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Zusammenfassung Brandenburg und das Phänomen der gescheiterten Großprojekte in dieser Region, deren sozialgeschichtlicher und gesellschaftspolitischer Kontext ist Ausgangspunkt für das “Modell "Verpaßte Gelegenheiten - Symptome der Überforderung". Gigantische Großprojekte um keine Gelegenheiten zu verpassen, um im großen Stil Phantasmatisches zu realisieren? Diese Mechanismen des “jede Gelegenheit nützen müssens“ beinhalten gerade durch den gesellschaftspolitisch ausgeübten Druck nach Realisierung, die Option und die Definition des Verpassens.

Wie geht man mit Sozialisationsgeschichten, Veränderungen, Desastern oder anderen Überforderungen um? Symptome der Orientierungslosigkeit, eines “Verloren-Seins” - ein Phänomen im momentanen Überangebot der Möglichkeiten? Imaginierte Sehnsuchtsmodelle, die auf Phänomenen der Vergangenheit, auf verlorenen Identitätsgeschichten, oder auf einem Zustand des Nicht-Wissens “Wie-oder-Was” basieren. Exemplarisch für die gescheiterten Großprojekte Brandenburgs wird das Cargo Lifter Projekt als Modell einer verpaßten Gelegenheit präsentiert, das innerhalb eines Systems verpaßter Gelegenheiten positioniert wird. Wiedervereintes Deutschland, symbolisiert durch das Phänomen Cargo Lifter, und EU-europäische Reformideologiepragmatik repräsentieren den gesellschaftspolitischen Kontext der verpaßten Gelegenheiten. Gesellschaftspolitische Zusammenhänge, aber auch der subjektiv private Bereich verpaßter Gelegenheiten, Sehnsüchte nach dem imaginären besseren Anderen oder Möglichen, und deren Folgewirkungen in Bezug auf alltägliche Konditionierungen sollen durchforscht werden. Handelt es sich um Symptome der Überforderung, vorprogrammierte Unmöglichkeiten, um Flucht ins Imaginäre, oder politisches Kalkül? Und können verpaßte Gelegenheiten durch Imagekampagnen des Landes Brandenburgs vergessen gemacht werden und welche Rolle spielt der Mittelstand dabei?

Ausstellung War das Cargo Lifter Projekt eines der wenigen Modelle, die als gesamtdeutsche Identitätsmöglichkeit und Projektionsfläche funktionieren hätte können? Der Cargo Lifter als ein partizipatorisches Projekt, in das 70.000 Kleinaktionäre die Erwartung setzten ein soziales und ein ökonomisches Feld etablieren zu können. Ist somit der Cargo Lifter nicht ein Symbol des gescheiterten Versuchs der “verpaßten Gelegenheit eines anderen Deutschlands?” - im Sinne einer Formulierung von Slavoj Zizek1. Das Phänomen der 70.000 Kleinaktionäre wird durch 3 in Auftrag gegebene neue Arbeiten von Silvia Beck, Shahram Entekhabi und Judith Siegmund thematisiert. Mittels differenzierter künstlerischer Ansatzpunkte und Fragestellungen wird versucht, sich dem gesellschaftlichen Kontext sowie sozialen und subjektiven Beweggründen einiger Aktionäre exemplarisch anzunähern. Sind Aktionäre TeilhaberInnen von Gelegenheiten, um keine zu verpassen - welcher Habitus, persönliche und gesellschaftliche Haltungen, Erwartungen, Vorstellungsbilder etc. werden da transportiert, in: beeing an Aktionär. Oder ist der Cargo Lifter eine Neuauflage des Repräsentationssymbols Zeppelin, ein nationales Symbol, ein einheitsverkörperndes Identifikationsobjekt/Projekt?

Diese neuen Arbeiten werden mit künstlerischen Positionen konfrontiert - die sich mit Überforderungssymptomen und verpaßten Gelegenheiten, made in Germany, mit subjektiven und reformideologischen Modellen befassen. Die Positionierung des Cargo Lifter Projekts in der nächst näheren größeren territorialen Region verpaßter Gelegenheiten, Deutschland, liegt nahe. Neben diesem Schwerpunkt ist jedoch eine Kombination mit verpaßten Gelegenheitsmodellen im subjektiven und im reformideologischen Bereich intendiert, die das konkrete Beispiel in einen umfassenderen Zusammenhang stellen, da es sich um ein generelles Phänomen handelt. Mehrere Blickwinkel auf das Modell verpaßte Gelegenheiten werden installiert, um sich dessen Vielschichtigkeit innerhalb diverser sozialer Felder und gesellschaftlicher Kontexte anzunähern.

Pressetext

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Modell: Verpaßte Gelegenheit - Symptome der Überforderung
Kuratorin: Sabine Winkler

KünstlerInnen
Projektarbeiten Cargo Lifter: Silvia Beck, Sylvie Boisseau & Frank Westermeyer, Shahram Entekhabi, Judith Siegmund, Susanne Hanus, Katharina Hohmann / Stefan Dornbusch, Kai Kaljo, Anne König / Axel Doßmann / Jan Wenzel, Ruth Mader, Michaela Schweiger, Gregg Smith, Hito Steyerl, Sarah Tripp