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In der Zeit vom 1. Juni bis zum 5. Juli 2007 zeigt die galerie januar eine Ausstellung der 1969 in Korea geborenen Künstlerin Kim, Mi-Ryeon, die ab 2001 zunächst an der Kunstakademie Münster und ab 2003 an der Kunstakademie Düsseldorf studiert hat. Unter dem Titel „Das bewegte Bild – Sein und Zeit“ stellt die Meisterschülerin von A.R. Penck auf drei Etagen eine Auswahl ihrer seit 2003 entstandenen 1-Kanal-Videoarbeiten sowie eine neue Videoinstallation vor.

Bei den per Beamer großformatig auf die Wände projizierten Videos „Der Mund“, „Being“ oder „Der Kreislauf“ handelt es sich um Kurzfilme von maximal 5 Minuten Spieldauer. Sie beruhen alle auf Tausenden von Handzeichnungen, welche die Künstlerin wie im Trickfilm in bewegte Bilder überführt. Deren künstlerische Ausdruckskraft verdankt sich einer rigorosen Beschränkung auf Schwarz und Weiß und die grundlegenden zeichnerischen Mittel von Punkt, Linie und Fläche. Offensichtlich gibt es einen Zusammenhang zwischen der elementar wirkenden Zeichensprache von Kims Videos und den in ihnen verbildlichten Themen: In „Being“ beispielsweise sind diese auch im buchstäblichen Sinne von elementarem Charakter, denn die Künstlerin hat dort mit ihren abstrakten Zeichenkürzeln, die sie mit einer wiederum minimalistischen, aber ebenso suggestiven Tonspur unterlegt, überzeugende Bilder der vier Elemente Erde, Feuer, Wasser und Luft geschaffen.

Mit Hilfe der einfachen zeichnerischen Mittel sieht man sich in den Videos von Kim, Mi-Ryeon anstelle einer festumrissenen Dingwelt natürlichen Prozessen des Entstehens und Vergehens gegenüber. Die Künstlerin entwirft eine Welt ständiger Verwandlung von diesem in jenes: So geht die Wellenlinie eines Mundes in den Flügelschlag eines Vogels über oder verdichten sich Regenfäden zu Baumgestalten, ehe diese wiederum in lodernde Flammen übergehen. Kim, Mi-Ryeon folgt mit dem Zeichenstift den Metamorphosen der Natur und ihrem Rhythmus sich erhebender und wieder verlierender Kräfte: einem Strömen, in dem das Gezeichnete nicht ist, sondern wird.

Auch das Video „Der Atlas“ aus dem Jahr 2005 zeigt eine auf das Wesentliche verkürzte Entwicklungsgeschichte. Die wiederum abkürzende Zeichensprache, welche erstmals auch mit sparsam, aber dezidiert gesetzten Farben (rot, blau und grün) arbeitet, entfaltet sich hier auf der Grundlage eines vorgefundenen historischen Kartenbildes. Auf diesem hat Kim die gesamte Menschheitsgeschichte von der ersten Landnahme und dem Sesshaftwerden in der Urhütte bis zur lebensfeindlichen Verdichtung der Wolkenkratzerlandschaften heutiger Megacities zeichnerisch auf eine Spieldauer von knapp drei Minuten verkürzt. Der spielerisch und unbeschwert wirkende Fortgang des Geschehens mit seinem absehbaren katastrophalen Ende ist durch die international bekannte Melodie des Kinderliedes „Bruder Jakob“ unterlegt und dadurch ironisch kommentiert: Wer Kims Videobilder sieht und die Töne des Kanon dazu hört, für den entwickelt der im allgemeinen Bewusstsein gespeicherte Refrain „schläfst Du noch? hörst Du nicht die Glocken?“ plötzlich fatale Konsequenz. mehr unter: www.kimmiryeon.com

In der neuesten Videoinstallation, die Kim, Mi-Ryeon im Erdgeschoss der galerie januar verwirklicht hat, werden die Filmbilder statt als Rechteck auf die Wand mit dem Beamer in der Form eines Ovals von der Decke auf den Fußboden projiziert. Sie sind für den Betrachter demgemäß in starker Aufsicht gegenwärtig. Dem Oval der Filmbilder entspricht auf dem Fußboden ein formgleiches Oval aus weißem Salz, welches sozusagen die körnig strukturierte Leinwand für die auftreffenden Lichtstrahlen des Filmes bildet. Erstmals entstammen die Videobilder nicht mehr den animierten Zeichnungen der Künstlerin sondern der abgefilmten Wirklichkeit. Und zwar handelt es sich bei den mit geringen Kamerabewegungen aufgenommenen Bildern um die unspektakuläre Aufsicht auf das Wasser eines Teiches, in dessen ruhiger Oberfläche sich das Blattwerk der am Ufer stehenden Bäume sowie dazwischen aufblitzende Zonen des Himmels spiegeln. Mehr noch aber wird der Blick gefangen genommen von einer Anzahl dunkler Fische, die knapp unterhalb der Oberfläche schwimmen und durch diese hindurch sichtbar sind: Karpfen, die in ihrem Hin und Her von träg-verhaltener Geschwindigkeit sind – gewissermaßen nicht zu schnell und nicht zu langsam, so dass ihnen das Auge in ihren Bewegungen ohne Anstrengungen folgen kann.

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Mi-Ryeon Kim