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Mit der Ausstellung "Menschenbilder - Diane Arbus, Gabriele und Helmut Nothhelfer, August Sander" zeigt die Galerie Thomas Zander in diesem Sommer Fotografien, die sich dem Thema ‚Mensch in seiner Umgebung' widmen. Durch die unterschiedlichen Herangehensweisen der verschiedenen Fotografen bietet sich dem Besucher eine seltene Gegenüberstellung von markanten Arbeiten der bedeutenden Fotografen, die der Idee nachgehen, den Menschen in seiner Zeit und seiner Umgebung fotografisch festzuhalten.

Diane Arbus (geb. 1923) ist eine der herausragenden Figuren in der Dokumentarfotografie. Ihr umfangreiches Werk birgt Fotografien - einerseits von Menschen, die an der Grenze gesellschaftlicher Akzeptanz leben, andererseits von vermeintlich ‚normalen' Menschen, deren Risse in ihren öffentlich zur Schau getragenen Masken offenbar werden. Damals wie heute sind ihre Fotografien kontrovers. Arbus wurde als Diane Nemerov in eine wohlhabende New Yorker Familie geboren. Im Alter von 18 Jahren heiratete sie Allan Arbus und begann sich für die Fotografie zu interessieren. Zusammen mit ihrem Mann produzierte sie zunächst Werbeaufnahmen für das Geschäft ihres Vaters, später waren es hauptsächlich Modeaufnahmen, die sie unter anderem für Harper's Bazaar anfertigten. Zwischen 1955 und 1957 studierte Diane Arbus bei Lisette Model. Model ermutigte sie, sich auf persönliche Bilder zu konzentrieren und ihren dokumentarischen Blick weiterzuentwickeln. Diane Arbus fotografierte unter anderem Transvestiten, Zwillinge, Kleinwüchsige, Menschen auf der Straße und Menschen in ihren Wohnungen. Diane Arbus' Bilder sind fast ausnahmslos konfrontierend: Die Menschen blicken direkt in die Kamera und sind scharf zu erkennen, von einem Blitz oder einem anderen Licht frontal beleuchtet. Die Modelle scheinen völlig einverstanden, können es kaum erwarten, sich vor der Linse zu präsentieren. Arbus sagte über ihre Bilder: "Was ich zu beschreiben versuche, ist, dass es unmöglich ist, aus seiner eigenen Haut heraus- und in die eines anderen zu gelangen... Dass die Tragödie eines anderen nicht dieselbe ist wie deine eigene." Und weiter: "Die meisten Leute haben Angst, dass ihnen in ihrem Leben ein traumatisches Ereignis zustößt. (Diese Menschen hier) wurden mit ihrem Trauma geboren. Sie haben ihren Test im Leben schon bestanden. Sie sind Aristokraten." Diane Arbus genießt einen internationalen Ruf als Wegbereiterin des "neuen" dokumentarischen Stils. Oft werden ihre Arbeiten mit denen August Sanders verglichen, dessen "Menschen ohne Maske" ähnliche Anliegen vertritt, wenn auch in scheinbar weniger schonungsloser Manier. In der Ausstellung werden Portraits, beispielsweise von James Brown, von Transvestiten und anderen Persönlichkeiten der 60er und 70er Jahre gezeigt. Diane Arbus konnte ihr fotografisches Werk in zahlreichen Museen präsentieren. 1972, ein Jahr nach ihrem Tode, war Diane Arbus als erste US-amerikanische Fotografin auf der Biennale in Venedig vertreten. Zur Zeit tourt eine große Retrospektive durch die USA und Europa.

