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Michael Craig-Martin, der zu den wichtigsten Vertretern einer Kunst zählt, in der amerikanische und europäische Traditionen ineinander fließen, hat für seine große Sommerausstellung im Kunsthaus Bregenz ein Gesamtkunstwerk aus Malerei, Zeichnung, Raum und Licht geschaffen. In der ersten Einzelausstellung des Künstlers in Österreich werden neue Bilder, großformatige Wall Drawings, ein Lichtprojekt für die KUB-Fassade und eine Installation in der Johanniterkirche in Feldkirch gezeigt.

Michael Craig-Martin (* 1941 in Dublin, lebt und arbeitet in London) befasst sich schon seit seinen künstlerischen Anfängen mit grundlegenden Fragen über das Wesen der Kunst, über die Darstellung, die Autorenschaft und die Rolle des Betrachters. Wie im Hinblick auf die Malerei der Renaissance waren für den Künstler, bereits was sein frühes Schaffen anbelangte, vor allem zwei Dinge wichtig: »erstens die Entwicklung einer hochkomplexen Bildersprache, bei der Beobachtungsgabe und Fantasie in einer nahtlosen Synthese von Kunstfertigkeit und Realismus aufgehen, und zweitens die außergewöhnlich engen und direkten Kontakte und Interaktionen zwischen den Künstlern und ihrem Publikum.« (Michael Craig-Martin). Von frühen konzeptuellen Anfängen führte ihn der Weg zu einer Bildsprache, deren überwältigende Zeichenhaftigkeit, klare Lesbarkeit sowie formale und inhaltliche Komplexität unsere Welt in idealer Weise symbolisieren. In seinen Bildern und raumbezogenen Installationen verbindet er zwei elementare künstlerische Techniken: das Zeichnen und das Malen.

»Drawing the Line« hieß eine Ausstellung, die Michael Craig-Martin 1994 für das Southbank Centre in London realisierte. Sie führte Zeichnungen aus allen Epochen zusammen und präsentierte zum Beispiel eine der typischen Zeichnungen Donald Judds mit den berühmten unspezifischen minimalistischen Objekten des Künstlers neben einer Zeichnung des Renaissancemalers Mantegna, die den Leichnam Jesu Christi zeigt. Titel und Substanz der Ausstellung versinnbildlichen aufs Schönste Michael Craig-Martins Vorstellung von einer universellen Bildsprache, deren Wurzeln in einem renaissanceartigen idealistischen Verhältnis zu den Dingen der Welt liegen.

So steht bei seiner Ausstellung »Signs of Life« ein Generalthema im Mittelpunkt, nämlich die Entwicklung einer universellen Bildsprache von Alltags- und Kunstobjekten, deren Unmittelbarkeit und kommunikativer Reichtum sich aus der Schönheit und Gültigkeit moderner Objekte speist. Mit seinen großformatigen Bildern und raumfüllenden Installationen schafft Craig-Martin eine Art neutrale und unpersönliche Gegenständlichkeit, durch die der Betrachter das Bild sieht und nicht den Künstler. Michael Craig-Martin selbst sagt über seinen Zugang: »Die Gegenstände, die zu zeichnen ich mich entschied, waren alle sehr alltäglich, gut erkennbar, von Menschen erdacht, reproduzierbar und maschinell gefertigt. Ich wählte sie, weil sie für mich eine wirklich universelle Sprache der modernen Welt bildeten; die Objekte waren so allgegenwärtig, dass sie unsichtbar geworden waren und keinen besonderen Wert hatten. Meine Dreiviertelansichten mit ihren gleichförmigen Linienbändern sollten den Charakter der Objekte widerspiegeln, für die sie standen, und als piktorale Readymades funktionieren.«

