and form a contrast to atmospherical portraits and ectoplasmas* that are in reference to spiritualist séances of the 19th century. Matthias Bitzer´s works dissolve the original cultural context and bring these symbolic fragments into an open structure of space and time. The result are mysterious situations, that - at the same time - make a direct and poetical statement on the uncertainty as subject of human existence.

* In reference to the spiritualist definition, an ectoplasma is a mist like material that is the materialization of ghosts.

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Matthias Bitzer
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