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Die Schirn realisiert anlässlich des Ehrengastauftritts der arabischen Welt auf der Frankfurter Buchmesse das Projekt „NAHER OSTEN NÄHER“. Das Projekt im öffentlichen Raum versteht sich – gleich dem Anliegen des Buchmesseschwerpunkts – als Beitrag zu einem anhaltenden interkulturellen Dialog. Es vereint Statements von Kader Attia, Mounir Fatmi, Hassan Khan und Rosalind Nashashibi – junger Künstler einer Generation, die sowohl in der westlichen als auch der arabischen Welt zugleich fremd und zu Hause ist. Die Künstlerinnen und Künstler werden im Rahmen von „NAHER OSTEN NÄHER“ großformatige Werbeflächen auf acht Bussen der Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main mbH bespielen. Damit bedienen sie sich der plakativen Mittel der Werbung und bringen mit deren Hilfe Bilder ihrer persönlichen Erfahrung temporär in den städtischen Raum ein. In steter Bewegung verkehren diese Momentaufnahmen auf den Bussen von Ort zu Ort.

Der Nahe Osten ist näher, als wir denken. Im Zuge der Migrationsbewegungen der Globalisierung ist die arabische Welt längst Bestandteil der westlichen Gesellschaft geworden. Die Frage nach der Identität lässt sich dennoch nicht einfach beantworten und stellt sich täglich neu. Was ist das Eigene, was ist das Andere? Das Leben in der neuen Heimat bewegt sich zwischen der positiven Utopie eines Integrationsmodells im Rahmen einer multikulturellen Gesellschaft und dem Inseldasein einer Parallelgesellschaft.

Der Spagat zwischen den Kulturen wird häufig von der Angst bestimmt, in der Fremde die Wurzeln und mit ihnen die Identität zu verlieren. Kontakte außerhalb des eigenen Kulturkreises gestalten sich anfangs oft wegen der Sprachprobleme schwierig. Bereits anders gestaltet sich die Situation für die Folgegeneration, die Kinder der Migranten. Gerade sie bewältigen jeden Tag aufs Neue die Gratwanderung zwischen Akzeptanz und Vorurteil, zwischen Kopftuch und Skateroutfit, Clubleben und Moschee.

Auch die Künstlerinnen und Künstler des Projekts „NAHER OSTEN NÄHER“ bewegen sich in verschiedenen Kulturkreisen und Religionen und sehen sich täglich mit deren Verschiedenheiten konfrontiert.

Rosalind Nashashibi – 1973 in London als Tochter irisch-palästinensischer Eltern geboren und in Glasgow lebend – hat für „NAHER OSTEN NÄHER“ jeweils einen Filmstill aus ihren Videos „Hreash House“ und „Blood and Fire“ ausgewählt. Die Künstlerin zeigt Parallelen zwischen dem Essen einer palästinensischen Großfamilie während des Ramadans und einem Mittagstisch bei der Heilsarmee im schottischen Portobello.

Mounir Fatmi stellt die Frage der Identität buchstäblich an seinem eigenen Körper. Der 1970 in Tanger geborene und in Paris lebende Künstler präsentiert sich selbst mit fragendem Blick auf einem Etikett, das seinen Namen einmal in lateinischer und einmal in arabischer Schrift wiedergibt, und dokumentiert damit zugleich die Zerrissenheit und Einheit zwischen zwei Sprachen und zwei Kulturen.

Kader Attia hat zwei Motive aus seiner Fotoserie „Correspondance“ ausgewählt. Räumlich getrennt lebende Familien halten die Verbindung durch Briefverkehr und den Austausch aktueller Fotos aufrecht. Als Sohn algerischer Eltern in Frankreich geboren, baut Kader Attia mit seinen Fotografien und Videos imaginäre Brücken zwischen den Kontinenten und ist auf diese Weise selbst grenzüberschreitender Überbringer der Familiengeschichten.

Hassan Khan wurde 1975 in London geboren und gehört heute zu den jungen kreativen Multitalenten Kairos. Er konfrontiert den europäischen Blick mit dem Klischeebild des Anderen in der Person eines dezidiert arabisch aussehenden Mannes, der diesen Blick auf uns zurückwirft.

Pressetext

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NAHER OSTEN NÄHER

mit Kader Attia, Mounir Fatmi, Hassan Khan und Rosalind Nashashibi
Kuratorin: Martina Weinhart