Einige Arbeiten Craig-Martins basieren auf vor rund 25 Jahren entstandenen Zeichnungen, die dann als Art Schablonen den Grundstock für unterschiedliche Kombinationen auf Leinwänden und Wandflächen lieferten. Mit den großformatigen Wandzeichnungen, früher aus Klebeband, heute nach seinen Computervorlagen auf verschiedene Bildträger gedruckt, schafft Michael Craig-Martin Werke, die transparent und dadurch von der Vorstellungskraft des Betrachters unabhängig sind. Die Objekte sind wie Plastiken, die, ohne jedes Material und ohne jede Masse, allein aus Präsenz bestehen, vergänglich, aber in jedem beliebigen Maßstab reproduzierbar sind. So hat Michael Craig-Martin speziell für Bregenz das oberste Stockwerk des Kunsthauses in eine Wunderkammer der Objekte und der Farbe verwandelt. Wandhoch und auf fast 100 Metern Lauffläche schweben und verschränken sich unzählige Gegenstände zu einem Ballett der modernen Welt. Was Craig-Martin bereits vor zehn Jahren über sein Werk sagte, gilt auch für seine Werkserie in Bregenz: »Einmal reflektiert die Logik der Bilder die der dargestellten Objekte, dann widerspricht sie ihr wieder. Dabei entpuppt sich Gewöhnliches als doch nicht so gewöhnlich. Mit ihrer uneinheitlichen und teils gebrochenen Perspektive, mit den übersteigerten und künstlichen Farben, den frontalen und stilisierten Kompositionen, dem Repertoire allgemein bekannter Ikonographie und ihrem Versuch, mit einfacher Sprache schwierige Fragen aufzuwerfen, steht meine Arbeit in der Tradition eines Giotto, eines Duchamp und vieler anderer […] Künstler. Vieles verdankt sie aber auch 3/10 KUB 06.03 Presseinformation Michael Craig-Martin der Geschwindigkeit und der Vielseitigkeit des Computers, auf dem alle diese Objekte geplant wurden.«

Es ist eine heitere und versöhnliche Atmosphäre, die den Besucher umgibt. Bereits wenn er sich dem Haus nähert, empfängt ihn ein Lichtobjekt aus Neon in Form einer riesigen Glühbirne. Weithin sichtbar steht sie in den Sommermonaten zeichenhaft für Michael Craig-Martins »Signs of Life« und für die Bedeutung des Lichtes als zentrale Idee der Architektur des Hauses. Über fünf Computerarbeiten neueren Datums führt der Weg vom Erdgeschoss ins erste Stockwerk mit einer Auswahl 11 großformatiger Bilder aus den Jahren 1996 – 2004. Weiter geht es über das zweite Stockwerk mit einer 2005 / 2006 speziell für Bregenz geschaffenen Werkserie von 12 Bildern. Den Abschluss bildet der »Festakt« im letzten Stockwerk, der den Betrachter total umfängt und ihn durch seine schwebende Räumlichkeit und die Transparenz der Objekte in den Bildraum einbezieht. Begleitet wird die große Sommerausstellung von einer ungewöhnlich intensiven Insitu-Arbeit in der Johanniterkirche in Feldkirch, die den Blick auf eine der großen Künstlerfiguren unserer Zeit vollendet abrundet.

KUB Fassade Michael Craig-Martin Michael Craig-Martin schreibt der transluzenten Glashaut des Kunsthaus Bregenz in eleganter Linienzeichnung mit farbigem Neonlicht zwei monumentale Glühbirnen ein. Jeweils diagonal über die gesamte seeseitige und die dem Karl-Tizian-Platz zugewandte Fassade erstreckt sich das reduzierte Bild einer einmal nach unten und einmal nach oben weisenden leuchtenden Glühbirne. Die Installation erfolgt im Zwischenraum hinter der vorgehängten, geätzten Glashaut, sodass in erster Linie nur die Leuchtspur der geschwungenen Neonröhren sichtbar wird. Über ein mehrstufiges, zeitlich versetztes Programm schalten sich die einzelnen Gewinderinge der Fassung der Glühbirne allmählich ein, bis die gesamte Glühbirne leuchtet, bevor sie dann plötzlich wieder verlöscht, worauf die Sequenz neu startet. Somit erhält das leuchtende Wahrzeichen der zeitgenössischen Kunst am Ufer des Bodensees für die Dauer des Sommers ein neues an- und ausblinkendes Glühlicht.

Johanniterkirche Feldkirch Michael Craig-Martin Als Pendant zu der monumentalen Wandmalerei im 3. Stock des Kunsthaus Bregenz, Teil seiner umfassenden Personale, wird Michael Craig-Martin die gesamten Wandflächen des Chorraumes der Johanniterkircher in Feldkirch gestalten. Auf einer Länge von zwanzig Metern und einer Höhe von acht Metern entfaltet sich ein Panorama von großer farbiger Wucht und überwältigender Perspektive. Über die historischen Kirchenwände spannt sich mittels einer Unterkonstruktion eine bedruckte Folie, wobei die Fenster jeweils ausgespart bleiben. Michael Craig-Martin entwickelt seinen Entwurf am Computer und lässt seine typischen Sujets – Alltagsgegenstände in knapper Umrisszeichnung – über die Wände schweben. Messer, Dosenöffner, Hammer, Zange, Mobiltelefon - Dinge, die jeder kennt – werden durch vereinfachte Zeichnung, klare Farbgebung und monumentale Größe zu rätselhaften Gestalten. Der Kirchenraum wird radikal verändert und bietet dem Betrachter ein faszinierendes Seherlebnis.

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Michael Craig-Martin