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Aus einem Stoff, der gemeinhin mit dem Adjektiv „billig“ bewertet wird, gehen im Arbeitsprozess des Künstlers Michael Kortländer Bilder und Objekte hervor, die eher zu der Assoziation „reich“ verleiten. Begriffliche Eingrenzungen sind etwas, was es zu überwinden gilt. Kunst kann dies leisten. Und Kortländer beweist es, indem er sich seit vielen Jahren der ganz eigenen Schönheit, der Eigentümlichkeit, strengen Ordnung mit ihren ungeahnten Freiräumen, der matten Oberfläche, Farbe und linierten Tiefenstruktur des Materials Wellpappe öffnet, das konzipiert ist für die Funktion „Verpackung“. Die Osterather Galerie Mönter am Kirchplatz eröffnet am Freitag, 25. August, 19 bis 21 Uhr, die Ausstellung des Hoehme-Meisterschülers: „Und weit verbreitet: Graubatzen - Plastische Arbeiten -“. Zu sehen sind die Arbeiten dort bis Mittwoch, 27. September, zu den regulären Öffnungszeiten. Die Kunsthistorikerin Jutta Sanen führt in die Ausstellung ein.

Der 1953 in Münster geborene Künstler arbeitet mit dem „unscheinbaren“ Material seit gut zwanzig Jahren. Zweidimensional zunächst, verwendete er Wellpappe zum Malen anstelle gebräuchlicher Leinwand. Dann bewegten ihn wohl die haptischen Qualitäten des Materials, künstlerisch diese Möglichkeiten in ihrer Fülle zu ergründen - dass es reißbar ist, verborgene Strukturen offenbart, die gegen die Oberfläche reizvolle Kontraste erzeugen, dass es Stanzungen wie Zeichen oder Wunden mit sich bringt. Ohne eine Ausweitung der Arbeit in die dritte Dimension wären bei einem so gleichermaßen sperrigen wie elegant formbaren Material bald Grenzen erreicht gewesen, was unakzeptierbar war.

Indem er den Malgrund änderte, ließ der in Neuss lebende und arbeitende Kortländer andere Triebkräfte im Schöpfungsprozess wirken, die ihn, den materialimmanenten Impulsen zur Ausdehnung folgend, in den Raum drängten. Er gab nach, entdeckte Kräfte und Wechselwirkungen, wandelte sich vom reinen Maler zum Bildhauer, der das Malen als Teil des Schaffensprozesses betrachtet - als Reaktion auf eigene, sehr zurückhaltende Farblichkeiten der Pappe; Unterstützung der Tendenz zum Spröden, das seinen Charme zunächst vielleicht gar nicht, dann mit einem Mal offenbart. Den Plastiken ist anzuspüren, was Kortländer ihnen aus größter Vertrautheit mit dem Stoff heraus abzuringen vermochte, ohne jede Verkrampfung, leichthin, aber tief konzentriert. Die räumliche Wirkung der gefalteten, miteinander verklebten und in Form gesägten, teils mit Drähten oder dünnen Eisenstangen zu einem Ganzen gefügten Platten im ständigen Austausch mit der tiefen Wirkung des nur auf deren Eigencharakter reagierenden Farbauftrags ist enorm. Geduldige Betrachter nehmen die sich gegenseitig stärkenden Energien wahr. Nicht ohne Grund wählt Michael Kortländer für manche Arbeiten spirituelle oder auf Spirituelles deutende Titel wie „Lazarus“, „Solaris“, „Transformer 7“, „Teil und Gegenteil“ oder „Don´t look, listen“ - ein Hinweis auf feine Musikalität, harmonische oder auch spannungsvoll disharmonische Zusammen-Klänge, die aus der gelungenen Bildenden Kunst „hörbar“ werden. Der Humor bleibt nicht ausgespart. Die Flügel des „Erzengel“ hat Kortländer mit flugrostigen Eisenstangen verbunden. Nötig hat er Zusatzmaterial nie. Er entlockt Kartons Klänge von Filz, Stein oder Kunststoff scheinbar mühelos.

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Michael Kortländer