Das Fotografen-Ehepaar Gabriele und Helmut Nothhelfer (geb. 1945) beschäftigt sich seit 1973 mit der fotografischen Erkundung von Menschen. Sie durchstreifen die "Tage der offenen Tür", die Volksfeste, Zoologische Gärten, Straßenfeste oder Festivals, jedoch nicht als Jäger skurriler Bildmomente, sondern auf der Suche nach Menschen-Bildern, die eine allgemeingültige Aussage über die Zeit treffen. Es ist ein höchst stringentes, konzeptuelles fotografisches Werk. Dabei ist ihre Vorgehensweise von besonderer Art: Die Ablichtung und die handwerkliche Entwicklungsarbeit in der Dunkelkammer sind nur notwendige Vorbereitungen, die gewissermaßen das Basismaterial liefern, das im nächsten Schritt von beiden Partnern gemeinsam gefiltert, analysiert und diskutiert wird. Nicht von ungefähr haben sie sich zur Aufgabe der üblichen individuellen Autorenschaft entschlossen. Es spielt keine Rolle, wer von beiden auf den Auslöser gedrückt hat - "jedes einzelne Bild stammt von beiden Nothhelfers". Die Qualität ihrer Arbeiten ergibt sich nicht zuletzt aus ihrer sehr anspruchsvollen Berufsauffassung: "Das Metier des Fotografen ist es, die sichtbare Wirklichkeit nach ihrem Bedeutungsgehalt zu untersuchen, eine Wahl zu treffen und so das hervorgehobene Bild in ordnende Zusammenhänge zu stellen. Auf diese Weise sollte sich sein Denken und Fühlen mitteilen." Nur die wenigsten Bilder erfüllen auch in den Augen ihrer Autoren diese Ansprüche. Entsprechend schmal ist das Oeuvre der Nothhelfers - 1993, also nach 20 Jahren, umfasste es knapp 100 Bilder, heute sind es ca. 130. Die Fotografien Gabriele und Helmut Nothhelfers sind das Ergebnis eines reflektierten Sehens. Sie lassen sich kaum in Worte fassen, sind selten eindeutig, und gerade diese Vieldeutigkeit ist oft das Motiv für die Auswahl eines bestimmten Bildes. Die Fotografien sind kein ‚Abklatsch' oder Zufallstreffer, sie setzen keinen Schlussstrich. In ihren Bildern geht es vielmehr um eine "Aktivität des Gehirns, um das Denken, Erinnern, Empfinden, um das Produktive im Umgang mit der Realität" - so wie es Herbert Molderings für eine konstruierende Fotografie gefordert hat. Es ist ihnen gelungen, mit ihren Fotografien "die Wirklichkeit in ihren Zusammenhängen aufzudecken und zur Erkenntnis der gegenwärtigen Welt beizutragen".

August Sander (geb. 1876), der in den 1890er Jahren zu photographieren begann und sich schon bald als Portrait-, Landschafts- und Architekturphotograph einen Namen gemacht hatte, entwickelte im Laufe der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts aus seiner Auftragsarbeit heraus immer stärker die Idee eines künstlerisch-dokumentarischen Vorhabens. Sander hatte zum Ziel, "Menschen des 20. Jahrhunderts", wie er sein umfassendes Projekt nannte, in einem Konvolut von 46 Mappen darzustellen, die - in sieben Gruppen gegliedert - zwölf Aufnahmen enthalten. Er legte Themenmappen an, die den "Bauer", den "Handwerker", "Die Frau", "Die Stände" bis hin zu den "Letzten Menschen" dokumentieren sollten. Mit der Buchausgabe "Antlitz der Zeit" gelang ihm 1929 eine erste, 60 Photographien umfassende Veröffentlichung des geplanten Mappenwerkes. Auf der Basis dieser Idee brachte der Verlag Schirmer/Mosel 2002 eine siebenbändige Ausgabe über Sander's Portraitphotographie heraus, die sich an den von Sander selbst angelegten Mappen orientiert. Jeder Band vereint einen Themenkomplex. Die besondere Portraittechnik Sanders, der zunächst in ganz traditionellem Stil begann, bestand in einer zunehmenden Vereinfachung. Künstlerische Kopierverfahren und malerische Effekte lehnte Sander ab zugunsten von einfachem Tageslicht, einer Belichtungszeit von zwei bis acht Sekunden, einer meist frontalen Pose der Modelle und einer direkten, klaren Authentizität. Die Menschen repräsentieren immer ihren Beruf, ihren Stand, die eigene Identität.

Häufig photographierte er seine Modelle vor einer neutralen weißen Wand, so dass die Menschen nur sich selbst zeigen konnten. Obwohl August Sander bei der Auswahl der von ihm photographierten Personen hauptsächlich von persönlichen Kontakten ausging, bemühte er sich in seinen Aufnahmen um Distanz und Objektivität. Ein Brief vom 21. Juli 1925 verdeutlicht Sanders Intention: "Dadurch, dass ich sowohl die einzelnen Schichten, wie auch deren Umgebung, durch absolute Photographie festlege, hoffe ich eine wahre Psychologie unserer Zeit und unseres Volkes zu geben." In der Ausstellung werden 14 Photographien August Sanders aus den verschiedenen Themenbereichen gezeigt, darunter die "Maklerin", der "Lackarbeiter" und "Blindgeborene Kinder". Bei allen Photographien handelt es sich um Abzüge von Gunther Sander, Sohn von August Sander, aus dem Jahr 1972. Im Kontext mit den Photographien von Diane Arbus und Gabriele und Helmut Nothhelfer bietet sich dem Besucher eine vielfältige Auswahl von "Menschenbildern", die für Ihre jeweilige Zeit sprechen. Pressetext

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Menschenbilder
Diane Arbus, Gabriele und Helmut Nothhelfer, August Sander