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Mythologische Szenen, biblische Geschehnisse, historische Ereignisse, dokumentarische Zyklen, Phantasien, Sagen und Märchen, Memento mori Darstellungen, Lebensalter, Jahreszeiten – es sind vor allem diese Themen, die über die Jahrhunderte hinweg in Bildfolgen illustriert wurden. Alle Wahrnehmungen und Empfindungen gipfeln in Bildern von unterschiedlicher Intensität und Aussagekraft: Sie nehmen den Betrachtenden gefangen oder sind ihm gleichgültig, sie faszinieren oder sind verstörend, sie sind spannend, informativ, anregend, schön, hässlich, liebvoll, brutal. Die ganze Skala menschlicher Vorstellungskraft und Empfindungen lässt sich ohne Worte und in vielfältiger Weise in eine bildhafte Sprache umsetzen.

Seit eh und je beliebt sind Darstellungen aus der Mythologie und der Bibel. In ihren gleichnishaften Bildern menschlichen Lebens, entbehren sie nicht eines moralischen oder belehrenden Untertons und sind Anleitungen zur Sühne, um so dem irdischen Verderbnis zu entkommen bzw. den Übergang in eine bessere Welt zu gewährleisten.

Was ist Mythos und was ist Wirklichkeit? Diese Frage lässt sich nicht immer eindeutig beantworten. Die Übergänge sind oft fliessend, vor allem dann, wenn Götter im Spiel sind. So muss Herkules anhand von zwölf schier unlösbaren Aufgaben seine ruchlose Tat sühnen, nämlich die in Wahn und Raserei ausgeübte Tötung von Frau und Kindern. Medientext Theseus wiederum bemüht sich um einen heldenhaften Lebenswandel, um dann, getäuscht von seiner zweiten Gattin Phaidra, seinen Sohn zu verstossen, dessen unschuldigen und qualvollen Tod er später in der selbst gewählten Einsamkeit betrauert. Passionsszenen zeigen das grausame Martyrium und den Opfertod Christi, die der Errettung der sündigen Menschheit dienen. Totentänze verweisen in mehr oder weniger drastischer Weise auf die Endlichkeit allen irdischen Daseins, ungeachtet von Stand und Alter der Protagonisten. Unmenschlichkeit und Elend von Krieg und Unterdrückung erhalten mit Tod und Auferstehung von Otto Dix oder mit dem Bauernkrieg von Käthe Kollwitz eine unheimliche Visualisierung. Schwierige Zeiten während des Ersten Weltkriegs werden in Eduard Gublers Am Rand thematisiert. In eindrücklichen Bildern wird ein einsamer und hoffnungsloser Weg geschildert, der in der Selbstaufgabe endet. Nicht die glücklichsten Kindheitserinnerungen aus der Perspektive des Erwachsenen zeigt die Bildfolge Le parc au biches von Marc Bauer: der Ferienaufenthalt mit seinem Freund bei dessen Grosseltern.

Aber es gibt auch Informatives, Skurriles, Heiteres, Märchenhaftes und Fantastisches: etwa die Entdeckung Amerikas, die Seidenraupenzucht, der seltsame Ritt von Vater, Sohn und Esel, das liebevoll geschilderte Stelldichein von allerlei Getier in den Sommervögeln von Ernst Kreidolf, Bilder aus Tausend und eine Nacht von Josef Gnädinger, Windwesen von Leiko Ikemura oder der Kampf des Fischers Santiago mit dem gigantischen Merlin in Der alte Mann und das Meer von Hemingway, illustriert von Max Gubler. Auch zeitgenössische Bildzyklen, nicht eindeutig in ihrer Leseart, fordern den Betrachtenden heraus. So irritieren Filib Schürmanns Patientenkrankenhausblätter gleichermassen wie Martin Dislers Invasion durch eine falsche Sprache. Im ganzen Weltenpanoptikum gibt es kaum etwas, was nicht zur bildhaften Darstellung gelangt.

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Mythos & Wirklichkeit
Bildzyklen aus den Beständen der Graphischen Sammlung
Von der Renaissance bis zur Gegenwart
Kuratorin: Hortensia von Roda

Künstler: Marc Bauer, Otto Dix, Martin Disler, Josef Gnädinger, Eduard Gubler, Max Gubler, Leiko Ikemura, Käthe Kollwitz, Ernst Kreidolf, Filib Schürmann...