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Erstmals zeigt die Galerie m Bochum eine Ausstellung mit Werken der deutschen Foto- und Videokünstlerin Melanie Manchot. Im Mittelpunkt steht die Videoinstallation „Shave“, die von Fotografien ergänzt wird.

Langsam zieht die Kamera ihre Kreise um die Figur eines sitzenden Mannes mit nacktem Oberkörper, der von einem Barbier nass rasiert wird. Die zurückhaltende Mimik des Protagonisten und das langsame Ritual der Rasur lassen den dargestellten Akt offen und ambivalent. Die zentrale Projektion der Videoinstallation SHAVE wird überdimensional an die Wand geworfen und erzeugt so eine außergewöhnliche Präsenz des dargestellten Körpers. Ein immer wieder auftretendes Plätschern lenkt den Blick schließlich in das Innere des Raumes, wo sich eine Rasierschale offenbart, in der das benutzte Rasiermesser zeitgleich zu der Projektion immer wieder ausgespült wird. Diese Handlung spielt sich auf einem Monitor ab, in dem man wie in die wirkliche Schüssel hinein schaut. Der Entfernung von Körperbehaarung liegen bis heute vielfältige Ursachen zugrunde, sei es in kultureller, sozialer, ideologischer, religiöser, medizinischer oder auch ästhetischer Hinsicht. Die Neutralität der filmischen Aufzeichnung Melanie Manchots sowie die Gleichzeitigkeit von Monumentalisierung und Intimität der Handlung erlauben den Zugang aus diversen Perspektiven. Die äußerliche Transformation führt uns die Zeichenhaftigkeit der Körperbehaarung vor Augen und wirft Fragen auf, die sich um Geschlecht bzw. Geschlechtsidentität drehen. So wird der Körper dieses Mannes, der am Anfang fast archaisch männlich wirkt, zunehmend weiblich, die Farbe der Haut verändert sich, Spuren und Zeichen erscheinen. Zugleich wird die Verletzbarkeit und Empfindsamkeit des menschlichen Körpers und – in der Mimik sichtbar – der Psyche in dem Maße deutlich, in dem dieses Kunsterlebnis für den Betrachter nahezu physisch spürbar ist. Melanie Manchot gibt die Rasur in Echtzeit, d.h. ungeschnitten wieder, wodurch sie sich von der medialen Wirklichkeit abhebt, die uns mit kurzen Sequenzen und abrupten Perspektivwechseln konfrontiert. Eine Veränderung des Blickwinkels findet in SHAVE auf subtilere Art statt. Die kreisende Bewegung der Kamera bewirkt eine plastische Wahrnehmung des Protagonisten. Auch der Barbier scheint in Bezug auf sein „Subjekt/Objekt“ dieselbe Sensibilität zu entwickeln wie ein Bildhauer. Die Künstlerin übersetzt in eindrucksvoller Weise die skulpturale Sicht in das Medium Video.

Die Serialität der 9-teiligen Fotoarbeit „Bowl“ führt uns den zeitlichen Ablauf der Rasur auf eine andere Weise vor Augen. Neben den rein ästhetischen und reflexiven Rezeptionsmöglichkeiten provozieren die Fotografien – genau wie die Videoinstallation – irrationale Reaktionen und Emotionen. Weitere Fotografien zeigen dieselbe Person wie in SHAVE. Es eröffnen sich darin neue Perspektiven auf diesen Körper. Diese Werke verstehen sich als Portraits, wobei die Künstlerin die Rahmenbedingungen vorgibt, innerhalb derer der Portraitierte selbst aktiv die Darstellung seiner selbst bzw. seines Körpers beeinflusst.